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Evolution: Das Ende der Menschheit durch den Klimawandel

Stirbt der Mensch wirklich durch eigenes Verschulden aus? Es gibt Argumente, die dafür sprechen - aber auch einige dagegen. Eine persönliche Abwägung.
Verfallenes Haus

Die Menschheit wird aussterben, das ist sicher. Die Erdgeschichte zeigt nachdrücklich, dass Arten nicht unendlich lange existieren, und die Idee, dass wir durch irgendeine intrinsische Besonderheit davon ausgenommen wären, gehört eher in den Bereich der Religion. Unsicher ist nur, wann und wie das Ende kommt.

Dass der Klimawandel die Menschheit aussterben lassen könnte, ist nicht grundsätzlich abwegig, einfach weil drastische Klimaveränderungen und Aussterben von Arten erdgeschichtlich vermutlich eng zusammenhängen. Ob es dabei tatsächlich die Menschheit erwischt, ist aber schwierig einzuschätzen.

Derzeit leben knapp acht Milliarden Menschen auf der Erde, und die – im Stil einer filmreifen Apokalypse – durch eine große Katastrophe binnen weniger Monate oder Jahre alle umzubringen, ist nahezu unmöglich. Ein wirklich riesiger Asteroid oder die knapp 15 000 Atombomben weltweit hätten zugegebenermaßen eine faire Chance. Doch das Erste ist sehr unwahrscheinlich, und das Zweite wäre geschummelt.

Aussterben bleibt rätselhaft

Viel interessanter ist, ob uns das Gleiche passiert wie all jenen anderen Arten, die ausstarben, als sich das Klima im Lauf der Erdgeschichte wandelte. Das ist etwas weniger filmreif, aber für sich genommen spannend genug. Warum Arten aussterben – mit und ohne Klimawandel –, ist bis heute rätselhaft.

Erdgeschichtlich ist Aussterben über lange Zeiträume betrachtet ein statistischer, vom Zufall geleiteter Prozess. An bestimmten Punkten allerdings verschwinden durch Krisen – wie die aktuelle – weit mehr Arten als normal. Unglücklicherweise ist nur teilweise bekannt, durch welche konkreten Mechanismen Arten im Lauf der Erdgeschichte aussterben, und vor allem, welche das unter den gegebenen Bedingungen sind. Viele Arten überlebten solche Krisen auch, nur um dann unter Umständen in der nächsten unterzugehen. Möglicherweise ist das tatsächlich Glückssache.

Andererseits zeigen sich Muster, die auf Gesetzmäßigkeiten hindeuten. Die genauen Eigenschaften einer Art – Größe, Ernährung, Fortpflanzung und so – scheinen das Risiko zu beeinflussen, bei einer gegebenen Krise zu verschwinden. Dazu gibt es einen Haufen Forschung, weil eine ganze Menge Tier- und Pflanzenarten derzeit durch einschneidende Veränderungen der Umwelt erhebliche Probleme bekommen. Es gibt Indizien dafür, dass Klimawandel und Aussterben auf regelmäßige Weise zusammenhängen: Je schneller ein Klimawandel geht und je größer die Veränderung, desto höher die Wahrscheinlichkeit eines großen Aussterbeereignisses.

Wer Krisen überlebt

Außerdem ist das Klima ja nur ein Teil des Problems. Die als »Biodiversitätskrise« bezeichnete Verheerung der Ökosysteme, die enorme Vermehrung neuer Infektionskrankheiten – die keineswegs nur Menschen trifft – und der dramatisch veränderte Stickstoffkreislauf setzen viele Arten ebenfalls unter Druck. Die interessante Frage ist da natürlich, ob die Menschheit es auch irgendwann auf die Rote Liste schafft.

Das naheliegende Gegenargument wäre, dass wir die Umwelt ja gezielt zu unseren Gunsten verändern und deswegen das Problem per Definition gar nicht haben. Aber ich denke, es ist klar, dass das zu kurz gesprungen wäre. Zum einen umfasst »zu unseren Gunsten« eine Vielzahl unterschiedlicher Motive, nicht zuletzt wirtschaftliche Aktivität oder auch Wohnraum, und zum anderen haben solche Veränderungen unbeabsichtigte Konsequenzen.

Eine gute Nachricht: Jene Punkte, die Tierarten mit hoher Wahrscheinlichkeit verwundbarer für Krisen machen, treffen auf uns nicht zu. Es scheint einigermaßen Konsens zu sein, dass wenige Individuen, ein kleines Verbreitungsgebiet oder wenn sich die Art nicht gut über längere Distanzen ausbreiten kann, sehr schlechte Zeichen im Bezug aufs Aussterben sind. Eine globale Spezies mit acht Milliarden Individuen, von der statistisch jedes Jahr die Hälfte mit Düsenantrieb durch die Gegend fliegt, fällt nicht in die höchste Risikokategorie.

