Artenschutz: Die ewige Blockade
34 000 tote Wale: So viele Meeressäuger sollen mindestens seit 1986 von Walfängern erlegt worden sein – trotz des damals erlassenen Moratoriums, das die kommerzielle Jagd auf Blau-, Finn-, Buckel- und Grauwal und die anderen Arten auf null reduzieren sollte. Doch das Abkommen wird von einigen Staaten – allen voran Japan, Island und Norwegen – unterlaufen oder erst gar nicht anerkannt, weshalb zum Beispiel Japan jedes Jahr mehrere hundert Wale angeblich zu Forschungszwecken erlegt.
Ein Verhalten, das viele Naturschützer, aber auch Politiker aus den USA, Deutschland oder Australien erzürnt und bei den Gralshütern des Moratoriums, der Internationalen Walfangkommission (IWC), zu Verstimmungen und blockierten Verhandlungen führt. Das ließ sich auch jetzt wieder gut auf der IWC-Tagung im marokkanischen Agadir gut beobachten, auf der zum ersten Mal seit Jahrzehnten die starren Fronten zwischen Gegnern des Walfangs und Befürwortern aufgebrochen werden sollten. Eine kleine Gruppe von Kernländern (darunter die Bundesrepublik) hatte ein Kompromisspapier ausgearbeitet, das die Jagd nach festen Quoten und auf bestimmte Arten neuerlich erlaubt hätte. Auf der anderen Seite sollten endlich alle Schlupflöcher geschlossen werden, die zum Missbrauch einluden.
Vielen Gegnern der Vereinbarung gingen jedoch die Zugeständnisse ohne entsprechende Gegenleistungen zu weit: Weder wurde im Vorschlag ein striktes Walschutzgebiet im Südpolarmeer – letzte Hochburg einiger Arten – eingefordert noch angedeutet, was nach den vereinbarten zehn Jahren passieren sollte. Während die Walschützer darauf drängen, dass die Jagd dann endgültig eingestellt wird, beharrten Japaner und Isländer darauf, weiterzumachen. Zudem sollten auch Quoten für Finn- und Minkwale festgelegt werden, die beide jedoch weiterhin im Bestand gefährdet sind. Dieser Widerstand torpedierte den vorab ausgehandelten Plan; auch Deutschland musste unter dem Druck der Öffentlichkeit umschwenken.
Wie kann es die Staatengemeinschaft zulassen, dass selbst sehr seltene Walarten im Namen einer mehr als fragwürdigen Wissenschaft und Tradition getötet werden? Von den ursprünglich 400 000 Südlichen Finnwalen sind heute nur 15 000 übrig, der Bestand des Grönlandwals schrumpfte von mindestens 50 000 Tieren auf maximal 8000, die überwiegend im Nordpazifik leben, während sie im Atlantik fast völlig verschwunden sind. Dennoch werden beide erlegt. Erst vor wenigen Tagen wurde publik, dass das Fleisch von Grönlandwalen mitnichten nur der Selbstversorgung der lokalen Inuit dient (was erlaubt ist), sondern auch in großem Stil in Supermärkten und Hotels verkauft wird (was verboten ist). In Agadir wollte Grönland sich nun weitere Abschüsse, etwa von Buckelwalen, genehmigen lassen.
Warum schiebt der IWC der momentan wieder aufflammenden Kommerzialisierung der Wale keinen Riegel vor? Da das Fleisch selbst in den aktiven Walfangnationen nicht genügend Abnehmer findet, sollen neue Produkte her. Norwegen möchte Walöl für Arzneien, Nahrungsergänzungsmittel und Tierfutter verwenden, Island Walmehl an Farmfische und Nutztiere verfüttern. Und Japan lässt sich Patente sichern, die Walmaterial in Produkten wie Golfbällen, Haarfärbe- und Reinigungsmitteln, Süßigkeiten oder Kraftstoffen beinhaltet. Vielleicht nicht ohne Grund fürchten Walschützer eine Rohstoffjagd wie von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis nach dem Zweiten Weltkrieg, die die Tiere bis an den Rand der Ausrottung gebracht hat.
All dies sind Argumente, die Tätigkeit des IWC einzustellen und seine Kompetenzen beispielsweise auf die CITES-Gemeinschaft zu übertragen, die den Handel mit gefährdeten Tieren sowie deren Produkten regelt und im Zweifel verbietet. Auch dort kommt es immer wieder zu faulen Kompromissen, und Artenschützer müssen Niederlagen hinnehmen. Für die am IWC beteiligten Staaten wäre es jedoch ein – vielleicht befreiender – Neuanfang unter einem ehrlicheren Namen. Denn CITES regelt (oder untersagt) explizit den Handel von seltenen Arten, während der IWC unter dem Titel Internationale Walfang(!)kommission mehr schlecht als recht versucht, die Meeressäuger zu schützen. Doch auch zu dieser Lösung wird es nicht kommen: Eine Mehrheit dafür ist vorerst utopisch – zu sehr gefällt man sich in der Blockadehaltung und hofft auf die Zukunft.
Ein Verhalten, das viele Naturschützer, aber auch Politiker aus den USA, Deutschland oder Australien erzürnt und bei den Gralshütern des Moratoriums, der Internationalen Walfangkommission (IWC), zu Verstimmungen und blockierten Verhandlungen führt. Das ließ sich auch jetzt wieder gut auf der IWC-Tagung im marokkanischen Agadir gut beobachten, auf der zum ersten Mal seit Jahrzehnten die starren Fronten zwischen Gegnern des Walfangs und Befürwortern aufgebrochen werden sollten. Eine kleine Gruppe von Kernländern (darunter die Bundesrepublik) hatte ein Kompromisspapier ausgearbeitet, das die Jagd nach festen Quoten und auf bestimmte Arten neuerlich erlaubt hätte. Auf der anderen Seite sollten endlich alle Schlupflöcher geschlossen werden, die zum Missbrauch einluden.
