Altersbestimmung: Stört Temperatur die Altersbestimmung durch radioaktiven Zerfall?
(Prof. Dr. Erwin A. T. Wosch)
Radioaktive Zerfallsreihen sind per se nicht temperaturempfindlich, aber die Gesteine, in denen diese zur Datierung genutzten Zerfälle stattfinden, sind es. Daher ist bei der Interpretation gemessener Element- und Isotopenverhältnisse immer zu beachten, was seit der Entstehung eines Gesteins mit diesem passiert ist. Beispielsweise eignet sich der Beta-Minus-Zerfall des Kaliumisotops 40K gut zur Datierung von Meteoritengesteinen. Es hat eine Halbwertszeit von 1,3 Milliarden Jahren; in dieser Zeit ist jeweils die Hälfte des vorhandenen 40K zerfallen. Dabei wandeln sich 89 Prozent des 40K in das Kalziumisotop 40Ca um. Dieses ist nicht nachweisbar, da es sich vom bereits im Gestein in größeren Mengen vorhandenen Kalzium nicht unterscheidet. Es geht deshalb in der Masse des gesamten Kalziums einfach unter.
Die restlichen elf Prozent werden unter Elektroneneinfang zum Argonisotop 40Ar. Nun ist aber Argon ein Edelgas, das keinerlei chemische Verbindungen eingeht und daher leicht flüchtig ist. Es sammelt sich als Gas in den Kristallstrukturen und Hohlräumen in den Mineralen an. Schon eine mäßige Erwärmung des Materials reicht aus, den größten Teil des radiogen gebildeten Argons entweichen zu lassen. Bestimmt man dann aus dem Verhältnis von 40K zu 40Ar das Gesteinsalter, so erhält man viel zu geringe Werte.
Eine kurzzeitige Erwärmung des Gesteins kann im Fall eines Asteroiden zum Beispiel durch den Einschlag eines kleineren Himmelskörpers und die dabei erzeugte Stoßwelle geschehen. Sie heizt das Gestein des getroffenen Asteroiden schlagartig stark auf, so dass das flüchtige Argon entweicht. Damit wird sozusagen »die Uhr des Gesteins zurückgesetzt«. Geschieht das mehrmals, so lassen sich Schlüsse auf die Entstehungsgeschichte des Asteroiden und damit indirekt auch auf jene des Sonnensystems ziehen.
Für diesen Zweck werden nicht nur Kalium-Argon-Alter genutzt. Es gibt noch viele weitere Datierungsverfahren, die auf langlebigen radioaktiven Elementen basieren. Beispiele hierfür sind die Uran-Blei- und die Thorium-Blei-Datierung, die zwar gegen Temperaturschwankungen recht unempfindlich sind, bei denen aber andere Fehlerquellen auftreten können.
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