Freistetters Formelwelt: Wer hoch steigt, kann auch tief fallen
Wer ängstlich in ein Flugzeug steigt, wird von Mitreisenden oft mit dem nicht wirklich hilfreichen Spruch »Keine Sorge, runter kommen sie alle« beglückt. Und es stimmt ja auch, dass ein Flugzeug so oder so den Erdboden erreicht. Idealerweise tut es das kontrolliert und nicht im freien Fall. Obwohl: Wenn man physikalisch exakt sein möchte, dann stürzt ein Flugzeug auch im freien Fall nicht ab. Denn dieser Begriff ist für die Bewegung eines Körpers reserviert, der sich ausschließlich unter dem Einfluss der Schwerkraft bewegt. Das macht ein abstürzendes Flugzeug zwar vorrangig auch – doch tatsächlich wirkt nicht nur die Anziehungskraft der Erde, sondern ebenfalls der Luftwiderstand. Und das erschwert die mathematische Berechnung ein wenig.
Wenn außer der Schwerkraft nichts anderes wirkt, dann nimmt die Geschwindigkeit eines frei fallenden Körpers sekündlich um 9,81 Meter pro Sekunde zu. Das ist der Wert der Fallbeschleunigung im Schwerefeld der Erde. Nach einer Sekunde fällt der Körper also mit knapp 36 Kilometern pro Stunde, nach zwei Sekunden sind es fast 71 Kilometer pro Stunde und nach 60 Sekunden würde man schon mit über 2000 Kilometern pro Stunde nach unten fallen – sofern man innerhalb dieser Zeit nicht schon längst am Erdboden angekommen (oder besser: eingeschlagen) ist. In Wirklichkeit fällt man allerdings nie so schnell zur Erde. Die reale Geschwindigkeit lässt sich nach dieser Formel berechnen:
Hier taucht neben der Fallbeschleunigung g auch die Endgeschwindigkeit vE auf. Sie berechnet sich aus der Wurzel von (m·g⁄k), wobei m die Masse des fallenden Körpers ist und k der Reibungskoeffizient der Luft. Die Tatsache, dass es eine Endgeschwindigkeit gibt, legt nahe, dass sich die Geschwindigkeit beim Fallen nicht beliebig erhöhen kann. Zeichnet man v in Abhängigkeit der Fallzeit t in einem Diagramm auf, sieht man, dass sich die Kurve asymptotisch dem Wert vE nähert.
Alle Folgen seiner wöchentlichen Kolumne, die immer sonntags erscheint, finden Sie hier.
Auch diese Formel ist natürlich bloß eine Annäherung an die Realität. Die Luft ist nicht überall gleich dicht und der Reibungskoeffizient hängt noch von den Eigenschaften des fallenden Körpers ab, zum Beispiel von seinem Querschnitt. Das ist auch der Grund, warum man mit einem Fallschirm deutlich langsamer fällt als ohne – und warum wir ab und zu Sternschnuppen zu sehen kriegen.
Die Entstehung von Sternschnuppen
Kleine Gesteinsbrocken, die aus dem luftleeren Weltall auf die Erde fallen, nähern sich den äußeren Schichten der Atmosphäre mit typischen Geschwindigkeiten von 10 bis 30 Kilometern pro Sekunde. Ab einer Höhe von ungefähr 80 Kilometern ist der Luftwiderstand groß genug, um sie merklich zu verlangsamen. Sie werden innerhalb kurzer Zeit stark abgebremst und sind dabei enormen Kräften ausgesetzt. Das führt dazu, dass sie je nach Beschaffenheit mehr oder weniger schnell auseinanderbrechen. Zudem sorgt die große Reibung mit den Luftmolekülen dafür, dass diese ionisiert werden und kurzfristig leuchten. Das können wir vom Erdboden aus als Sternschnuppe wahrnehmen – und mit etwas Glück findet man nach größeren Leuchterscheinungen sogar Bruchstücke des Objekts.
Diese Meteoriten sind übrigens nicht zwingend glühend heiß, wie es oft in Filmen dargestellt wird. Eben weil sie schon hoch oben abgebremst werden, durchqueren sie den Rest der Atmosphäre relativ langsam. Dann leuchtet auch nichts mehr, außerdem sind das Weltall und die oberen Luftschichten ziemlich kalt. Sieht man von reinen Eisenmeteoriten ab, sind Meteoriten keine guten Wärmeleiter. Ihre äußeren Schichten werden durch die Reibung mit der Luft zwar stark erhitzt, aber ins Innere dringt kaum Wärme vor. Wer also irgendwo ein qualmendes Stück Gestein herumliegen sieht, sollte lieber die Feuerwehr rufen, anstatt die nächste Sternwarte zu informieren.
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen