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Gedächtnis: Wie alt ist unsere früheste Erinnerung?

Es ist zwar möglich, sich an Erlebnisse im Kleinkindalter zu erinnern – ob die Dinge auch so stattfanden, bleibt dennoch unsicher.
Kleiner Junge auf einer Wiese streichelt ein Lamm
Ob er sich später noch daran erinnern wird?

Was war der erste Moment in Ihrem Leben, an den Sie sich erinnern? Vielleicht eine Geburtstagsfeier? Die Geburt des Geschwisterchens? Oder der Anblick einer Eisblume am Fenster?

Um unsere Vergangenheit hervorzuholen, brauchen wir das so genannte autobiografische Gedächtnis – jene Instanz unseres Gedächtnisses, mit der wir uns daran erinnern können, was wir wann und wo erlebt haben. Lange Zeit galt die Lehrmeinung, dass das autobiografische Gedächtnis erst um den vierten Geburtstag herum entsteht. Was Kinder vor diesem Alter erleben, verschwinde demnach unter dem Mantel des Vergessens.

Hier könnte man einwenden, dass manche frühen Erinnerungen eindeutig weiter zurückliegen. Allerdings lässt sich kaum auseinanderhalten, welche Szenen wirklich aus dem eigenen Erleben stammen und welche sich erst nachträglich durch Gespräche mit den Eltern, durch Fotos oder Filme ihren Weg in den Kopf gebahnt haben.

Um diese Beeinflussung auszuschließen, testen Forscherinnen und Forscher das Gedächtnis von Vorschulkindern spielerisch. Sie prüfen zum Beispiel, ob ihre kleinen Probanden ein vergangenes Ereignis heranziehen können, um ein aktuelles Problem zu lösen. In einem solchen Experiment entdeckten die Kinder in einem Sandkasten eine Schatztruhe, die angeblich ein Pirat dort versteckt hatte. Leider hatte niemand einen Schlüssel für die Truhe, und so zogen sie unverrichteter Dinge ab. Anschließend beschäftigten die Wissenschaftler die Kinder eine Weile und kündigten an, zum Sandkasten zurückzukehren. Die Kinder konnten sich nun aus mehreren Gegenständen einen aussuchen und ihn mitnehmen. Einer dieser Gegenstände war ein Schlüssel. Die Vierjährigen wählten fast immer den Schlüssel. Die Dreijährige ließen ihn dagegen links liegen – nur wenn der Fund der Schatztruhe lediglich wenige Minuten zurücklag, wählten sie überzufällig häufig den Schlüssel. Das Ergebnis zeigt, dass das autobiografische Gedächtnis im Alter von drei Jahren zwar vorhanden, aber in seiner Kapazität deutlich eingeschränkt ist.

Wie sieht es bei noch kleineren Kindern aus? Ist das autobiografische Gedächtnis bei ihnen ebenfalls schon angelegt? Immerhin wissen wir, dass das Gedächtnis für einfache Handlungen bereits bei Einjährigen gut entwickelt ist: Bringt man ihnen eine neuartige Handlung bei, zum Beispiel eine druckempfindliche Lampe mit dem Kopf statt mit der Hand einzuschalten, können sie das auch noch nach einer Woche. Das ist aber noch kein Beleg dafür, dass die Kinder über ein autobiografisches Gedächtnis verfügen.

In einer anderen Studie wurden Zweijährige Zeugen scheinbar magischer Ereignisse. So konnten sie einen Stoffelefanten dazu bringen, mit den Ohren zu wackeln, indem sie unter ihren Stuhl klopften. Eine Woche später erinnerten sich die Kinder nicht nur an den Elefanten, einige berichteten sogar Details des Geschehens, als würde es sich vor ihrem geistigen Auge noch einmal abspielen (»Die Frau geht zum Regal. Sie nimmt den Elefanten«).

Erinnerungen an Ereignisse vor dem dritten Geburtstag sind durchaus möglich

Einen ähnlichen Befund – allerdings mit einer deutlich längeren Zeitspanne von mehreren Jahren zwischen Ereignis und Test – förderte eine weitere Studie zu Tage. Hier beobachteten Kinder eine magische Verkleinerungsmaschine, die Gegenstände auf Miniaturformat zu schrumpfen schien. Selbst sechs Jahre später erinnerten sich einige davon noch an diese Maschine, obwohl sie zum Zeitpunkt des Ereignisses jünger als drei gewesen waren. Allerdings schlichen sich auch Fehler in die Erinnerung ein: So waren einige Kinder davon überzeugt, dass die Maschine die Gegenstände im Gegenteil wachsen ließ.

Sowohl anekdotische Berichte als auch wissenschaftliche Studien zeigen also, dass Erinnerungen an Ereignisse vor dem dritten Geburtstag durchaus möglich sind. Ob das Ereignis, an das wir uns zu erinnern glauben, tatsächlich so stattgefunden hat, steht aber auf einem anderen Blatt.

  • Quellen

Jack, F. et al.: Magic memories: Young children's verbal recall after a 6-year delay. Child Development 83, 2012

Jensen, T. S. et al.: Children below two years of age spontaneously recall an event with magical teddies. Cognitive Development 66, 2023

Scarf, D. et al.: To have and to hold: Episodic memory in 3- and 4-year-old children. Developmental Psychobiology 55, 2013

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