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Krebs verstehen: Wie kann ich mein Krebsrisiko senken?

Schätzungen zufolge sind die Hälfte aller Krebstodesfälle durch Lebensstilveränderungen vermeidbar. Die Ärztin Marisa Kurz gibt Tipps, wie Sie Ihr Krebsrisiko verringern können.
Eine Gruppe junger Menschen sind in einem Garten und haben Spaß beim Rauchen und Trinken
Auf Alkohol und Zigaretten weitestgehend zu verzichten, ist ein wichtiger Baustein zur Krebsprävention. Die meisten Krebspatienten sterben an Lungenkrebs, sehr häufig ausgelöst durch regelmäßiges Rauchen. Der wichtigste Risikofaktor für Krebs im Zusammenhang mit Ernährung ist übermäßiger Alkoholkonsum.

Statistisch gesehen erkrankt fast jeder zweite Mensch im Lauf seines Lebens an irgendeiner Art von Krebs. Weil man selbst betroffen ist oder eine betroffene Person kennt, geht das Thema damit alle etwas an. Gleichzeitig wissen viele Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen sehr wenig über die Erkrankung. Was passiert dabei im Körper? Warum bekommt nicht jeder Krebs? Und wie individuell läuft eine Krebstherapie eigentlich ab? Diese und weitere Fragen beantwortet die Ärztin Marisa Kurz in ihrer Kolumne »Krebs verstehen«.

Statistisch gesehen erkrankt fast jeder Zweite im Lauf seines Lebens an Krebs. Pro Jahr sind es in Deutschland etwa 500 000 Menschen. Jährlich sterben etwa 230 000 Personen in Deutschland an ihrer Krebserkrankung. Doch rund die Hälfte aller Krebstodesfälle könnte durch Lebensstilveränderungen vermieden werden, schätzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Als Ärztin in einer onkologischen Abteilung halte ich Krebsprävention für ein Thema, das leider noch zu wenig beachtet wird und mehr Aufmerksamkeit verdient. Zwar lassen sich viele Faktoren bei der Entstehung von Krebs nicht beeinflussen. Doch ich bin davon überzeugt, dass jeder sein individuelles Krebsrisiko zumindest senken kann. Wie, erkläre ich hier.

Rauchen und Passivrauchen

Krebs entwickelt sich, wenn Fehler in den Bauplan der Körperbausteine, der Zellen, geraten. Innere und äußere Faktoren sind hierfür verantwortlich. Das Positive: Manche davon lassen sich beeinflussen. Der wichtigste vermeidbare Risikofaktor für die Entstehung von Krebs ist das Rauchen. Denn Lungenkrebs ist die Krebserkrankung, an der weltweit mit Abstand die meisten Menschen sterben, und neun von zehn Lungenkrebspatientinnen und -patienten rauchen oder haben lange Zeit geraucht. Und Rauchen erhöht nicht nur das Risiko für Lungenkrebs massiv, sondern auch für andere Krebserkrankungen, etwa an Mund, Rachen, Kehlkopf, Speiseröhre, Magen, Bauchspeicheldrüse, Leber, Niere, Gebärmutterhals, Blase und Darm. Passivrauchen steigert ebenfalls das Krebsrisiko. Wer mit dem Rauchen aufhört, schützt also nicht nur sich, sondern auch andere.

Normalgewicht und Bewegung

Der nächste wichtige vermeidbare Risikofaktor für Krebs ist Übergewicht. Schon länger ist bekannt, dass es die Entstehung zahlreicher Krebserkrankungen wie etwa Darm-, Brust-, Bauchspeicheldrüsen- oder Speiseröhrenkrebs begünstigt. Neben dem so genannten Body-Mass-Index, der Körpergröße und Gewicht ins Verhältnis setzt, spielt vor allem die Fettverteilung in bestimmten Körperbereichen eine Rolle. Indem man den Taillenumfang misst, lässt sich abschätzen, wie viel Fett die Bauchorgane umgibt. Dieses Fett verursacht Entzündungsreaktionen sowie Hormon- und Stoffwechselveränderungen und trägt so zur Krebsentstehung bei.

Auch Bewegung senkt erwiesenermaßen das Risiko für zahlreiche Krebserkrankungen wie Darmkrebs oder Brustkrebs. Wie viel Bewegung genau notwendig ist, lässt sich schwer festsetzen und ist Gegenstand aktueller Forschung. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche. Klar ist: Jeder Schritt zählt.

