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Hatts dufte Welt: Der Duft von Weihnachten

Alle Jahre wieder verführt uns der Duft von Plätzchen, Lebkuchen und gebrannten Mandeln. Ärzte warnen vor allzu viel Zucker, doch die Gewürze sind alte Heilmittel: Zimt und Anis, Kardamom und Ingwer bekämpfen erfolgreich Infektionen und Schmerzen.
Eine Blechdose mit Schokoplätzchen und Vanillekipferln.

Die Heiligen Drei Könige kamen noch mit Weihrauch und Myrrhe. Heilige Düfte, von Zucker keine Spur. Heute ist die Weihnachtszeit zweifellos ein Angriff auf die schlanke Linie und den gesunden Cholesterinwert. Und daran ist die Nase nicht ganz unschuldig. Denn beim Spaziergang über den Weihnachtsmarkt, wenn uns die Düfte von Glühwein, Tannengrün und Zimtsternen umwehen, werden Erinnerungen geweckt an glückliche Festtage in der Kindheit, die Vorfreude auf die Geschenke und bestenfalls an ein wohliges Gefühl der Geborgenheit in der Familie. Weihnachtsstimmung als nostalgische Flucht aus der Kälte des Winters und des Alltags.

Doch das ist nicht alles. Wissenschaftler haben entdeckt, dass die Weihnachtsgewürze selbst bei Menschen Gutes bewirken, die sie gar nicht kennen – damit also auch keinerlei Erinnerungen verbinden. Wer noch niemals ein Duftpotpourri aus Weihnachtsgewürzen kennen gelernt hat, erliegt dennoch seiner betörenden Wirkung. Denn viele der Gewürze, die wir für Plätzchen und winterliches Essen verwenden, sind gesund und daher für den Menschen attraktiv. Das weiß die Volksmedizin schon seit Jahrhunderten: Diese Gewürze regen die Verdauung an, hemmen Entzündungen, können den Blutzucker senken und sogar Schmerzen lindern.

Anethol und Eugenol

Sternanis sieht nicht nur im Glühwein schön aus, seine antibakteriellen und antiviralen Wirkstoffe helfen auch gegen winterliche Erkältungen. Die darin enthaltene Shikimisäure wurde sogar zum Grundstoff für das Grippemittel Tamiflu ausgewählt. Wenn der Hals verschleimt oder der Darm verstopft ist, hilft ein Aufguss der achtzackigen Frucht rasch. Anis, das durch das ätherische Öl Anethol leicht lakritzig schmeckt, ist zudem ein gutes Mittel gegen Bauchkrämpfe und Blähungen und wird schon in der Kinderheilkunde eingesetzt. Hinzu kommen die schleimlösenden und hustenstillenden Wirkungen von Inhaltsstoffen wie Anisaldehyd und Anisketon. Gemahlen wird Anis für leckere Plätzchen, Pfeffernüsse und Springerle verwendet.

Ein unerlässlicher Begleiter durch den Winter sind Gewürznelken. Sie sind die Blütenknospen eines über zehn Meter hohen, exotischen Baumes und schon seit dem Mittelalter als wirksame Arznei bekannt. Sie geben nicht nur Glühwein und Gebäck ihren typischen Geschmack, sie helfen ebenso, den festtäglichen Rotkohl zu verdauen. Nelken sorgen nämlich durch die starke Konzentration von Eugenol für die Freisetzung des Botenstoffes Serotonin, der uns glücklich macht und stimulierend auf die Darmmotorik wirkt, so dass die Verdauung gefördert wird. Das Ganze funktioniert interessanterweise dank des Nelkenduftrezeptors aus der Nase, den man auch im Darm findet.

Das antibakterielle, schmerzstillende und entzündungshemmende Eugenol wird gegen viele Infektionen und Mykosen erfolgreich eingesetzt. Zahnschmerzen lassen sich gleichfalls durch eine Nelke im Mund mit Eugenol betäuben. Unschlagbar sind Nelken beim Gehalt an Antioxidanzien. Sie schützen unsere Zellen, beugen dem Alterungsprozess vor und stärken die Abwehrkräfte. Die Nelke gilt als bester Radikalfänger unter den Gewürzen.

Das Geheimnis des Lebkuchens

In Zimtsternen stecken die ätherischen Öle aus der Zimtrinde, die schädliche Keime besonders wirksam abtöten. Gleichzeitig geht das Zimtaldehyd unter die Haut: Es spricht die Wärmerezeptoren des Nervus trigeminus an, so dass uns ganz warm ums Herz wird. Aber Achtung: Die Zimtplätzchen nicht zu heiß backen, sonst entsteht Acrylamid. Und auch nicht übermäßig davon essen, denn der Aromastoff Cumarin kann schlecht für die Leber sein. Besonders viel Cumarin steckt im günstigeren Cassia-Zimt, während Zimt aus Ceylon nur geringe Mengen enthält.

Hilfreich für Leber und Galle sind dagegen die ätherischen Öle und die pfefferähnlichen Moleküle des Kardamom – unverzichtbar für Spekulatius und den weihnachtlichen Lebkuchen. In England heißt er Gingerbread, denn Kardamom gehört zur Familie der Ingwergewächse. Er ist eines der ältesten Gewürze, die wir kennen. Kardamom kommt in Kapseln, die das Aroma der Samen schützen. Die ayurvedische Medizin benutzt Kardamom, um die Verdauung zu fördern und das Lebensfeuer zu entfachen.

Die vom Ingwer stammenden Aromen erzeugen Schärfe und Hitze. Ingwer ist gleichzeitig ein sehr wirkungsvolles und in Asien weit verbreitetes Mittel gegen Übelkeit. Sein Inhaltsstoff Gingerol blockiert nämlich einen Rezeptor, der für die meisten Formen von Übelkeit verantwortlich ist. Wer also zu viel Plätzchen gegessen hat, sollte womöglich zum selbst gemachten Ingwertee greifen: Einfach den Ingwer klein schneiden und mit kochendem Wasser aufgießen. So hilft Ingwer auch gegen winterliche Erkältungen!

Die heilenden drei Könige

Süßlich, warm, verlockend und unwiderstehlich ist der Geruch der Vanille. Beim Genuss der Vanillekipferl oder Vanilleeis geraten die meisten Menschen in Verzückung, denn sie erinnern sich an den Genuss der Muttermilch und vieler zuckriger Kindheitsfreuden. Vanille hebt die Laune, reduziert den Weihnachtsstress, macht glücklich und regt dazu noch die Verdauung an.

Was Weihrauch und Myrrhe angeht: Sie gehören zu den ältesten bekannten Heilmitteln und waren daher zu Zeiten von Jesu Geburt bereits wertvolle Geschenke. Die Hauptinhaltsstoffe der berühmten ägyptischen »Kyphi« wurden gegen Mundgeruch gekaut und zur spirituellen Verzückung inhaliert. Die Myrrhe hat außerdem einen desinfizierenden und wundheilenden Effekt, ihre Bitterstoffe beruhigen den Darm.

Über das Harz des Weihrauchs weiß man inzwischen, dass es entzündungshemmende Substanzen, die so genannten Boswelliasäuren, enthält, die weniger Nebenwirkungen haben als Corticoide. Weihrauchöl wird erfolgreich gegen Gelenkbeschwerden und Verstauchungen benutzt. Nicht zu unterschätzen ist natürlich die beliebte Wirkung des Weihrauchs beim weihnachtlichen Gottesdienst: Hier werden ebenfalls Erinnerung an ferne Kinderzeiten wach – wenn auch womöglich etwas vernebelt.

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