Angemerkt!: Damm- oder Durchbruch?
Der Nationale Ethikrat hat gesprochen - wie üblich vielstimmig: Während die Mehrheit das Klonen menschlicher Zellen zu Forschungszwecken zwar nicht sofort, aber in Zukunft zulassen möchte, lehnt eine Minderheit dies grundsätzlich ab.
Nun liegt sie also vor: die fünfte Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zu einem heftig umstrittenen Thema der Lebenswissenschaften. Nach Stammzellen, PID, Biobanken und Polkörperdiagnostik hat er sich an das wohl heißeste Eisen gewagt: Darf ein Mensch geklont werden?
Die Antwort lautet: Nein, er darf es nicht – zumindest nicht zur Fortpflanzung. Alle 25 Mitglieder des ehrwürdigen Gremiums sind sich darin einig, dass das reproduktive oder Fortpflanzungsklonen weltweit verdammt werden muss. Darin inbegriffen ist die Aufforderung an den deutschen Gesetzgeber, ein entsprechendes strafrechtliches Verbot zu erlassen.
So weit, so gut. Der Streit beginnt bei der zweiten Frage: Dürfen menschliche Zellen zu therapeutischen oder Forschungszwecken geklont werden? Wie schon bei früheren Stellungnahmen konnte sich der Ethikrat auch diesmal nicht einigen, sondern gibt gleich drei Voten ab: für ein grundsätzliches Verbot, für eine begrenzte Zulassung sowie ein drittes Votum, das sich zwar ebenfalls für ein jetziges Verbot einsetzt, sich aber ein Hintertürchen für die Zukunft offen lassen will.
Dieses geteilte Votum verwundert nicht, sind doch die ethischen Fragen, die dahinter stecken, verzwickt. Im Grunde genommen streiten sich die Geister um die Anwendbarkeit zweier Artikel aus dem Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Und: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit."
Was ist ein Mensch?
Eigentlich klare Worte, nur: Wer ist "jeder"? Was ist ein "Mensch"? Fragen, die vor noch nicht allzulanger Zeit gar nicht auftauchten, die jedoch heutzutage längst nicht mehr so klar zu beantworten sind. Denn spätestens seitdem Louise Brown – das erste "Retortenbaby" der Welt – vor 26 Jahren das Licht der Welt erblickte, läuft die ethische Diskussion über den Menschen und das Menschsein einer rasanten Entwicklung in der biomedizinischen Forschung hinterher. Das "Klonschaf" Dolly im Jahr 1996 und schließlich die ersten geklonten menschlichen Embryonen im Februar dieses Jahres sind dabei nur wenige Marksteine einer Entwicklung, bei der es vielen angst und bange wird. Soll man diese Entwicklung aufhalten, bevor noch Schlimmeres passiert?
Unbedingt, sagen die fünf Ethikratmitglieder um den Freiburger Moraltheologen Eberhard Schockenhoff, wozu auch der Ex-SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel gehört. Für sie herrscht keinerlei Zweifel, dass das grundsätzlich unantastbare menschliche Leben mit der Verschmelzung von Spermium- und Eizellkern beginnt. Damit muss jeder Embryo, jede menschliche Blastozyste, ja, bereits jede befruchtete Eizelle den vollen Schutz des Gesetzes genießen und darf nicht – für welche Zwecke auch immer – geopfert werden.
Respektvolle Vernichtung?
Genau das geschieht jedoch beim so genannten therapeutischen Klonen, das darauf abzielt, menschliche embryonale Stammzellen aus einem geklonten Embryo zu gewinnen. Auch eine noch so "respektvolle" Beendigung der Existenz dieses Embryos könne nicht rechtfertigt werden, denn schließlich sei dabei "schon zu fragen, wie eigentlich die Vernichtung eines Embryos als 'nicht schwerwiegend' bezeichnet oder dieser 'respektvoll' vernichtet werden kann".
