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Humor: Kann man am Gehirn ablesen, wie humorvoll jemand ist?

Menschen können über ganz unterschiedliche Dinge lachen. Aber lässt sich auch im Gehirn ablesen, wer ein echter Spaßvogel ist?
Gehirne mit Sonnenbrille

Die einfache Antwort auf diese Frage lautet »Nein«. Das heißt aber nicht, dass man wenig über Humor im Gehirn wüsste. Ganz im Gegenteil haben viele Studien in den vergangenen Jahren zum Verständnis der Humorverarbeitung im Gehirn beigetragen. Dennoch kann man anhand von dessen Aktivität oder Struktur nicht mit Sicherheit sagen, ob eine Person humorvoll ist. Es ist ja auch schon nicht leicht zu definieren, was »humorvoll« genau bedeutet. Hat jemand Humor, wenn er lustige Dinge sagt, oder vielmehr, wenn er selbst viel lacht?

Was im Gehirn passiert, wenn wir einen Witz verstehen und lustig finden, können Forscher schon ziemlich gut beschreiben. Man kann dabei unterscheiden zwischen Regionen, die eher am Lachen, also an der emotionalen Reaktion, beteiligt sind, und solchen, die wir für das Verständnis eines Witzes benötigen.

Jedes Lachen geht mit Aktivität im motorischen Kortex einher: Insgesamt werden mehr als 100 Muskeln bewegt! Für die positiven Gefühle, die wir dabei empfinden, sind mehrere Hirnbereiche zuständig: die Amygdala, die häufig auch als Gefühlszentrale des Gehirns bezeichnet wird; Bereiche im Mittelhirn, die auf Belohnung reagieren; und frontale Areale, denen eine Rolle beim bewussten Erkennen und Benennen eines Gefühls zugeschrieben wird. Zu Letzteren zählen die Insula, der untere frontale Gyrus und der vordere zinguläre Kortex.

Lustiges Gehirn? | Wie empfänglich jemand für kleine Scherze ist, lässt sich mit einem Blick auf die Hirnaktivität leider nicht so einfach sagen. Allerdings wissen Forscher inzwischen eine ganze Menge darüber, wie Humor in unserem Gehirn verarbeitet wird.

Wenn wir hingegen einen Witz verstehen, wird ein weit verteiltes Netzwerk von Arealen im Frontal-, Mittel- und Kleinhirn sowie im Schläfen- und Scheitellappen aktiv. Je nachdem, ob wir den Witz hören oder sehen, kommen außerdem die Areale für den jeweiligen Sinneskanal hinzu. Natürlich sind diese Gebiete auch bei vielen anderen Leistungen aktiv, etwa bei der Verarbeitung von Sprache. Einige Areale nutzen wir ebenfalls, wenn wir uns an eigene Erlebnisse erinnern oder über uns selbst nachdenken.

Worüber wir lachen können

Das passt zur »Inkongruenztheorie« des Humors. Demnach finden wir Dinge lus­tig, die uns überraschen und unseren Erwartungen widersprechen. Dies ist nur möglich, wenn wir – gelenkt durch unsere Erfahrungen – eine Erwartung haben, die durch die Pointe ausgehebelt wird. Auch »soziale Hirnareale« sind an der Humorverarbeitung beteiligt. Gerade Bereiche an der Grenze zwischen Schläfen- und Scheitellappen spielen eine große Rolle für die Fähigkeit, sich in andere Personen hineinzuversetzen. Dies wiederum spricht für Theorien, die die Bedeutung des Humors für soziale Interaktionen betonen. Selbst Hirnregionen, die eher mit dem Empfinden von Belohnung zu tun haben, sind beim Verstehen von Witzen ­aktiv – ein Argument für die von Sigmund Freud vertretene »Katharsistheorie«, nach der Humor dazu dient, gestaute Energien freizusetzen, so dass man sich wieder ausgeglichener fühlt.

Die Hirnaktivität beim Lachen über einen Witz lässt sich also in verschiedener Weise interpretieren. Neuere Humortheorien vereinen diese unterschiedlichen Aspekte: unerwartete Wendungen, soziales Miteinander und Ent­spannung. Wie die beteiligten Hirnregionen genau zusammenspielen, damit jemand – unabhängig von einer bestimmten lustigen Situation – Humor beweist, ist noch unklar. Ähnlich wie ein Schachspiel, bei dem mehrere Kombinationen zum Sieg führen können und nicht eine einzelne Figur den Ausschlag gibt, entsteht Humor wahrscheinlich aus dem Zusammenspiel verschiedener Hirnareale, mit einem flexiblen Ansprechen auf unterhaltsame Reize. Die Aktivität eines einzigen Areals zu messen, erlaubt uns ­allerdings keine verlässliche Aussage darüber, wie humorvoll jemand ist und ob ihn eher Slapstick oder schwarzer Humor zum Lachen bringt.

Ganz ohne Hirnscans finden sich ebenfalls Hinweise darauf, wie viel Sinn für Humor eine Person hat: Wer besonders kitzelig ist, ist in der Regel auch humorvoller, berichteten die Psychologen Jennifer Loftis und Alan Fridlund von der University of California in Santa Barbara (USA). In jedem Einzelfall muss das jedoch nicht zutreffen. Im Zweifel einfach mal draufloskitzeln – Lachen ist schließlich gesund!

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  • Quellen

Fridlund, A.J., Loftis, J.M.: Relations between tickling and humorous laughter: preliminary support for the Darwin-Hecker Hypothesis. In: Biological Psychology 30, S. 141–50, 1990

Kohn, N. et al.: Gender differences in the neural correlates of humor ­processing: Implications for different processing nodes. In: Neuropsychologia 49, S. 888–897, 2011

Martin, R.A.: The Psychology of Humor. An Integrative Approach. Elsevier, Burlington 2007

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