Hirschhausens Hirnschmalz: Hab ich doch schon immer gesagt!
Krankenschwester: "Herr Doktor, der Simulant aus Zimmer 12 ist gerade gestorben." Arzt: "Jetzt übertreibt er aber wirklich!" Einer alten Medizinerweisheit zufolge stellt der Pathologe stets die besten Diagnosen, aber eben zu spät. Irren ist menschlich, und Ärzte sind auch nur Menschen. Daher gilt auch für sie: Hinterher ist man immer schlauer.
Eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt, dass Mediziner – wie wir alle – an einer verzerrten Wahrnehmung leiden, wenn es um die eigenen Leistungen geht. Zum Beispiel wurden Ärzte vor einer Katheteruntersuchung am Herzen gefragt, welche Befunde sie erwarteten und mit welcher Sicherheit sie an ihre eigene Vorhersage glaubten. Je älter und erfahrener die Ärzte waren, desto überzeugter waren sie, dass sie mit ihrem Bauchgefühl richtiglagen. Die ernüchternde Wahrheit: Es gab keinen Zusammenhang zwischen der gefühlten Sicherheit und der tatsächlichen Diagnose! Und die wenigsten lernten daraus, in Zukunft etwas bescheidener zu sein, was die Güte ihrer Vorhersagen betrifft. Im Gegenteil. Denn wir Menschen haben die starke Tendenz, in unserem Gedächtnis Geschichtsfälschung zu begehen und zu denken: "Stimmt, so oder so ähnlich hab ich das auch gemeint!"
Den Ich-hab-es-die-ganze-Zeit-gewusst-Effekt kennen Psychologen bereits seit den 1970er Jahren unter dem Namen "Rückschaufehler". Und bis heute fehlt ein gutes Gegengift. Für Heilkünstler aber birgt der mentale Selbstbetrug eine enorme Gefahr: die Selbstüberschätzung. Der große Unterschied zwischen wissenschaftlicher Medizin und esoterischem Denken ist der Umgang mit eigenen Fehlern. Das Gefühl, wirksam und gut zu sein, wird durch die Rückmeldungen der Patienten ja noch unterstützt. Denn zurück kommen immer nur die Zufriedenen.
Psychotest
Wann sind Sie schlauer?
- A) vorher
- B) hinterher
- C) immer
- D) als was?
Das ist so, wie wenn ich nach einer Bühnenshow Autogramme gebe und mir alle Zuschauer sagen, wie toll es ihnen gefallen hat. Es wäre naiv zu glauben, dass diese Hardcore-Fans repräsentativ sind! Wenn ich mich verbessern will, frage ich besser diejenigen, denen es nicht gefallen hat. Auf die Heilkunst übertragen bedeutet das: Es lohnt sich, die "stumme" Rückmeldung zu beachten. Von Patienten, die wegbleiben oder versterben, lässt sich am meisten lernen. Wenn ein Befund nicht zur vermuteten Diagnose passt, zweifelt ein geschulter Geist an der Diagnose. Die anderen zweifeln am Befund.
Ein Kumpel von mir sieht gerne überall kosmische Gesetze und dunkle Mächte walten, von der Vergabe von Parkplätzen in seiner Firma über "erfundene" Krankheiten bis hin zum Butterbrot, das immer auf die beschmierte Seite fällt. Er wollte mir nicht glauben, dass es auf die Fallhöhe ankommt, die bestimmt, wie weit sich eine Toastscheibe bis zum Aufprall drehen kann. Also butterte ich eines Abends mit großer Akribie ein Versuchsobjekt, ließ es vom Bücherregal herabfallen, und nach einer kompletten Umdrehung landete es mit der Butterseite nach oben. Triumphierend schaute ich ihn an:
"Und, was lernen wir daraus?"
"Du hast die falsche Seite beschmiert!"
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