Eine sicherlich ehrbare Position, die vor allem durch ihre Konsequenz besticht. Allerdings bleibt sie bei näherer Betrachtung – und das sieht die Mehrheit von zwölf Ethikratmitgliedern um den Berliner Soziologen Wolfgang van den Daele ganz genauso – nicht haltbar. Insbesondere zerpflücken die Klonbefürworter die drei immer wieder in die Diskussion gebrachten und auch von den Klongegnern aufgeführten Argumente der Kontinuität, Identität und Potenzialität.
Willkürliche Einschnitte
Mit dem Kontinuitätsargument lehnen die Gegner jeden Einschnitt in der menschlichen Entwicklung, die einen Beginn des menschlichen Lebens definieren könnte – sei es die Einnistung des Embryos in der Gebärmutter, sei es die Geburt –, kategorisch ab. Schließlich beginne mit der Kernverschmelzung ein kontinuierlicher Prozess, der erst mit dem Tod endet und damit jeden Einschnitt als willkürlich erscheinen lässt.
Diesen kontinuierlichen Prozess der Menschwerdung bestreiten die Klonbefürworter keineswegs. Das schließt jedoch Einschnitte, bei dem etwas qualitativ Neues entsteht, nicht aus – "willkürlich wäre es eher, überhaupt keine Einschnitte vorzusehen".
Auch die auf den ersten Blick einleuchtende Identität zwischen einem später geborenen Menschen und einem Embryo – im Mutterleib oder in der Petrischale –, die auch identische Lebensrechte erfordert, überzeugt nicht. Schließlich kann sich innerhalb der ersten zwei Wochen nach der Befruchtung die Blastozyste zu eineiigen Zwillingen teilen. Diesen zwar genetisch identischen Geschwistern würde man wohl kaum ihre eigene, persönliche Individualität absprechen. Die Blastozyste, also gerade das für die Forscher interessante Frühstadium des Embryos, ist demnach noch nicht eindeutig auf ein späteres menschliches Individuum festgelegt.
Potenzielle Leichen
Die letzte Bastion, auf die sich die Klongegner zurückziehen, ist das Potenzialitätsargument: Die befruchtete menschliche Eizelle hat das Potenzial, sich zu einem geborenen Menschen zu entwickeln und genießt daher auch die gleichen Rechte. Doch auch eine Eichel ist noch kein Eichbaum, und "im übrigen sind wir", wie die Klonbefürworter süffisant anmerken, "alle potenziell tot, ohne dass wir schon heute mit Blick auf diesen späteren Status wie Leichen behandelt werden möchten".
Und letztendlich widerspricht die kategorische Gleichsetzung von ungeborenem und geborenem Leben der in unserer Gesellschaft geduldeten Möglichkeit der Abtreibung. Ja, selbst nidationshemmende Verhütungsmittel, also die "Pille danach", müsste demnach zwangsläufig verboten werden, vernichten sie doch die werdende menschliche Existenz.
Hemmungslose Forschung?
Heißt das nun, dass jeder menschliche Embryo neugierigen Forscherseelen hemmungslos zur Verfügung gestellt werden kann? Auf keinen Fall. Auch ein geklonter Embryo, der nicht zur Fortpflanzung, sondern zu Forschungszwecken "erschaffen" worden ist, darf nicht zum Freiwild degradiert werden. "Deshalb", so heißt es in der Stellungnahme der Klonbefürworter, "verbieten sich Forschungen an geklonten menschlichen Blastozysten, wenn die erstrebten Erkenntnisse auch an tierischen Modellsystemen oder anderen menschlichen Zellen gewonnen werden können."
Ob die Hoffnungen, die Forscher in geklonte menschliche Zellen setzen, sich tatsächlich einst erfüllen werden, bleibt offen – vielleicht sogar fraglich. Bei einem umfassenden Klonverbot in Deutschland könnten wir jedoch in Zukunft mit einem neuen ethischen Dilemma konfrontiert werden: Falls ausländische Wissenschaftler dann doch mit geklonten menschlichen Zellen heute noch unheilbare Leiden, wie die Parkinson-Krankheit, Diabetes oder eine Querschnittslähmung therapieren können, sollen deutsche Patienten dann auf diese Therapien verzichten? Eine heute noch vollkommen ungewisse Frage. Die Ethikratmitglieder, die ein Forschungsklonen begrenzt zulassen möchten, merken hierzu treffend an: "Ungewissheit ist Ausgangspunkt der Forschung und kein Argument gegen ihre Zulassung."
