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In Bestform: Vegane Ernährung und Sport – passt das zusammen?

»Das Ei ist für Sportler eine der besten Proteinquellen«, erklärt Ingo Froböse im Interview. Aber es geht offenbar auch ohne.
Auch mit veganer Ernährung lassen sich sportliche Höchstleistungen vollbringen

Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch oder sogar vegan. Auch viele Leistungssportler machen um tierische Produkte einen Bogen. Und das, obwohl Salat ja angeblich den Bizeps schrumpfen lässt. Ist da was dran? Oder sind vegane Sportler womöglich sogar leistungsfähiger? Der Sportwissenschaftler Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln klärt auf.

»Spektrum.de«: Kann sportliche Höchstleistungen vollbringen, wer sich vegan ernährt?

Ingo Froböse: Ja, natürlich. Es hängt nicht davon ab, welche Ernährungsweise man verfolgt. Wenn die Qualität und die Quantität der Nährstoffe, Vitalstoffe und Energie stimmen, ist es mit veganer Ernährung absolut möglich, sportliche Höchstleistungen zu vollbringen.

Ingo Froböse | Der Sportwissenschaftler leitet das Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Neben seiner Tätigkeit als Universitätsprofessor ist er Autor zahlreicher Bücher zu den Themen Gesundheit, Ernährung und Sport.

Sind vegane Athleten vielleicht sogar leistungsfähiger?

Nein, das wird zwar immer wieder behauptet, aber insgesamt ist es noch nicht gelungen, wissenschaftlich nachzuweisen, dass eine vegane Ernährung gesünder ist als eine andere, ausgewogene Ernährungsform. Daher gibt es keinen triftigen Grund, weshalb man durch eine vegane Ernährung leistungsfähiger sein sollte. Doch für viele ist Veganismus viel mehr als ein Ernährungsstil, es ist eher so etwas wie ein Lebensstil, eine Philosophie.

Sie würden Sportlern also nicht raten, sich vegan zu ernähren?

Ich empfehle schlichtweg, sich ausgewogen zu ernähren – dazu gehört es, Vielfalt zuzulassen. Das kann auch im Rahmen einer veganen Ernährung geschehen. Allerdings ist das nicht unbedingt gesünder oder macht leistungsfähiger. Es ist nur anders.

Es gibt aber doch Studien, die nahelegen, dass eine vegane Ernährung entzündungshemmend wirkt.

Ja, das stimmt. Es ist gut belegt, dass eine einseitige, fleischlastige Ernährung nachteilige Veränderungen im Organismus hervorruft. Bei Rheumatikern beispielsweise können sich dadurch Autoimmunreaktionen verstärken. Ihnen geht es deutlich besser, wenn sie auf Fleisch verzichten. Aber auch hier ist es eine Frage des richtigen Maßes. Meiner Meinung nach spricht überhaupt nichts dagegen, zwei- bis dreimal im Monat Fleisch zu essen. Dadurch werden keine Entzündungen provoziert, sondern der Körper bekommt zusätzliche, wertvolle Proteine.

Verschnaufpause

Laut einer Befragung des Marktforschungsinstituts SKOPOS aus dem Jahr 2019 leben in Deutschland rund 1,3 Millionen Menschen vegan, das entspricht etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung. Bei der letzten bundesweiten Erhebung von 2008 gab es noch weniger als 80 000 Veganer. Der Handel hat sich bereits an den Trend angepasst: Pflanzliche Alternativen finden sich heute in jedem Supermarkt. 75 Prozent der heutigen Veganer waren zunächst Vegetarier. Insgesamt verzichten etwa zehn Prozent der deutschen Bevölkerung auf Wurst und Fleisch. Komplett ohne tierische Produkte, also auch ohne Eier und Milchprodukte auszukommen, bedeutet für viele – trotz Alternativen – eine große Umstellung. Als wichtigstes Motiv nennen rund 60 Prozent der Veganer den Tierschutz. Die eigene Gesundheit steht nur für etwa acht Prozent an erster Stelle. Der Umfrage zufolge sind Veganer aber sportlich aktiver und fühlen sich körperlich und geistig fitter als Nichtveganer.

