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Mindesthaltbarkeitsdatum: Kann Honig schlecht werden?

Ja, Honig kann verderben. Allerdings nicht von allein: Ein wenig Feuchtigkeit muss helfen. Richtig gelagert (sprich: kühl, trocken und dunkel) hält er dann aber sehr, sehr lange. Wenn auch nicht ewig.
Honig auf Löffel

2004 stößt man beim Bau einer Erdölpipeline in Südgeorgien auf ein Grab aus der Bronzezeit und entdeckt darin Tontöpfe mit rätselhaftem Inhalt. Archäobotaniker identifizieren die geheimnisvolle Grabbeigabe – oder vielmehr das, was davon übrig war – als 5000 Jahre alten Honig. Von Akazien- bis Waldhonig. Probiert hat ihn (angeblich) keiner: Ewig kann man das Lebensmittel, das wir den Bienen klauen, nicht folgenlos aufbewahren.

Aber wie lange ist Honig nun haltbar? Hängt davon ab, meinen alle Experten, die sich mit der Frage "Wie lagert man Honig richtig?" intensiver beschäftigt haben. Klar ist, dass Wärme, Feuchtigkeit und Licht die Qualität des Honigs beeinträchtigen und dessen Haltbarkeit mindern. Bedeutet im Umkehrschluss: Kühl (optimal sind 15 Grad Celsius), trocken (ideal sind weniger als 55 Prozent relative Luftfeuchte) und dunkel gelagert, lässt sich Honig über Jahre ohne nennenswerte Qualitätseinbußen aufbewahren. Mit zunehmendem Alter zerfallen allerdings bioaktive Inhaltsstoffe, und der Honig verliert seine pharmazeutische Wirkung. Dem Geschmack tut das aber keinen Abbruch.

Was macht Honig so erstaunlich lange haltbar?

Es ist seine Zusammensetzung. Allem voran wirkt der hohe Zuckergehalt konservierend, indem die Zuckermoleküle das honigeigene Wasser binden: ohne freies Wasser kein Überleben für Mikroorganismen. Bestimmte Inhaltsstoffe des Honigs sorgen ebenfalls dafür, dass er nicht verdirbt: Säuren und Enzyme hemmen das Wachstum und die Lebensfähigkeit von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen. So hat auch Schimmel keine Chance.

Bei allen antibiotischen Stärken hat Honig ebenso Schwächen. Zum Beispiel die für Wasser: Honig zieht Feuchtigkeit aus der Luft, er ist "hygroskopisch". Steht der Honig über einen längeren Zeitraum geöffnet auf dem Frühstückstisch, wird sich sein Inhalt mit großer Wahrscheinlichkeit verändern. Und das nicht ausschließlich deshalb, weil sich jemand am Honig, sondern auch, weil der Honig sich an Feuchtigkeit bedient hat.

Wird Honig schlecht?

Der steigende Wassergehalt ist vor allem für Hefezellen von Vorteil, die überall und eben auch im Honig vorkommen. Hefezellen sind genügsam. Wasser und Zucker ist alles, was sie zum Leben brauchen. Letzteren bauen sie zu Kohlendioxid und Alkohol ab, ein Vorgang namens Gärung. Unverfälschter Honig enthält relativ wenig Wasser, meist weniger als 18 Prozent. Steigt der Wassergehalt des Honigs, vergrößert sich damit das Risiko durch willige Hefen, und ab etwa 20 Prozent Wasseranteil gärt der Honig. Zu Anfang riecht und schmeckt gärender Honig übrigens vor allem recht fruchtig, später sauer oder eben richtig "vergoren". Das sieht man dann auch: An der Oberfläche haben sich kleine Bläschen gebildet, eine Folge des Gärprodukts Kohlendioxid, das aus dem Honig entweicht. Auch der Deckel des Honigbehälters beginnt sich durch das gebildete Gas zu wölben, vorausgesetzt, er ist dicht. Bei stärkerer Gärung entsteht sogar Schaum, oft am Rand des Honigglases. Vergorener Honig ist nicht zwingend ungenießbar, man kann ihn noch zum Süßen und Backen oder zur Herstellung von Honigwein oder Met verwenden. Wer Honig vor Luftfeuchtigkeit schützt, indem er ihn gut verschlossen an einem trockenen Ort aufbewahrt, schützt gleichzeitig auch dessen Geschmack. Denn Honig nimmt auf Grund seiner wasserziehenden Eigenschaft schnell Fremdgerüche an.

Im Kühlschrank lagern?

Neben Wasser beeinflusst die Temperatur die Haltbarkeit des Honigs. Das süße Nahrungsmittel ist nämlich wärmeempfindlich. Bei zu hoher oder langer Erwärmung verlieren wichtige Inhaltsstoffe des Honigs ihre Wirkung, verändern sich, werden zerstört oder verdampfen. Vitamine, Enzyme und Kohlenhydrate leiden unter Temperaturen ab 40 Grad Celsius. Den Aromastoffen des Honigs geht es schon bei etwas niedrigeren Temperaturen an den Kragen. Jede Erwärmung über 35 Grad Celsius setzt das Aroma eines Honigs herab, sagen Imker.

Wärme begünstigt noch ein anderes Phänomen, die so genannte Entmischung des Honigs. Unten fest, oben flüssig: Ein Sirup aus Fruchtzucker (Fruktose), Wasser und gelösten Stoffen überlagert die auskristallisierte Zuckermasse am Boden. Bei Lagertemperaturen zwischen 18 und 20 Grad Celsius kann schon nach knapp 1,5 Jahren eine Entmischung einsetzen. Honig in Phasentrennung ist ein Ladenhüter. Zu Unrecht! Mit mangelnder Qualität hat die Entmischung nichts zu tun. Allerdings: Entmischte Honige sind besonders gärungsgefährdet, weil ihre flüssige Phase einen relativ hohen Wasseranteil besitzt.

Honig sollte man im Dunkeln lagern, denn er ist lichtempfindlich. Das betrifft in erster Linie das Enzym Glucose-Oxidase, das Mikroorganismen hemmt. Es bildet ständig aus Zucker kleine Mengen Wasserstoffperoxid und ist für die antiseptische Wirkung von Honig maßgeblich. Länger einwirkendes Licht, egal ob Kunst- oder Tageslicht, zerstört das nützliche Enzym. Auch die im Honig enthaltenen Vitamine vertragen auf Dauer kein Licht.

Trotz exzellenter Haltbarkeit findet man auf deutschen Honiggläsern seit 2004 (also zufälligerweise seit dem Jahr des Honigfundes aus der Bronzezeit) ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Warum? Das deutsche Lebensmittelrecht, genauer die Honigverordnung, schreibt es so vor. Die Angabe zur Mindesthaltbarkeit ist schnell erklärt: das Abfülldatum plus zwei Jahre. Ist das vorgeschriebene Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, heißt das nicht, dass der Honig danach ungenießbar ist. Denn wie der Name schon sagt, so lange ist der Honig mindestens haltbar. Ein Höchsthaltbarkeitsdatum läge im Vergleich sicher in fernerer Zukunft.

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