Die Antwort lautet: Nein, er darf es nicht – zumindest nicht zur Fortpflanzung. Alle 25 Mitglieder des ehrwürdigen Gremiums sind sich darin einig, dass das reproduktive oder Fortpflanzungsklonen weltweit verdammt werden muss. Darin inbegriffen ist die Aufforderung an den deutschen Gesetzgeber, ein entsprechendes strafrechtliches Verbot zu erlassen.
So weit, so gut. Der Streit beginnt bei der zweiten Frage: Dürfen menschliche Zellen zu therapeutischen oder Forschungszwecken geklont werden? Wie schon bei früheren Stellungnahmen konnte sich der Ethikrat auch diesmal nicht einigen, sondern gibt gleich drei Voten ab: für ein grundsätzliches Verbot, für eine begrenzte Zulassung sowie ein drittes Votum, das sich zwar ebenfalls für ein jetziges Verbot einsetzt, sich aber ein Hintertürchen für die Zukunft offen lassen will.
Dieses geteilte Votum verwundert nicht, sind doch die ethischen Fragen, die dahinter stecken, verzwickt. Im Grunde genommen streiten sich die Geister um die Anwendbarkeit zweier Artikel aus dem Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Und: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit."
Was ist ein Mensch?
Eigentlich klare Worte, nur: Wer ist "jeder"? Was ist ein "Mensch"? Fragen, die vor noch nicht allzulanger Zeit gar nicht auftauchten, die jedoch heutzutage längst nicht mehr so klar zu beantworten sind. Denn spätestens seitdem Louise Brown – das erste "Retortenbaby" der Welt – vor 26 Jahren das Licht der Welt erblickte, läuft die ethische Diskussion über den Menschen und das Menschsein einer rasanten Entwicklung in der biomedizinischen Forschung hinterher. Das "Klonschaf" Dolly im Jahr 1996 und schließlich die ersten geklonten menschlichen Embryonen im Februar dieses Jahres sind dabei nur wenige Marksteine einer Entwicklung, bei der es vielen angst und bange wird. Soll man diese Entwicklung aufhalten, bevor noch Schlimmeres passiert?
Unbedingt, sagen die fünf Ethikratmitglieder um den Freiburger Moraltheologen Eberhard Schockenhoff, wozu auch der Ex-SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel gehört. Für sie herrscht keinerlei Zweifel, dass das grundsätzlich unantastbare menschliche Leben mit der Verschmelzung von Spermium- und Eizellkern beginnt. Damit muss jeder Embryo, jede menschliche Blastozyste, ja, bereits jede befruchtete Eizelle den vollen Schutz des Gesetzes genießen und darf nicht – für welche Zwecke auch immer – geopfert werden.
Respektvolle Vernichtung?
Genau das geschieht jedoch beim so genannten therapeutischen Klonen, das darauf abzielt, menschliche embryonale Stammzellen aus einem geklonten Embryo zu gewinnen. Auch eine noch so "respektvolle" Beendigung der Existenz dieses Embryos könne nicht rechtfertigt werden, denn schließlich sei dabei "schon zu fragen, wie eigentlich die Vernichtung eines Embryos als 'nicht schwerwiegend' bezeichnet oder dieser 'respektvoll' vernichtet werden kann".
Eine sicherlich ehrbare Position, die vor allem durch ihre Konsequenz besticht. Allerdings bleibt sie bei näherer Betrachtung – und das sieht die Mehrheit von zwölf Ethikratmitgliedern um den Berliner Soziologen Wolfgang van den Daele ganz genauso – nicht haltbar. Insbesondere zerpflücken die Klonbefürworter die drei immer wieder in die Diskussion gebrachten und auch von den Klongegnern aufgeführten Argumente der Kontinuität, Identität und Potenzialität.