 

Ausgewogene Ernährung und kein oder wenig Alkohol

Menschen, die sich ausgewogen ernähren, erkranken seltener an bestimmten Krebsarten. Der positive Effekt ist wohl hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass sie seltener übergewichtig sind. Wie genau bestimmte Lebensmittel das Krebsrisiko senken oder erhöhen, wird erforscht. Bekannt ist, dass der ausreichende Verzehr von Ballaststoffen die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, mindert. Darüber hinaus gibt es keine Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel, deren Konsum nachweislich das Krebsrisiko senkt. Von einigen Substanzen weiß man zwar, dass sie das Wachstum von Krebszellen unter Laborbedingungen beeinflussen können. Daraus lässt sich aber nicht schließen, ob Lebensmittel, die diese Stoffe enthalten, das auch im Körper tun oder sich für die Krebstherapie eignen. Ein Organismus verhält sich deutlich komplexer als einzelne Zellen, die unter künstlichen Bedingungen im Labor wachsen und nur einzelnen Substanzen ausgesetzt sind.

Klarer ist die Faktenlage bei Stoffen, deren Konsum schädlich ist. Alkohol ist der wichtigste ernährungsbedingte Risikofaktor für Krebs. Übermäßiger Konsum erhöht die Wahrscheinlichkeit für Darm- oder Brustkrebs oder Krebs an Mund, Kehlkopf und Speiseröhre. Abbauprodukte des Alkohols können das Erbgut von Zellen direkt schädigen. Auch kann Alkohol indirekt dazu beitragen, dass sich Krebs entwickelt: etwa, wenn eine Leberzirrhose in Leberkrebs übergeht oder Schleimhäute in der Speiseröhre durch einen von Alkoholkonsum ausgelösten Reflux von Magensäure chronisch gereizt werden.

Durch den häufigen Verzehr von verarbeitetem und rotem Fleisch steigt statistisch gesehen ebenfalls das Krebsrisiko. Auch gibt es Hinweise darauf, dass ein erhöhter Salzkonsum die Wahrscheinlichkeit von Magenkrebs begünstigt.

Hochenergetische Strahlung und bestimmte Chemikalien meiden

Vielen ist bekannt, dass zu viel UV-Strahlung zu Hautkrebs führen kann. Aus medizinischer Sicht ist es also empfehlenswert, exzessive Sonnenbäder und Solariumbesuche zu vermeiden und sich vor der Sonne mit entsprechender Kleidung zu schützen. Ebenso kann hochenergetische Strahlung aus der Umwelt wie die des Gases Radon das Krebsrisiko erhöhen. Über die Radonbelastung an Ihrem Wohnort können Sie sich beim Bundesamt für Strahlenschutz informieren. Bauliche Maßnahmen und Lüften können die Belastung in Innenräumen minimieren.

Ebenso kann der Kontakt mit bestimmten Chemikalien und Arbeitsstoffen wie Asbest, Farbstoffen und Lösungsmitteln oder Holzstaub eine Krebsentstehung begünstigen. Einige Krebserkrankungen werden sogar als Berufserkrankungen anerkannt. Wichtig ist, beim Umgang mit gesundheitsschädlichen Gefahrenstoffen Sicherheitsvorschriften zu befolgen und, falls erforderlich, eine persönliche Schutzausrüstung zu tragen.

Impfungen gegen das humane Papillom- und Hepatitis-B-Virus

Infektionen mit dem humanen Papillomvirus (HPV) können zu Krebs an Gebärmutterhals, Vagina, Penis, Anus und im Rachenbereich führen. Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an Leberkrebs zu erkranken. Beide Viren werden vor allem durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen. Es existieren gut wirksame und verträgliche Schutzimpfungen.

Ich wünsche mir, dass weniger Menschen an Krebs erkranken

Eine Garantie, nicht an Krebs zu erkranken, gibt es selbst mit der gesündesten Lebensweise nicht. In vielen Fällen ist eine Krebsentstehung dem Zufall geschuldet und auf angeborene Faktoren zurückzuführen. Jedoch lässt sich das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen senken. Was jeder für sich tun kann: 1.) nicht rauchen; 2.) Normalgewicht halten und sich regelmäßig bewegen; 3.) ausgewogen ernähren und nicht übermäßig Alkohol trinken; 4.) sich vor bestimmten Umwelteinflüssen schützen; 5.) gegen HPV und HBV impfen lassen.

Vor allem sehr häufige Krebserkrankungen wie Lungenkrebs, Brustkrebs, Darmkrebs und schwarzer Hautkrebs könnten so deutlich reduziert werden. Als Ärztin in einer onkologischen Abteilung freue ich mich über jeden Menschen, der nicht an Krebs erkrankt.

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