Freistetters Formelwelt: Beam me up, Scotty!
Ich werde immer wieder gefragt, ob ich ein großer Sciencefiction-Fan bin. Von einem Astronomen wird das offensichtlich erwartet, und tatsächlich lese ich durchaus gerne entsprechende Bücher beziehungsweise schaue mir Sciencefiction-Filme an. Ich bin zwar weit davon entfernt, ein "klassischer" Fan zu sein (was etwa an "Star Wars" so wahnsinnig aufregend sein soll, hat sich mir nie so ganz erschlossen), finde es aber spannend zu sehen, wie über zukünftige Entwicklungen der Welt spekuliert wird.
Meistens folgt dann auch die Frage, was mich als Wissenschaftler an Sciencefiction-Filmen stört. Habe ich ein Problem mit wissenschaftlichen Fehlern in Filmen? Stört es mich etwa, dass überall Raumschiffe mit Überlichtgeschwindigkeit durch die Gegend fliegen?
Nein, nicht besonders. Natürlich ziehe ich es vor, wenn Wissenschaft in Filmen korrekt dargestellt wird. Doch im Kino geht es um Fantasie und nicht um Realität. Und es wäre in den meisten Fällen ziemlich langweilig, wenn man interstellaren Reisen zusehen müsste, die auf der Realität basieren.
Albert Einsteins spezielle Relativitätstheorie hat bei ihrer Veröffentlichung im Jahr 1905 eine wissenschaftliche Revolution eingeleitet und bildet heute die Grundlage der modernen Physik. Und eine der zentralen Aussagen dieser Theorie lautet eben: Nichts kann sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum bewegen! Das kann man an dieser aus Einsteins Theorie abgeleiteter Formel erkennen:
E ist die Energie eines Objekts mit der Masse m und der Geschwindigkeit v. Je mehr sich die Geschwindigkeit der Lichtgeschwindigkeit c annähert, desto mehr nähert sich der Quotient v2/c2 in der Formel dem Wert eins an und desto kleiner wird die Wurzel, die man berechnen muss. Sie steht aber unter dem Bruchstrich: Je größer also v, desto größer wird die Energie. Man kann sich im Prinzip der Lichtgeschwindigkeit beliebig annähern; je näher man ihr kommt, desto mehr Energie ist dafür allerdings nötig. Je schneller man ist, desto schwieriger ist es, noch schneller zu werden. Und wollte man die Lichtgeschwindigkeit selbst erreichen, wäre dafür unendlich viel Energie notwendig.
Albert Einsteins Relativitätstheorie gehört zu den am besten durch Beobachtungen und Experimente bestätigten Theorien, die wir kennen. Nach allem, was wir wissen, ist es also tatsächlich unmöglich, sich schneller als das Licht durch den Raum zu bewegen. Abenteuerliche Fahrten zwischen den Sternen und Galaxien, wie sie in vielen Sciencefiction-Geschichten auftauchen, können in dieser Form in der Realität nicht stattfinden. Vielleicht kann man irgendwann Raumschiffe bauen, die in der Lage sind, einen relevanten Teil der Lichtgeschwindigkeit zu erreichen. Sind sie schnell genug, dann würde zumindest für die Besatzung dank der Zeitdilatation (ebenfalls ein Resultat von Einsteins Theorie) während des Flugs von Stern zu Stern nur wenig Zeit vergehen. So eine Besatzung würde sich dann aber auf ihrer ganz eigenen Zeitlinie bewegen, entkoppelt von der Zeit, die auf ihrem Heimatplaneten herrscht oder die von den Besatzungen anderer Raumschiffe erlebt wird. Jedes Schiff wäre quasi auf sich allein gestellt. Jeder Kontakt mit der Heimatwelt oder anderen Lebewesen anderswo im All wäre einmalig; würde das Schiff nach langem Flug irgendwohin zurückkehren, wären all diejenigen, die seinen Abflug beobachtet haben, schon längst tot.
Die echte Physik und die Unmöglichkeit des überlichtschnellen Reisens können Sciencefiction ziemlich kompliziert machen. Ich kann es daher durchaus nachvollziehen, wenn Autoren ein wenig in die künstlerische Trickkiste greifen, um diese Probleme zu umgehen und ihre Geschichten ohne relativistische Komplikationen erzählen zu können. Denn am Ende geht es ja bei Sciencefiction um genau diese Geschichten und nicht um die Realität.
Schreiben Sie uns!
6 Beiträge anzeigen