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COP28: Paris-Moment verzweifelt gesucht

Selten stand eine Klimakonferenz unter so schlechten Vorzeichen. Ihr Scheitern hätte anhaltende Konsequenzen. Umgekehrt wäre ein Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ausgerechnet in Dubai ein mächtiges Signal, kommentiert Lars Fischer.
Windräder vor einem Sonnenuntergang
Ein Ausstieg aus fossilen Energien hätte – gerade in Dubai – Signalwirkung.

COP28 – war da was? Die diesjährige Klimakonferenz in Dubai scheint die kritischen Stimmen im Vorfeld zu bestätigen. Wenig Vorwärtsweisendes war bisher aus Dubai zu hören. Selbst das Lob für die Initiative, die Lebensmittelproduktion in den internationalen Klimaschutz einzubinden, ging in der Diskussion um streitbare Aussagen des diesjährigen COP28-Präsidenten Sultan Al Jaber unter. Der hatte zum Beispiel behauptet, es gebe keine wissenschaftliche Begründung für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Genau auf diesem Ausstieg ruhen nun alle Hoffnungen, einen entscheidenden Durchbruch zu erzielen – und mit einem neuen Paris-Moment die Klimakonferenzen aus ihrer bisher schwierigsten Situation zu retten.

Ob das gelingt, ist unklar. Denn der erste Entwurf des Abschlussdokuments bestätigt die Befürchtungen vieler Regierungen und NGOs: kein Aus für Kohle, Öl und Gas. Weniger Emissionen ja, aber wie das geschehen soll, da bleibt das Dokument der Konferenzleitung vage. Vom erhofften Beschluss, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen auf den Weg zu bringen, ist COP28 weit entfernt. Die größte jemals ausgerichtete Klimakonferenz droht folgenschwer zu scheitern.

Die 28. Weltklimakonferenz (COP28)

Vom 30. November bis zum 12. Dezember 2023 treffen sich die Vertreter von Regierungen, Unternehmen und NGOs in Dubai, um zum 28. Mal über den Klimaschutz zu beraten. Alle Infos zur Konferenz finden Sie in unserem Blog und auf unserer Themenseite.

Denn es gibt keinen Mittelweg: COP28 wird Signalwirkung haben, in der einen oder anderen Weise. Am Ende der Verhandlungen setzt sich entweder der Eindruck durch, dass die Widerstände zu groß, die Weltkrisen zu überwältigend sind, um den mühsamen Weg zu effektiven Klimaschutz mit dem nötigen Schwung weiterzugehen. Das wäre ein verheerendes Zeichen für zukünftige Konferenzen, denn dass die Vorzeichen bald besser werden, ist kaum zu erwarten.

Oder aber die COP28 sendet die Botschaft, dass selbst unter schwierigen Umständen und großer globaler Unsicherheit die Staatengemeinschaft entschlossen ist, den Klimawandel gemeinsam aufzuhalten – komme, was wolle. Und dieses Signal, darüber besteht Einigkeit, kann nur eins sein: der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.

Klimaschutz darf nicht nur in guten Zeiten Priorität haben

Eine solche Vereinbarung wäre ein bemerkenswerter Sieg über widrige Umstände. Während die letztjährige Klimakonferenz mit hohen Ansprüchen und Erwartungen begann, lag von Anfang an ein Schatten über COP28. Das Jahr 2023 war kein gutes für hochfliegende Zukunftspläne. Kriege und Konflikte drängten die internationale Klimapolitik ebenso aus den Schlagzeilen wie hohe Inflation und trübe wirtschaftliche Aussichten. Zudem schien ein früherer Ölmanager als Präsident nicht die geeignetste Wahl, die Konferenz zu wegweisenden Beschlüssen zu animieren, und nie zuvor waren die Interessen der Fossil-Industrien auf einer Klimakonferenz so massiv vertreten.

Andererseits ist die COP28 in Dubai genau die Art von Konferenz, die die internationale Klimadiplomatie erfolgreich bewältigen muss. Der Klimawandel und seine Folgen sind ein langfristiges Problem, doch der Lauf der Weltgeschichte macht nicht Halt für unsere Versuche, es gemeinschaftlich zu bewältigen. Wenn Fortschritte beim Klimaschutz an besonders günstige Umstände gebunden sind, dann steht es schlecht um Projekte und Zielsetzungen, die mehrere Generationen überspannen. Das bedeutet auch: Die Zukunft der internationalen Klimadiplomatie entscheidet sich in Widrigkeiten.

COP28 könnte die erste große Bewährungsprobe für die Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention werden. Dazu müsste in Dubai allerdings die logische Konsequenz aus den ambitionierten Paris-Zielen gezogen werden: ein ebenso ehrgeiziger Ausstiegsplan aus den fossilen Brennstoffen. Dass im ersten Entwurf der Abschlusserklärung davon nicht die Rede ist, überrascht niemanden. Es gilt als gesichert, dass Öl produzierende Staaten und womöglich auch der COP28-Präsident Sultan Al Jaber entsprechende Vereinbarungen verhindern wollen. Doch bis zur tatsächlichen Abschlusserklärung wird noch vieles passieren. Inzwischen haben mehrere Staaten – darunter auch Deutschland – erklärt, dass sie die vagen Formulierungen rund um fossile Brennstoffe so nicht akzeptieren.

Das Kleingedruckte wird einen neuen Paris-Moment nicht verderben

Umgekehrt wird Widerstand gegen den Ausstieg nicht nur von den klassischen Ölstaaten kommen. Andere Staaten wie Indien haben in der Vergangenheit blockiert, dass der Ausstieg aus der Kohle festgeschrieben wird, und mehrere afrikanische Staaten hoffen von großen Öl- und Gasvorkommen auf ihren Territorien zu profitieren. Doch ein offenes Scheitern der Verhandlungen will auch niemand.

Darin liegt die Chance für die Klimakonferenz. Die 2015 in Paris vereinbarten Klimaziele hatten durch ihre bloße Existenz Signalwirkung. Aus Dubai könnte trotz aller Widerstände – und auch gerade deswegen – ein vergleichbar wirkmächtiges Zeichen kommen. Potenzial für Kompromisse bietet allemal der genaue Wortlaut der Abschlusserklärung. Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen könnte vielleicht streng, vielleicht vage formuliert werden. Wenn sich aber die Weltgemeinschaft in Dubai zum Abschlussfoto aufstellt und gemeinsam erklärt, entgegen allen schlechten Vorzeichen das Ende der fossilen Brennstoffe beschlossen zu haben, dann wird sie sich diesen neuen Paris-Moment vermutlich nicht vom Kleingedruckten verderben lassen.

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