Andere Eigenschaften sind ein bisschen umstrittener. Wir Menschen sind ja eine recht große, langlebige Spezies, die wenig Nachwuchs produziert, den aber mit hohen Überlebenschancen – Mäuse dagegen sind klein, leben etwa ein Jahr lang und produzieren alle paar Wochen neue Mäuse. Welche von den beiden Strategien in einer Krise besser fährt, ist unklar.

Von Menschen und Mäusen

Einerseits schwanken Populationen von Tieren mit kurzen Reproduktionszyklen stärker und erhöhen damit auch die Chance, durch pures Pech auf null zu schwanken. Andererseits brauchen langsame Organismen viel mehr Zeit, sich von Krisen zu erholen, und sind so länger anfällig für fiese Doppelschläge. Ein weiterer möglicher Faktor ist der Grundumsatz. Wenn der ungewöhnlich hoch ist, was bei uns der Fall ist, steigt das Aussterberisiko – bei Weichtieren jedenfalls. Extreme Körpergröße in der einen und anderen Richtung scheint derzeit bei Säugetieren eher ein Nachteil zu sein, der das Aussterberisiko erhöht, was auch gegen uns spricht.

Völlig offen ist, ob Technik und Kultur uns beim Überleben eher helfen oder im Gegenteil verwundbarer machen. Einerseits machen technische Hilfsmittel die Menschheit seit Jahrtausenden unabhängiger von den schwankenden Umweltbedingungen und werden das auch in Zukunft noch tun – andererseits werden wir kulturell und gesellschaftlich immer abhängiger davon. Das bedeutet: Wenn die technische Infrastruktur langfristig ausfällt, wird es schwer, auf einem niedrigeren Level sanft zu landen, weil das Knowhow oft fehlt.

Außerdem können viele Gesellschaften mit hoher Bevölkerungsdichte ohne diese Infrastruktur plötzlich grundlegende Bedürfnisse wie Wasser und Nahrung nicht mehr befriedigen; das würde vermutlich zu Chaos führen und die Fähigkeit verringern, die ursprüngliche Krise durch organisierte technische oder kulturelle Maßnahmen abzufangen.

Ich persönlich glaube nicht, dass Technik und Kultur einen großen Unterschied machen. Die jeweiligen Zeithorizonte sind zu unterschiedlich: Menschliche Gesellschaften tun sich schwer, 100 Jahre zu überblicken – ein mögliches Aussterben dagegen wäre ein Prozess über fünf bis zehn Generationen oder mehr, den man auf der gleichen Zeitskala abwenden müsste. Und dann besteht ja noch das Risiko, dass der Versuch, den Klimawandel gezielt zu bekämpfen, durch unbeabsichtigte Effekte richtig schön in die Hose geht.

Keine Garantien

Aber so etwas ist letztendlich reine Spekulation, in die eine wie die andere Richtung. Aus wissenschaftlicher Perspektive liegen meines Erachtens derzeit keine Belege dafür vor, dass das zukünftige Klima akut die Existenz der Menschheit selbst bedroht. Ein schneller, deutlicher Klimawandel erhöht zwar das Risiko aller Arten, aber was wir bisher übers Aussterben wissen, lässt uns eher als weniger gefährdete Art erscheinen.

Ob weniger gefährdete Arten tatsächlich in Sicherheit sind, hängt natürlich davon ab, wie drastisch die Krise dann wirklich wird. Außerdem gibt es eben sehr wohl eine Reihe von möglichen Warnsignalen, die auf entsprechende Risiken hindeuten könnten. Abgesehen davon, es muss ja nicht der Klimawandel allein sein. Es reicht ja, wenn er andere Entwicklungen verstärkt. Zum Beispiel Konflikte, die zu einem globalen Atomkrieg führen. Aber das ist, wie gesagt, Spekulation.

Die derzeit weitgehend ohne Klima bereits zigfach erhöhten Aussterberaten in fast allen Tiergruppen sind für sich schon ein guter Grund, vorsichtig zu sein. Zumal das in einem schnellen Klimawandel nicht besser wird. Biotische Krisen sind schlecht für Nahrungsnetze, und wer in denen ganz oben sitzt, fällt auch tiefer. Zudem wissen wir ja schlicht nicht, wovon Überleben und Untergang in solchen Aussterbephasen wirklich abhängen – insofern wäre es etwas voreilig, das derzeitige Wissen als Freibrief zu betrachten.

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