Willkürliche Einschnitte
Mit dem Kontinuitätsargument lehnen die Gegner jeden Einschnitt in der menschlichen Entwicklung, die einen Beginn des menschlichen Lebens definieren könnte – sei es die Einnistung des Embryos in der Gebärmutter, sei es die Geburt –, kategorisch ab. Schließlich beginne mit der Kernverschmelzung ein kontinuierlicher Prozess, der erst mit dem Tod endet und damit jeden Einschnitt als willkürlich erscheinen lässt.
Diesen kontinuierlichen Prozess der Menschwerdung bestreiten die Klonbefürworter keineswegs. Das schließt jedoch Einschnitte, bei dem etwas qualitativ Neues entsteht, nicht aus – "willkürlich wäre es eher, überhaupt keine Einschnitte vorzusehen".
Auch die auf den ersten Blick einleuchtende Identität zwischen einem später geborenen Menschen und einem Embryo – im Mutterleib oder in der Petrischale –, die auch identische Lebensrechte erfordert, überzeugt nicht. Schließlich kann sich innerhalb der ersten zwei Wochen nach der Befruchtung die Blastozyste zu eineiigen Zwillingen teilen. Diesen zwar genetisch identischen Geschwistern würde man wohl kaum ihre eigene, persönliche Individualität absprechen. Die Blastozyste, also gerade das für die Forscher interessante Frühstadium des Embryos, ist demnach noch nicht eindeutig auf ein späteres menschliches Individuum festgelegt.
Potenzielle Leichen
Die letzte Bastion, auf die sich die Klongegner zurückziehen, ist das Potenzialitätsargument: Die befruchtete menschliche Eizelle hat das Potenzial, sich zu einem geborenen Menschen zu entwickeln und genießt daher auch die gleichen Rechte. Doch auch eine Eichel ist noch kein Eichbaum, und "im übrigen sind wir", wie die Klonbefürworter süffisant anmerken, "alle potenziell tot, ohne dass wir schon heute mit Blick auf diesen späteren Status wie Leichen behandelt werden möchten".
Und letztendlich widerspricht die kategorische Gleichsetzung von ungeborenem und geborenem Leben der in unserer Gesellschaft geduldeten Möglichkeit der Abtreibung. Ja, selbst nidationshemmende Verhütungsmittel, also die "Pille danach", müsste demnach zwangsläufig verboten werden, vernichten sie doch die werdende menschliche Existenz.
Hemmungslose Forschung?
Heißt das nun, dass jeder menschliche Embryo neugierigen Forscherseelen hemmungslos zur Verfügung gestellt werden kann? Auf keinen Fall. Auch ein geklonter Embryo, der nicht zur Fortpflanzung, sondern zu Forschungszwecken "erschaffen" worden ist, darf nicht zum Freiwild degradiert werden. "Deshalb", so heißt es in der Stellungnahme der Klonbefürworter, "verbieten sich Forschungen an geklonten menschlichen Blastozysten, wenn die erstrebten Erkenntnisse auch an tierischen Modellsystemen oder anderen menschlichen Zellen gewonnen werden können."
Ob die Hoffnungen, die Forscher in geklonte menschliche Zellen setzen, sich tatsächlich einst erfüllen werden, bleibt offen – vielleicht sogar fraglich. Bei einem umfassenden Klonverbot in Deutschland könnten wir jedoch in Zukunft mit einem neuen ethischen Dilemma konfrontiert werden: Falls ausländische Wissenschaftler dann doch mit geklonten menschlichen Zellen heute noch unheilbare Leiden, wie die Parkinson-Krankheit, Diabetes oder eine Querschnittslähmung therapieren können, sollen deutsche Patienten dann auf diese Therapien verzichten? Eine heute noch vollkommen ungewisse Frage. Die Ethikratmitglieder, die ein Forschungsklonen begrenzt zulassen möchten, merken hierzu treffend an: "Ungewissheit ist Ausgangspunkt der Forschung und kein Argument gegen ihre Zulassung."
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