Das Fleisch der von Japan zu "wissenschaftlichen" Zwecken harpunierten Tiere endete nur zu oft in Restaurants und Supermärkten – darunter stark bedrohte Spezies wie der Blauwal, von dem nur noch wenige tausend Tiere durch die Weltmeere schwimmen. Pünktlich zu Beginn der IWC-Konferenz verließen denn auch japanische Walfänger ihre Heimathäfen, um im Nordpazifik ihrem Geschäft nachzugehen. Nicht einmal Schutzgebiete sind vor ihren Nachstellungen sicher, weshalb Australien Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eingereicht hat. All dies sollte der Kompromiss überflüssig machen: Als Gegenleistung für die auf zehn Jahre festgelegten Quoten hätten Norwegen, Island und Japan ihre Jagdstrecken reduzieren müssen.
Vielen Gegnern der Vereinbarung gingen jedoch die Zugeständnisse ohne entsprechende Gegenleistungen zu weit: Weder wurde im Vorschlag ein striktes Walschutzgebiet im Südpolarmeer – letzte Hochburg einiger Arten – eingefordert noch angedeutet, was nach den vereinbarten zehn Jahren passieren sollte. Während die Walschützer darauf drängen, dass die Jagd dann endgültig eingestellt wird, beharrten Japaner und Isländer darauf, weiterzumachen. Zudem sollten auch Quoten für Finn- und Minkwale festgelegt werden, die beide jedoch weiterhin im Bestand gefährdet sind. Dieser Widerstand torpedierte den vorab ausgehandelten Plan; auch Deutschland musste unter dem Druck der Öffentlichkeit umschwenken.
Damit hat der IWC wieder eine Chance vertan, seine Blockade aufzulösen, 42 Fangbefürwortern stehen 46 Gegner gegenüber: Die Kommission stellt sich selbst immer weiter in Frage. Denn was nützt ein Moratorium, wenn es von wichtigen Staaten unterlaufen wird? Sanktionen drohen bei Zuwiderhandlungen nicht. Japan muss nicht einmal mit Konsequenzen rechnen, wenn es Delegierte mittels milder Gaben beeinflusst: Kurz vor der Tagung wurde enthüllt, dass sich der Konferenzleiter Anthony Liverpool die Reise nach Marokko und die Hotelkosten bezahlen ließ. Mit hohen Entwicklungshilfezuschüssen sichert sich das Land zudem die Gunst von Seefahrernationen wie der Mongolei, die auf der Tagung regelmäßig für eine Aufhebung des Moratoriums votieren.
Wie kann es die Staatengemeinschaft zulassen, dass selbst sehr seltene Walarten im Namen einer mehr als fragwürdigen Wissenschaft und Tradition getötet werden? Von den ursprünglich 400 000 Südlichen Finnwalen sind heute nur 15 000 übrig, der Bestand des Grönlandwals schrumpfte von mindestens 50 000 Tieren auf maximal 8000, die überwiegend im Nordpazifik leben, während sie im Atlantik fast völlig verschwunden sind. Dennoch werden beide erlegt. Erst vor wenigen Tagen wurde publik, dass das Fleisch von Grönlandwalen mitnichten nur der Selbstversorgung der lokalen Inuit dient (was erlaubt ist), sondern auch in großem Stil in Supermärkten und Hotels verkauft wird (was verboten ist). In Agadir wollte Grönland sich nun weitere Abschüsse, etwa von Buckelwalen, genehmigen lassen.
Warum schiebt der IWC der momentan wieder aufflammenden Kommerzialisierung der Wale keinen Riegel vor? Da das Fleisch selbst in den aktiven Walfangnationen nicht genügend Abnehmer findet, sollen neue Produkte her. Norwegen möchte Walöl für Arzneien, Nahrungsergänzungsmittel und Tierfutter verwenden, Island Walmehl an Farmfische und Nutztiere verfüttern. Und Japan lässt sich Patente sichern, die Walmaterial in Produkten wie Golfbällen, Haarfärbe- und Reinigungsmitteln, Süßigkeiten oder Kraftstoffen beinhaltet. Vielleicht nicht ohne Grund fürchten Walschützer eine Rohstoffjagd wie von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis nach dem Zweiten Weltkrieg, die die Tiere bis an den Rand der Ausrottung gebracht hat.
Und warum kümmert sich die Kommission nicht endlich um all die anderen Probleme, die den Meeressäugern das Leben schwer machen? Jedes Jahr sterben tausende Wale und Delfine in Schleppnetzen, sie leiden unter zunehmendem Lärm im Wasser und Giften, die sich in ihrem Körper anreichern – mehr als momentan unter den Harpunen.
All dies sind Argumente, die Tätigkeit des IWC einzustellen und seine Kompetenzen beispielsweise auf die CITES-Gemeinschaft zu übertragen, die den Handel mit gefährdeten Tieren sowie deren Produkten regelt und im Zweifel verbietet. Auch dort kommt es immer wieder zu faulen Kompromissen, und Artenschützer müssen Niederlagen hinnehmen. Für die am IWC beteiligten Staaten wäre es jedoch ein – vielleicht befreiender – Neuanfang unter einem ehrlicheren Namen. Denn CITES regelt (oder untersagt) explizit den Handel von seltenen Arten, während der IWC unter dem Titel Internationale Walfang(!)kommission mehr schlecht als recht versucht, die Meeressäuger zu schützen. Doch auch zu dieser Lösung wird es nicht kommen: Eine Mehrheit dafür ist vorerst utopisch – zu sehr gefällt man sich in der Blockadehaltung und hofft auf die Zukunft.
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