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Erdbahn: Warum sind die vier Jahreszeiten unterschiedlich lang?

Soweit, so klar: Die Erdbahn wird in vier Viertel geteilt - die astronomischen Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Warum aber ist nicht jede davon ein Vierteljahr lang?
Astronomische Uhr in Prag

Meine Frage bezieht sich auf die Verteilung der vier astronomisch besonderen Tage im Jahr, der beiden Sonnenwenden und der beiden Tag-und-Nacht-Gleichen. Eigentlich würde man vermuten, dass sie völlig gleich über das Jahr verteilt liegen. Zählt man aber nach, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Hier ein Beispiel aus 2018/2019:

20. März bis 21. Juni: 93 Tage
21. Juni bis 23. September: 94 Tage
23. September bis 21. Dezember: 89 Tage
21. Dezember bis 20. März: 89 Tage.

Also, was stimmt da nicht?
(Thilo Sigl)

Die Unterschiede sind in der Exzentrizität der Erdbahn begründet. Die vier Sonnenpositionen, welche die Anfänge der Jahreszeiten definieren, sind am Himmel vollkommen gleichmäßig um jeweils 90 Grad voneinander entfernt entlang der scheinbaren Jahresbahn der Sonne verteilt (siehe obere Grafik). Von der Sonne aus gesehen liegen sie ebenfalls um jeweils 90 Grad entlang der Erdbahn auseinander (siehe untere Grafik). Darauf gründet die weit verbreitete Vermutung, die vier Jahreszeiten seien gleich lang. Für die genannten jeweils 90 Grad benötigt die Erde aber unterschiedlich lange, weil sie entlang ihrer Ellipsenbahn unterschiedlich weit von der Sonne entfernt ist. Selbst wenn also die Geschwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn konstant wäre, dann würde sie für die weiter entfernten 90-Grad-Bögen länger brauchen, einfach, weil der Weg weiter ist. Erschwerend kommt aber noch hinzu, dass gemäß dem zweiten keplerschen Gesetz die Erde auf diesen Bögen auch noch langsamer läuft.

Schematische Ganzhimmelskarte | Schematische Ganzhimmelskarte mit den beiden Himmelspolen (Mitte oben und unten), dem Himmelsäquator (horizontale Mittellinie) und der scheinbaren jährlichen Sonnenbahn (Ekliptik; geschwungene blaue Linie). Die beiden Tag-und-Nacht-Gleichen und Sonnenwenden sind entlang der Ekliptik um jeweils genau 90 Grad voneinander entfernt. Der Frühlingsanfang liegt in dieser Projektion ganz links und ganz rechts im Bild.

Der Winter ist somit die kürzeste der vier Jahreszeiten, weil der sonnennächste Punkt der Erdbahn (in der Fachsprache Perihel genannt; am 4. Januar) in diesen Jahresabschnitt fällt. Der Herbst ist bloß geringfügig länger, weil das Perihel nur kurz nach dem Ende dieser Jahreszeit durchlaufen wird. Die längste Jahreszeit ist entsprechend der Sommer, weil er den sonnenfernsten Punkt der Erdbahn umfasst – das Aphel am 4. Juli.

Erdbahn | Eigentlich ist die Erdbahn nahezu kreisrund. Hier haben wir sie zur Veranschaulichung des Sachverhalts sehr oval, also mit stark übertriebener Exzentrizität dargestellt. Eingezeichnet sind der sonnenfernste Punkt der Erdbahn (Aphel; links), der sonnennächste Punkt (Perihel; rechts) sowie die vier Hauptpunkte zu Beginn der jeweiligen Jahreszeit (hier: Blick auf die Erdbahnebene vom Himmelssüdpol aus).

Die relativen Längen der Jahreszeiten sind übrigens nicht konstant. Auf lange Sicht wird jede von ihnen einmal das Perihel enthalten, das heißt, zur kürzesten der vier werden. Das liegt an der langsamen Präzession der irdischen Rotationsachse um den Pol der Ekliptik und der (davon unabhängigen) allmählichen Drehung der Richtung des Perihels innerhalb der Ebene der Ekliptik.

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