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Unser Körper: Warum schlafen Füße ein?

Mit übereinandergeschlagenen Beinen, hockend oder im Schneidersitz: Wer über längere Zeit in einer Sitzposition verharrt, die auf Nerven drückt, riskiert eingeschlafene Füße. Ändert man die Position, wachen die tauben Körperteile auf, und das ist erst mal ziemlich unangenehm: Es kribbelt, pikst und pocht. In der Regel ist der Spuk wenig später vorbei und alles wieder beim Alten.
Schmerzender Fuß

Am besten antwortet ein Nervenexperte auf die Frage "Warum schlafen Hände und Füße ein?" – wie Peter Berlit von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. "Im Prinzip kann jede Körperregion einschlafen", stellt Berlit klar, "am häufigsten betroffen sind aber die Füße, gefolgt von den Händen." Und: "Schuld ist in der Regel ein abgedrückter Nerv".

Ein Nerv ist ein Strang aus Nervenfasern, die man grob in zwei Arten unterteilt: motorische Nervenfasern, die Impulse vom Gehirn wegsenden, und sensorische beziehungsweise sensible Nervenfasern, die Impulse zum Gehirn schicken. Die oft lang gestreckten Nervenzellen oder Neurone reihen sich dabei aneinander und leiten Nervenimpulse wie bei einem Dominoeffekt aneinander weiter, vom einen zum nächsten Neuron. Lastet jedoch Druck auf einem Nerv, zum Beispiel durch ungünstiges Sitzen oder Liegen, so wird das Fallen der Dominosteine unterbrochen – die Nervenzellen können den Impuls nicht weitergegeben. Bei einer leichten, reversiblen Form der Nervenquetschung, der "Neurapraxie", ist die Durchleitung gestört. Hier bleibt das Signal sozusagen stecken.

Was passiert, wenn Füße einschlafen?

Und das hat – hin wie her – Folgen: Kommen Nervenimpulse nicht im Gehirn an, spüren wir nichts mehr in dem Körperteil, aus dem der betroffene Nerv eigentlich Feedback geben sollte. Ob Druck, Berührung, Vibration, Schmerz oder Temperatur – egal wem oder was ein tauber Fuß oder eine eingeschlafene Hand ausgesetzt ist, der Besitzer spürt davon demnach: nichts. Und das merken wir dann auf Umwegen doch. Denn wenn Impulse aus dem Hirn nicht ans Ziel gelangen, gehorcht uns die Gliedmaße nicht mehr, und wir können zum Beispiel den Fuß, dessen Nerv wir abgedrückt haben, nicht wie gewohnt bewegen.

Das große Kribbeln

Wacht ein eingeschlafener Fuß wieder auf, ist das unangenehm wie 1000 krabbelnde Ameisen: Es kribbelt, sticht, pikt und pocht. "Transiente Parästhesien" nennt man solche vorübergehenden Missempfindungen. Wie kommt es zu diesen Gefühlsstörungen? "In dem Moment, in dem die Leitung im Nerv wieder einsetzt, entladen sich die feinen Nervenfasern spontan und erzeugen Empfindungen, die eigentlich nicht da sind. Viele empfinden das auch als schmerzhaft", so Peter Berlit. Legt sich das Kribbeln und kehrt das normale Gefühl zurück, sind die Nerven wieder intakt und voll funktionsfähig.

Nervenfasern unterscheiden sich nicht nur in ihrer Funktion, sondern auch in ihrem Aufbau. Eine unterschiedlich dicke Schutzhülle, das Myelin, umgibt sie. Neurone mit einer dicken Myelinschicht brauchen länger, um sich von einer Druckbelastung wieder zu erholen, als dünner verpackte Neurone: Die sind schneller wieder entknautscht. Motorische Nervenfasern haben generell eine dünnere Schutzhülle und regenerieren schneller als Nervenzellen, die Tastempfindungen vermitteln. Und so kann man normalerweise den eingeschlafenen Körperteil schon bewegen, bevor man das Gefühl darin vollständig wiedererlangt hat.

Gerade Füße und Hände schlafen oft ein, die Nase eher selten. Nur, warum laufen bestimmte Körperteile eher Gefahr einzuschlafen? "Körperregionen, deren Nerven vergleichsweise geschützt – unter den Muskeln oder in der Tiefe – verlaufen, sind seltener betroffen, wie zum Beispiel der Rumpf", erklärt der Neurologe Berlit. "Aber auch dort, wo es sehr, sehr viele Nerven gibt, nehmen wir seltener Taubheit wahr, weil andere Nervenästchen überbrücken, wenn ein einzelnes ausfällt. Ein sehr dichtes Nervennetz haben wir unter anderem im Gesicht."

