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Hirschhausens Hirnschmalz: Freudlose Komiker

Eckart von Hirschhausen

Was ist Ihr Lieblingswitz? Okay, ich erzähl Ihnen einen. "Kommt ein Dalmatiner im Kaufhaus an die Kasse. Fragt die Kassiererin: Sammeln Sie Punkte?"

Ich mag ihn. Kurz. Absurd. Nachhaltig. Pflicht erfüllt. Denn das Leid eines Komikers besteht darin, zwischen Beruf und Privatleben schlecht trennen zu können. Selten wird ein Handwerker abends in der Kneipe aufgefordert: "Mensch, du bist Maurer? Irre, zeig doch mal! Hier, mach mal ne Wand!" Passiert nicht. Von einem Kabarettisten dagegen wird überall und ständig erwartet, andere zu amüsieren. Das geht sogar so weit, dass sich Leute im Zug enttäuscht abwenden, wenn man in Ruhe diese Kolumne verfassen will. "Sie sind ja gar nicht so lustig, wie ich dachte."

Um ehrlich zu sein, sind die meisten Bühnenkomiker privat nicht so wahnsinnig anregend, wie man erwarten könnte – im Gegenteil! Ich will keine Namen nennen, aber auf jeder Betriebsfeier ist die Stimmung ausgelassener als im Backstage-Bereich einer Fernsehaufzeichnung mit lauter vermeintlich fröhlichen Gesellen. Nun ist endlich eine Studie erschienen, die meinen lange gehegten Verdacht erhärtet: Komiker sind anders.

Schon zuvor hatten Befragungen ergeben, dass kreative Zeitgenossen eher Persönlichkeitsmerkmale aufweisen, die Forscher etwas zurückhaltend als "schizotyp" bezeichnen. Will heißen: Sie haben Ähnlichkeiten zu Menschen mit Psychosen und Schizophrenie. Sind also auch Komiker irgendwie schräg? Das untersuchten nun Psychologen im Mutterland des Humors, an der University of Oxford. Victoria Ando und ihre Kollegen baten rund 520 Comedians aus England, den USA und Australien, online einen Persönlichkeitstest auszufüllen. Zum Vergleich fragten sie auch eine Gruppe von Schauspielern – ebenfalls kreative, aber nicht unbedingt lustige Menschen – und über 800 "Normalos". Resultat: Auf allen psychotischen Skalen erzielten die Komiker höhere Werte als der Durchschnittsbürger, in drei der vier Kategorien offenbarten sie sogar deutlichere schizotype Züge als die Schauspieler. Comedians sind demnach nicht nur besonders impulsiv und launisch, auch die "introvertierte Anhedonie" ist bei ihnen stärker ausgeprägt. Zu Deutsch: Sie haben gern ihre Ruhe, und es fällt ihnen schwer, Freude zu empfinden. Haben Sie Woody Allen schon mal lachen gesehen?

Psychotest

Lachen Sie gerne?

  1. A) ja
  2. B) nein
  3. C) nur im Keller
  4. D) nur zuletzt

Der Volksmund weiß: Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander. Laut der Studie neigen Komiker offenbar – ebenso wie Schauspieler – stärker zu magischem Denken, sie haben öfter ungewöhnliche Wahrnehmungen und sind leichter ablenkbar. Vermutlich erlaubt ihnen aber genau diese "assoziative Lockerung", Dinge zu verknüpfen, zwischen denen andere zunächst gar keinen Zusammenhang sehen. Was ist weiß und stört beim Essen? Eine Lawine! Da denkt der Buchhalter: Ist doch unlogisch. Stimmt, ist aber lustig.

In diesem Text ist auch eine assoziative Lockerungsübung für Sie enthalten. Wissen Sie noch, dass ich behauptet habe, der Dalmatiner-Witz sei nachhaltig? Das nächste Mal, wenn Sie an einer Kasse gefragt werden "Sammeln Sie Punkte?", werden Sie nicht anders können, als ein bisschen irre zu lächeln. Leicht schizo. Genießen Sie es!

  • Quellen

Ando, V. et al.:Psychotic Traits in Comedians. In: The British Journal of Psychiatry 10.1192/bjp.bp.113.134569, 2014

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