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Hirschhausens Hirnschmalz: Jeder Jeck ist anders - zum Glück!

Eckart von Hirschhausen

Mal ganz unter uns: Dort, wo Sie arbeiten, sind Sie doch der einzig vernünftige Mensch, oder? "Jeder Jeck ist anders", heißt es in Köln. "Diversity" sagt man dazu im modernen Personalwesen. Und im täglichen Miteinander bedeutet das: "Ich arbeite in einem Irrenhaus." Ein gleichnamiges Buch steht seit Monaten in den Bestsellerlisten, offenbar spricht es also vielen Angestellten aus dem Herzen. Zeit, dass sich die Wissenschaft des Themas annimmt!

Im "Journal of Social Psychology" erörterten jüngst Gergana Markova und Robert Folger die Vorteile von "deviant coworkers" oder – wie wir das früher genannt haben – jener Kollegen, die "anders sind als die anderen". Erstes Ergebnis: Regelbrecher, die nicht so recht in das soziale Gefüge passen, sind die Regel, nicht die Ausnahme. Es gibt sie in der Mehrzahl der Betriebe, und die Belegschaft ist sich meistens einig darin, wer dazu zählt. Zuweilen nennt man diese Mitarbeiter auch die "faulen Äpfel". Aber fangen nun durch sie auch alle anderen Äpfel im Korb an faul zu werden? Im Gegenteil, wie die Untersuchung zeigt! Es tut unterm Strich allen gut, wenn sich ein paar Leute nicht benehmen können. Kurioserweise machen die Abweichler dem Rest der Truppe nämlich bewusst, welche Normen und Verhaltensregeln in der Firma herrschen. Weil wir außerdem dazu neigen, unseren Selbstwert aus dem Vergleich mit anderen zu ziehen, fühlen sich viele besser, wenn sie wissen: Es gibt Kollegen, die sind noch unbeliebter als ich.

Psychotest

Wie anders sind Sie?

  1. A) ganz
  2. B) gar nicht
  3. C) die einen sagen so, die anderen so
  4. D) fragen Sie besser die anderen

Nicht untersucht wurde allerdings, was passiert, wenn der Außenseiter zum Chef wird. Aber dazu empfehle ich die TV-Serie "Stromberg" mit dem grandiosen Christoph Maria Herbst in der Rolle des Abteilungsleiters. Womit wir bei einem Kernproblem von Organisationen wären: Vorgesetzte haben die natürliche Tendenz, sich Mitarbeiter auszuwählen, die ihnen ähneln und sympathisch sind, aber nicht gefährlich wirken. Das lähmt langfristig die Entwicklung. Am Ende gibt es immer mehr von denselben Typen, die immer weniger können.

Dieses Gleichgewicht des Schreckens und der Langeweile wird höchstens durch heimliche Affären unter den Kollegen gefährdet. Wenn zwei Mitarbeiter sich lieben, stört das den Betriebsfrieden. Wenn zwei Mitarbeiter sich hassen, entspricht das den Gepflogenheiten! Moderne internationale Unternehmen mixen ihre Teams daher so bunt durcheinander, dass keiner mehr dieselbe Sprache spricht.

In meiner Schulzeit gab es den Spruch: "Jeder in der Klasse wird gebraucht – und sei es nur als abschreckendes Beispiel für die anderen." Die Sozialpsychologie scheint diese Schülerweisheit heute zu bestätigen. Erst die schrägen Typen lassen uns wissen, wie es uns gerade geht. Und auch wenn sich Parallelen erst in der Unendlichkeit des Universums schneiden, im Kosmos des Betriebs kreuzen sich meistens so viele Parallelprozesse, Organigramme und Matrix-Restrukturierungen, dass nur eins dabei rauskommt – Kleinkariertes!

Da hilft nur noch, auf den Feierabend zu hoffen. Denn wie man ebenfalls vom Kölner Karneval weiß: Egal wie bunt manche Vogel scheinen, ab zwei Promille sind wir alle wieder gleich.

  • Quellen
Markova, G., Folger, R.:Every Cloud Has a Silver Lining: Positive Effects of Deviant Coworkers. In: Journal of Social Psychology 152, S. 586–612, 2012

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