Hummeln: Können Hummeln stechen?
Weibliche Hummeln besitzen einen Stachel, und den sind sie auch bereit zu benutzen. Dank ihres sanftmütigen Wesens setzen sie ihren Stachel allerdings deutlich seltener ein als Honigbienen oder Wespen. Diese Eigenschaft haben alle Vertreter der stets flauschigen, jedoch unterschiedlich gefärbten 36 Hummelarten, die in Deutschland verbreitet sind, gemein. Obwohl alle Hummeln zur Familie der Echten Bienen gehören, unterscheidet sich ihr Stachel in einem Punkt wesentlich von dem der Honigbiene: Der Widerhaken fehlt. Dadurch bleibt der Stachel nicht in der Haut stecken, und die Hummeln können ihn erneut einsetzen. In der Regel stechen sie jedoch nur dann, wenn ihr Leben oder der Fortbestand ihres Volkes unmittelbar bedroht ist.
Ein Wink der Hummel
Eine Hummel sticht selten unangekündigt. Sie warnt ihren Angreifer immer nach einem festgelegten Schema: Zunächst reckt sie eines ihrer mittleren Beine drohend in die Luft. In der zweiten Warnstufe wirft sie sich mit lautem Brummen auf den Rücken und streckt dem Angreifer ihr stachelbewehrtes Hinterteil entgegen. Was nach einer imponierenden Drohgebärde aussehen soll, erfüllt auch eine wichtige physikalische Funktion: Im Unterschied zur Honigbiene ist der Stechapparat der Hummel nur schwach ausgebildet und nicht ohne Weiteres in der Lage, die Haut des Angreifers mit dem Stachel zu durchdringen. Deshalb braucht die Hummel stets eine feste Unterlage, auf der sie ihren Körper abstützen kann.
Der Stich beider Insektengruppen hat jedoch ganz ähnliche Auswirkungen: Er ist äußerst schmerzhaft und führt dazu, dass die Haut um die Einstichstelle herum innerhalb weniger Minuten anschwillt. Nach 24 Stunden geht diese Schwellung in der Regel zurück. Bei Allergikern dagegen sind die Folgen wesentlich schwerer: Es können Hautausschlag am ganzen Körper, Übelkeit und sogar Herzrasen und Atemnot auftreten. Allerdings kann nur derjenige, den Hummel, Biene und Co schon mindestens zweimal gestochen haben, sicher beurteilen, ob er überempfindlich reagiert oder nicht. Denn der erste Stich führt bei bis zu fünf Prozent der Bevölkerung dazu, dass das Immunsystem Antikörper gegen bestimmte Bestandteile des Gifts ausbildet. Als problematisch im Sinne einer allergischen Reaktion erweisen sich diese Antikörper jedoch erst beim zweiten Stich.
Achtung bei Kreuzreaktivität!
Dass Hummeln und Honigbienen so nah miteinander verwandt sind, kann sich für den Allergiker als äußerst ungünstig erweisen: Ihr Gift enthält sehr ähnliche Peptide und Proteine. Dies führt zu einem Phänomen, das der Allergologe als Kreuzreaktivität bezeichnet: Eine wissenschaftliche Studie ergab, dass 75 Prozent der Menschen, die überempfindlich auf das Gift der Honigbiene reagieren, auch allergisch gegen Hummelgift sind. Eine Allergie gegen ein ausschließlich im Hummelgift vorhandenes Protein ist zwar möglich, kommt jedoch sehr selten vor. Demnach kann man also auch bei seinem allerersten Hummelstich eine überschießende Immunreaktion erleiden, wenn man zuvor bereits mit dem Stachel einer Honigbiene Bekanntschaft gemacht hat.
Zu was die Hummel sonst noch gut ist
Für den Normalbürger stellt die Hummelgiftallergie selten ein Problem dar. Bei der Berufsgruppe der Hummelimker dagegen kann diese Unverträglichkeit schnell zur Arbeitsunfähigkeit führen. Denn seitdem Mitte der 1980er Jahre ein findiger niederländischer Insektenkundler auf die Idee kam, in einem Gewächshaus ein Hummelvolk zur Bestäubung von Nutzpflanzen auszusiedeln, ist vor allem die Erdhummel groß im Geschäft. Nur ihr ist zu verdanken, dass Tomaten und Paprika hier zu Lande so günstig zu haben sind. Es stellte sich nämlich heraus, dass Hummeln unter Gewächshausbedingungen nicht nur viel besser gedeihen, sondern bei bestimmten Pflanzen auch viel effektiver sind als Honigbienen: Ursprünglich musste bei Tomatenpflanzen in Gewächshäusern mit elektrischen Geräten per Hand bestäubt werden. Dies übernehmen nun Hummeln. Als Meister der so genannten Vibrationsbestäubung werden heutzutage die Völker der Erdhummel und anderer Hummelarten zu Millionen in alle Welt verschickt.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.