Hände und Füße, besonders die Finger und Zehen, sind ebenfalls von diesen feinen Nervenstrukturen durchzogen, die sich zu einem Nerv bündeln, der stellenweise relativ ungeschützt verläuft. Ein Beispiel für so einen exponierten Nerv ist der Nervus ulnaris, der Ellennerv. Im Bereich des Ellbogens liegt er direkt unter der Haut, nur durch wenig Bindegewebe geschützt. Wo genau, weiß jeder, der sich dort schon einmal gestoßen hat. Musikantenknochen nennt man die äußerst schmerzempfindliche Region, in der man den Ellennerv leicht ertastet und in der bereits leichter Druck ein Kribbeln in der Hand auslöst.

Wie kann man dem Einschlafen von Körperteilen vorbeugen?

"Das Wichtigste ist, dass man Zwangshaltungen vermeidet. Also zum Beispiel langes Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen. In dieser Position schläft unweigerlich der Fuß des Beins ein, das man über das andere geschlagen hat", sagt Peter Berlit. Oft warnt der Körperteil, der einzuschlafen droht, bereits durch Kribbeln. "Dem Impuls, die Position zu wechseln, sollte man folgen."

Schlafrezept für Füße
Keine gute Idee: stundenlanges Telefonieren im Schneidersitz.

Füße können aber auch in Bewegung einschlafen. Das Phänomen kennen vor allem Jogger. Durch eine Fehlhaltung, Fehlstellung oder einen ungünstigen Bewegungsablauf stehen Nerven, die die Füße versorgen, unter Druck. Auslöser für taube Füße während des Sports können allerdings genauso drückendes Schuhwerk oder zu eng sitzende Kleidung sein. Trotzdem gilt: Indem wir unsere Nerven auf Trab halten, pflegen wir sie. Neben ausreichend Bewegung gehört dazu eine gesunde Ernährung. "Diabetes sowie chronischer Alkoholmissbrauch schädigen viele Nerven lang anhaltend. Als Folge dieser Nervenschäden, so genannter Polyneuropathien, tritt neben anderen Beschwerden ein andauerndes Taubheitsgefühl auf", sagt Neurologe Berlit.

Abgesehen von Stoffwechselproblemen und toxischer Schädigung können ebenso entzündete Nerven für taube Körperteile verantwortlich sein. "Es gibt ganz unterschiedliche Mechanismen, die Nerven beeinträchtigen können. Ein weiteres Beispiel sind Durchblutungsstörungen, etwa wenn kleine Gefäße, die den Nerv mit Blut versorgen, geschädigt werden", fasst Berlit zusammen. "Wenn eine Hand oder ein Fuß vorübergehend einschläft, ohne dass eine Fehlbelastung vorausgegangen ist, kann es sich allerdings um den Vorboten eines Schlaganfalls handeln. Bei wandernden Gefühlsstörungen, die zum Beispiel in der Hand beginnen und Richtung Gesicht aufsteigen, ist ebenfalls notfallmäßig eine weitere Abklärung erforderlich, weil dies Ausdruck einer Epilepsie sein kann."

Was tun, wenn's passiert ist?

Man hat in einer ungünstigen Position geschlafen und wacht auf, während die taube Hand noch im Tiefschlaf liegt. Wie weckt man sie wieder auf? In der Regel werden tot geglaubte Extremtäten schnell wieder von allein quicklebendig, nachdem man die Position gewechselt hat. Nachhelfen lässt sich, indem man die Hand oder den Fuß …

  • … leicht massiert: Das fördert die Durchblutung. Das schadet nicht – auch wenn schlechte Durchblutung gar nicht maßgeblich an der Taubheit des Körperteils beteiligt ist.
  • … kreisend bewegt. Das hat denselben Effekt wie die Massage und gewöhnt den eingeschlafenen Körperteil zusätzlich wieder an Bewegung.

Zum Schluss noch ein Tipp in Sachen eingeschlafene Füße und Beine: Ist das taube Gefühl verschwunden, kann es hilfreich sein, eine Runde zu laufen. Das sollte man aber erst tun, wenn Füße und Beine wieder Kraft haben und belastbar sind. Andernfalls riskiert man, sich durch Stolpern oder Fallen ernsthaft zu verletzen. Wehe, wenn sie losgelassen: Die unangenehmen Missempfindungen, die befreite Nerven auslösen, kann man leider nicht vermeiden. "Doch das geht in aller Regel schnell vorüber", sagt Peter Berlit. "Da muss man durch."

Oder umgekehrt
Manchmal hilft der Fuß dem Rest des Körpers beim Einschlafen. Also: kühlen Fuß bewahren und gute Nacht!

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