Leser fragen – Experten antworten: Dellt ein Asteroideneinschlag die andere Seite der Erde aus?
(Martin Jäger)
Der rund 500 Kilometer große Wilkesland-Krater, den Herr Jäger hier diskutiert, wurde 2006 in Schwerefeldmessungen des Satelliten GRACE entdeckt – ist aber noch nicht endgültig wissenschaftlich als Einschlagkrater gesichert. Er ist nach der antarktischen Landschaft benannt, in der er unter anderthalb Kilometern Eis verborgen liegt. Sowohl sein Alter als auch das der von Herrn Jäger genannten sibirischen Flutbasaltregion passen grob zum Zeitpunkt des größten Massenaussterbens auf der Erde. In Sibirien wurden damals innerhalb weniger hunderttausend Jahre mehrere Millionen Quadratkilometer bis zu drei Kilometer hoch mit Basaltlava und Vulkanasche überdeckt
Die Idee, dass Asteroideneinschläge auf der Erde ab einer gewissen Stärke auf den jeweiligen Antipoden ein Schichtflutbasaltereignis ausgelöst haben könnten, taucht immer wieder auf. So wurde auch schon ein Zusammenhang bei der Entstehung des Chicxulub-Kraters in Mexiko und den Dekkan-Trapps im heutigen Indien vor 65 Millionen Jahren diskutiert – Indien war damals noch eine Insel im Indischen Ozean.
Jedoch geht dieses Szenario auf ein etwas einfaches Bild des Erdinneren zurück: Es steckt die alte Vorstellung dahinter, die Erde sei ein rohes Ei mit glutflüssigem Magma im Inneren und einer hauchdünnen festen Kruste darüber. Der rund 2900 Kilometer dicke Erdmantel ist jedoch solides Gestein und nur sehr langsam plastisch deformierbar. Die Erdbebenwellen verhalten sich deshalb so, als sei die Erde ein fester Körper.
Zwar kann es bei einem Einschlag zur Bündelung der Erdbebenwellen in den Antipoden kommen – dabei wirkt zum Beispiel der dichte Erdkern wie eine bündelnde Linse –, jedoch ist es unwahrscheinlich, dass dies zur Auslösung eines Schichtflutbasaltereignisses führen kann. Vom Planeten Merkur gibt es zwar den Hinweis, dass die Entstehung des größten Einschlagbeckens dort, Caloris Planitia mit rund 1500 Kilometer Durchmesser, die Bildung des so genannten chaotischen Terrains verursacht hat, das dem Einschlag auf der Merkurkugel exakt gegenüber liegt. Allerdings kam es auch dort nicht zur Auslösung von starkem Vulkanismus, sondern »nur« zur großräumigen Zertrümmerung der Kruste.
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