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Angemerkt!: Dabei sein ist nicht alles

Wider die gedopte Gesellschaft
Steve Ayan

Erst der Expertenbericht über die verbreitete Dopingpraxis im (west)deutschen Spitzensport. Und nun legt der Fehlzeitenreport des AOK-Institut WIdO noch eins drauf: Auch im Arbeitsleben sei die Einnahme leistungssteigernder Mittel hier zu Lande auf dem Vormarsch. Laut der Befragung unter 2000 Arbeitnehmern griffen bereits rund fünf Prozent der AOK-Versicherten zu Amphetaminen und Psychopharmaka, bei den Unter-30-Jährigen sei es sogar jeder zwölfte. Die Dunkelziffer liege vermutlich hoch.

Was steckt dahinter? Steigender Leistungsdruck? Sinkende Hemmschwellen? Der Wunsch allenthalben "gut drauf zu sein" und seinen Mann resp. seine Frau zu stehen? Sicher von allem etwas. In einer Gesellschaft von Selbstoptimierer wird das äußere wie auch das innere Ich-Management zur Pflicht. Schönheitschirurgen korrigieren, was die Natur verbockt hat, und allerlei Pillen und Mittelchen sollen helfen, das letzte Quentchen Elan, Selbstbewusstsein und Konzentration aus sich herauszuholen. Mithalten können heißt das oberste Ziel, nicht abgehängt werden beim großen Wettlauf zum Glück. Dabei sein allein genügt wohl nicht mehr.

Doch was für ein Glück ist das, das stets neidisch nach den anderen schielt? Das sich nicht abfinden kann mit persönlichen Grenzen und auch mit so manchem eigenen Makel? Lässt es sich ohne Selbstverbesserung denn zu gar nichts im Leben bringen? Und sei es nur zu einem entspannten Umgang mit sich selbst?

Der gleiche AOK-Fehlzeitenreport zeigt, wohin es auch mit dem Hirndoping noch führen kann: Alkohol und Tabak – von vielen anfangs als beruhigendes Feierabendbier oder "Anti-Stress-Zigarette" genossen, bis es zur Gewohnheit und schließlich zur Sucht wurde – verursachen die meisten Arbeitsausfälle in der deutschen Wirtschaft.

Machen wir uns nichts vor: Wenn eine neue Welle suchtgefährdender Mittel in Badschränke und Schreibtischschubladen schwappt, wird es uns damit nicht besser gehen, sondern schlechter. Jeder weiß das, im Prinzip. Wir müssen nur noch danach handeln.

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