Worauf müssen Menschen achten, die sich vegan ernähren und viel Sport treiben?

Im Wesentlichen sind das zwei Dinge: zum einen, dass sie genügend Vitamin B12 bekommen. Das geht mit Fleisch wesentlich leichter als mit Gemüse. Zum anderen bereitet die Proteinzufuhr Veganern häufig Probleme. Man geht davon aus, dass ein Spitzensportler etwa zwei Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht am Tag benötigt. Ein 80-Kilogramm-Mann müsste also täglich 160 Gramm reines Eiweiß zu sich nehmen. Das allein über Hülsenfrüchte zu beziehen, ist extrem schwierig, denn sie bestehen nur zu etwa 25 Prozent aus Proteinen. Der Mann müsste also riesige Linsen- oder Kichererbsenberge essen, um seinen Bedarf zu decken.

Was sollte er also essen?

Tofu- oder Sojaprodukte sind eine gute Eiweißquelle. Auch bei der Proteinzufuhr ist es jedoch wichtig, auf Vielfalt zu achten: Insgesamt acht Aminosäuren kann der Körper nicht selbst herstellen, sondern muss sie über die Nahrung aufnehmen. Eine biologisch hochwertige Mahlzeit enthält alle acht essenziellen Aminosäuren. Das ist ohne tierische Lebensmittel nicht ganz einfach.

Aber es geht?

Ja. Ich setze zum Beispiel auf Getreideprodukte wie Amaranth, Quinoa oder Weizenkeime und Tofuprodukte. Damit kommt man schon hin. Eine ausgewogene vegane Ernährung ist halt etwas anstrengender, und man muss das Thema Essen – gerade als Sportler – wesentlich bewusster angehen. Für Vegetarier wären auch Eier eine Alternative. Das ist für Sportler eine der besten Proteinquellen.

Was sollten Sportler in Sachen Ernährung sonst noch beachten?

Den Zeitpunkt des Essens – also: Wann brauche ich was? Wir haben tagsüber einen Energiestoffwechsel und nachts einen Baustoffwechsel. Morgens energiegeladen, mittags nährstoffreich und abends eiweißreich – das ist meiner Meinung nach die richtige Ernährungsstrategie für Sportler. Man startet mit der Energie, die man für sein Training braucht, in den Tag. Mittags tankt man nach und versorgt seinen Körper mit den nötigen Vitaminen, Spurenelementen und Mineralien. Am Abend, nach getaner Arbeit, gilt es, den Proteinbedarf zu decken, damit in der Nacht Regenerations- und Reparaturprozesse ablaufen können.

Was essen Sie denn so?

Ich mache mir eigentlich keine Gedanken, ob ich Vegetarier, Veganer oder Fleischesser bin. Ich verzichte nicht komplett auf Fleisch, aber esse es selten. Fisch etwas häufiger. Doch es gibt auch Tage, an denen ich mich komplett vegan ernähre – denn es schmeckt mir einfach.

Von Sportler zu Sportler

»Ich bin Flexitarier, wie man wohl heutzutage sagen würde«, sagt Ingo Froböse. »Das bedeutet, ich esse überwiegend vegetarisch, aber hin und wieder auch Fleisch oder Fisch. Essen ist mehr als eine Notwendigkeit, es bedeutet auch Kultur und Genuss. Ich treibe nicht Sport, um schlecht zu essen. Für schlechtes Essen gebe ich auch kein Geld aus. Meine Leitlinie: Essen und Trimmen, beides muss stimmen. Man sollte daher nicht nur an einer Schraube drehen. Ich selbst treibe sechsmal die Woche Sport, gehe laufen oder fahre Rennrad. Außerdem mache ich jeden Tag Muskeltraining – und zwar ausschließlich mit dem eigenen Körpergewicht. Aber ich treibe Sport niemals nur, um Kalorien zu verbrennen. Es muss auch Spaß machen.«

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