Warkus' Welt: Kann der Raum mehr als drei Dimensionen haben?
Alles, womit wir in der Realität zu tun haben, hat drei Abmessungen: Höhe, Länge und Breite (auch wenn wir bei Möbeln eher von Höhe, Breite und Tiefe reden). Bei runden Gegenständen kommen wir mit zwei Angaben aus (Länge und Durchmesser), bei Fußbällen und anderen Kugeln sogar mit nur einer. Aber spätestens, wenn wir diese Gegenstände in eine Schachtel packen wollen, stellen wir fest, dass es immer noch drei Abmessungen gibt, es sind nur eben manchmal zwei davon oder alle drei gleich.
Doch warum sind es ausgerechnet drei Abmessungen – und nicht zwei, vier, fünf oder elf?
Ein anderes Wort für Abmessung ist Dimension. Die Frage, warum Gegenstände drei Abmessungen haben, wird viel aufregender, wenn wir uns überlegen: Diese Sache mit den Abmessungen bedeutet auch, dass das, was es möglich macht, dass es überhaupt verschiedene Gegenstände gibt, die Abmessungen haben und sich an verschiedenen Orten befinden können – nämlich der Raum – auch drei Abmessungen hat. Sie ist also, anders formuliert, die Frage: Warum hat der Raum ausgerechnet drei Dimensionen, nicht mehr und nicht weniger?
Es gibt sehr handfeste Antworten, die man auf diese Frage geben kann. Viele laufen darauf hinaus, dass man durch einen Punkt nur drei rechtwinklig zueinanderstehende Ebenen legen kann, nicht mehr. Dies lässt sich auch ohne abstraktes geometrisches Denken zeigen: Der deutsche Philosoph Peter Janich (1942–2016) hat es so ausgedrückt, dass man einen Gegenstand mit undefinierter Außenform (zum Beispiel eine Kartoffel) nur dreimal hintereinander so schneiden kann, dass jeder Schnitt die Anzahl der Stücke verdoppelt und diese Stücke untereinander formgleich sind.
Andere Welten – andere Möglichkeiten?
Philosophisch wird es spätestens, wenn man sich fragt, ob das »Warum?«, das damit beantwortet ist, wirklich jenes ist, das uns interessiert. Dass wir in unserer alltäglichen Umgebung feststellen (und, wie Janich meint, mit handwerklichen Mitteln sogar streng und voraussetzungsfrei beweisen können), dass es nur drei Dimensionen gibt, meint sozusagen: Es gibt einen Weg, auf dem wir aufzeigen können, warum die Drei die richtige Zahl ist. Aber damit ist nicht beantwortet, warum die Welt so gemacht ist, dass diese Zahl ausgerechnet Drei ist.
Wäre eine ganz andere Welt möglich, in der man viermal schneiden könnte? Das »Warum« führt dann zu der Frage: Wäre eine Welt, in der unser alltäglicher Raum mehr als drei Dimensionen hat, wie eine Welt, in der ich Bananen mag (also problemlos denkbar, aber halt nicht die Realität)? Oder wäre sie wie eine Welt, in der Kreise eckig und Kinder älter als ihre leiblichen Mütter sind – unmöglich und logisch gar nicht zu denken? Ist es, philosophisch gesprochen, kontingent, dass es genau drei Dimensionen gibt, oder ist dies in allen möglichen Welten so? Hieran arbeiten sich die theoretischen Physiker und die Kosmologen mit verschiedenen, durchaus ernst zu nehmenden Ansätzen ab. Wir können nur sagen: Dass um uns herum alles dreidimensional ist, ist auf jeden Fall mehr als eine bloße zufällige Illusion, sondern ist zwangsläufig mit der Beschaffenheit der Welt, wie sie ist, verbunden.
In der Zeitdimension lässt sich eine Kartoffel nicht zerschneiden
Sie werden nun vielleicht einwenden, dass man heutzutage in den Naturwissenschaften mit einer vierdimensionalen Raumzeit operiert, dass also längst eine weitere Dimension hinzugekommen ist, die Zeit – warum dann nicht demnächst noch mehr Dimensionen? Hierauf könnte man entgegnen, dass Zeit im Alltagsleben offensichtlich anders funktioniert als die drei Abmessungen. Man kann sich einen Schrank bauen lassen, der so hoch, breit und tief ist, wie man es sich wünscht, aber man kann keinen Schrank bestellen, der eine bestimmte Dauer hat. In der Zeitdimension lässt sich auch eine Kartoffel nicht zerschneiden. (Dort, wo in der Philosophie der Streit um verschiedene Zeitkonzeptionen tobt, gibt es zwei große Parteien, die »Vierdimensionalisten« und die »Dreidimensionalisten«, die uneins darüber sind, ob Gegenstände auf der Zeitachse wenigstens theoretisch irgendwie teilbar sind.) Das Konzept, die Zeit als Dimension genau wie alle anderen auch zu betrachten, ist zwar nicht besser oder schlechter als das Konzept von Dimensionen als Abmessungen in unserer Alltagswelt, aber das eine lässt sich eben handwerklich reproduzieren, das andere hat andere Anwendungen, zum Beispiel in der theoretischen Physik.
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