Feuermanagement: Elefanten nach Australien?!
Vor drei Jahren brannte Australien: Ein riesiger Feuersturm verzehrte am 7. Februar 2009, dem so genannten Schwarzen Samstag, mehr als 400 000 Hektar Land. Mindestens 173 Menschen starben, als sie vor den Flammen flohen, Schutz suchten oder ihre Häuser retten wollten.
Diese Feuersbrunst war ungewöhnlich heftig, Buschbrände gehören jedoch prinzipiell zu den Schrecken Australiens. Die Natur des Kontinents ist extrem feueranfällig, mit einem sehr markanten zeitlichen und räumlichen Muster: Die Feuersaison beginnt im Winter im Norden und bewegt sich dann zum Sommer hin nach Süden. In jüngster Zeit wurden die Brände allerdings intensiver und ausgedehnter, was womöglich mit dem Klimawandel zusammenhängt – letztes Jahr verbrannten rund fünf Prozent des Landes.
Doch Feuer sind nicht die einzige ökologische Sorge Australiens: Der Kontinent wird auch von invasiven Arten überrannt. Die eingeschleppten Spezies füllen teilweise Nischen, die durch ein Massenaussterben vor 50 000 Jahren während des Pleistozäns entstanden sind. Parallel zur Ankunft der ersten Menschen in Australien kollabierte die örtliche Megafauna, die aus riesigen Beuteltieren (manche ähnlich groß wie Nilpferde), Reptilien und Vögeln bestand. Die genauen Gründe für ihren Untergang liegen noch im Verborgenen; die Lücken im Nahrungsnetz wurden anschließend jedenfalls durch Schweine, Ziegen, Rinder, Pferde, Esel, Dromedare, Büffel und Rehwild besetzt. Sie gestalten mittlerweile ganze Ökosysteme um, was ebenfalls eingeschleppte fremde Pflanzen – beispielsweise extrem konkurrenzstarke Gräser – zusätzlich verstärken.
Bislang reagierten die Verantwortlichen in Australien und in ähnlich geplagten Regionen mit millionenschweren, aber wenig systematischen Kontrollprogrammen darauf, die immer nur eines der Probleme angingen. Australier haben beispielsweise versucht, verwilderten Büffeln Radiosender um den Hals zu legen, denen sie dann mit dem Helikopter zurück zur Herde folgten, um diese zu töten. Diese Ansätze kosten viel Geld und sind völlig ineffizient – auf jeden Büffel, den die Jäger erlegen, kommt ein neu geborenes Kalb.
Ich vertrete hingegen den Standpunkt, dass ein ganzheitlicher Ansatz Australiens ökologische Probleme eher in den Griff bekäme. Insbesondere müssen wir die Nahrungsnetze wieder stabilisieren – die wegen der pleistozänen Aussterbewelle aus dem Takt geraten sind –, den Verlust der typischen fleckenhaften Feuernutzung der Aborigines zur Jagd rückgängig machen und hierfür auch die Freisetzung fremder Tier- und Pflanzenarten angehen. Wir müssen tatsächlich auch Fleischfresser auswildern, die verwilderte Haustiere unter Kontrolle halten. Zugleich müssen wir Pflanzenfresser einbringen, die feuerfördernde Gräser abweiden – und die wir dann selbst mit Hilfe kleiner Feuer als eine Art "Über-Pflanzenkonsumenten" im Zaum halten können.
Ich gestehe, dass dies ein radikaler Denkansatz ist: Wir müssen die verschiedenen Optionen genau abwägen. Als Erstes sollten wir damit aufhören, die Dingos zu vergiften, was ihre Sozialstruktur zerstört. Studien legen nahe, dass im Rudel jagende Dingos als Spitzenräuber kleinere Beutegreifer wie die eingeschleppten Füchse erlegen. Mehr Dingos würden also vielleicht dazu beitragen, die Bestände weiterer fremder Arten zu kontrollieren, etwa von Schweinen. Alternativ könnten wir Raubtiere wie den Komodowaran einführen, der die Nische der Riesenechsen füllen würde, die früher in Australien prosperierten.
Diese Raubtiere stellen aber natürlich auch eine Gefahr für Menschen und Nutztiere dar. Deshalb erscheint es realistischer, Aboriginejäger anzustellen, um invasive Arten zu dezimieren. Diese könnten zudem ihr traditionelles, fleckenartiges Feuermanagement wieder einführen. Tatsächlich zeigen bereits vorhandene Ranger-Programme Erfolge, die es Aborigines erlauben, zu ihren Wurzeln zurückzukehren – etwa die Büffeljagd oder die Verwaltung natürlicher Ressourcen: Sie verbessern die sozialen und gesundheitlichen Bedingungen für diese benachteiligte Gruppe der australischen Gesellschaft.
Einer der wichtigsten Treibsätze für Savannenfeuer in Nordaustralien ist das riesige, invasive Gamba-Gras aus Afrika. Es ist zu groß für einheimische Pflanzenfresser wie Kängurus oder für Rinder und Büffel, die größten der verwilderten Neuankömmlinge. Gleichzeitig bildet es jedoch eine optimale Nahrung für Elefanten und Nashörner. Auf den ersten Blick erscheint die Auswilderung von Elefanten in Australien natürlich absurd, die einzigen anderen praktikablen Methoden zur Kontrolle des Gamba-Grases wären jedoch Pestizide oder mechanisches Entfernen – beides würde den Lebensraum zerstören. Große Pflanzenfresser wären daher am Ende sinnvoller und kostengünstiger. Außerdem ließen sich dadurch Arten schützen, die in ihrer natürlichen Heimat durch Wilderei schwer bedroht werden. Auch andernorts hat man diesen Ansatz bereits in Erwägung gezogen: Wissenschaftler hatten bereits vorgeschlagen, dass Elefanten nach Nordamerika zurückkehren, um die Ökosysteme des Kontinents wieder in einen Urzustand vor dem Auftauchen des Menschen zurückzuversetzen.
Natürlich verbinden sich erhebliche Risiken mit meinen Vorschlägen. Man muss mit größter Vorsicht vorgehen und mit begleitenden Studien mögliche Folgen überwachen. Die größte Herausforderung wäre es, die Pflanzenfresserbestände ausgewogen zu halten, so dass nicht plötzlich sie die Ökosysteme degradieren. Hierfür böten sich Managementmethoden an, wie sie Wildparks bereits praktizieren: Zäune, beschränkter Zugang zu Wasser und Nahrung, eingeschränkte Fortpflanzung und Bejagung.
Selbstverständlich löst es nicht alle ökologischen Probleme Australiens, wenn wir große Säugetiere hier frei lassen. Mir ist sehr bewusst, dass mein Vorschlag auch dazu genutzt werden könnte, die kommerzielle Viehweide in empfindlichen Ökosystemen zu rechtfertigen, worüber seit Langem debattiert wird. Die gängigen Lösungsansätze für unsere Umweltprobleme führen allerdings nicht zum Ziel. Deshalb müssen alle Optionen auf den Tisch – damit wir sie offen und ehrlich prüfen können.
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