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Asteroidenbergbau: Lasst uns im All Rohstoffe fördern!

Eine Privatfirma plant den Abbau von Ressourcen aus Asteroiden. Richtig so, sagt der Astrophysiker Martin Elvis und fordert eine Strategieänderung der NASA: Auch die Wissenschaft würde immens profitieren.
Martin Elvis

Zwei Ereignisse der letzten Tage haben die Aussichten für die kommerzielle Raumfahrt grundlegend verändert: Zum einen dockte die privat finanzierte Dragon-Raumkapsel der Firma SpaceX erfolgreich an die Internationale Raumstation an; zum anderen verkündete das Unternehmen Planetary Resources erstmals öffentlich, im All auf Ressourcenjagd gehen zu wollen. Dabei ist sich die in Bellevue, Washington, ansässige Firma der Unterstützung einer erlesenen Auswahl finanzstarker Investoren gewiss.

Keine Frage: Gesteinsbrocken im All nach wertvollen Rohstoffen abklappern zu wollen, klingt nach einem gewagten Plan mit geringen Erfolgsaussichten. Doch lassen wir die Zweifel für einen Moment beiseite. Als Wissenschaftler, finde ich, sollte man die Idee ernst nehmen. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens würde ein solches Unternehmen die Planetenkunde zum Erblühen bringen, womöglich inklusive der Neuentdeckung exotischer Materieformen. Zweitens könnte es den Preis künftiger Raumfahrtmissionen – und damit der Weltraumforschung allgemein – dramatisch senken.

Auch Raumfahrtagenturen wie die NASA sollten aufhorchen. Denn der Asteroidenbergbau könnte ihnen zu einem gänzlich neuen Daseinszweck verhelfen. Oft wird nämlich völlig außer Acht gelassen, dass zu den offiziellen Zielen des US-Raumfahrtprogramms neben der wissenschaftlichen und strategischen Weiterentwicklung eben auch die Förderung der Wirtschaft zählt. Und der ökonomische Reiz des Asteroidenbergbaus liegt klar auf der Hand: Edelmetalle wie Gold oder Platin werden zu Preisen von rund 50 000 US-Dollar pro Kilogramm gehandelt; ein kleiner Asteroid von 200 Meter Länge mit hohem Platinanteil könnte so gut gerne seine 30 Milliarden Dollar wert sein.

Natürlich ist es mit dem bloßen Aufspüren eines solchen Himmelskörpers nicht getan, denn im All ist selbst eine Tonne Gold nichts wert: Das Material muss mit Hilfe von Robotern ausgegraben, gesammelt und zurück zur Erde verfrachtet werden. Dennoch ist die Aussicht auf diesen Profit eine mächtige Motivationshilfe.

Wertvolle Rohstoffe für die Forschung

Asteroiden spielen in einer Reihe von Forschungszweigen eine wichtige Rolle. In ihrer urtümlichsten Variante als kohlenstoffreiche, "kohlige" Asteroiden verraten sie uns viel über die kurze Phase vor viereinhalb Milliarden Jahren, als der solare Urnebel zu Planeten kondensierte. Auch liefern sie Hinweise, warum es in der Erdkruste Erze gibt, wo doch eigentlich die schweren Metalle in der noch flüssigen Erde zum Kern hätten sinken müssen. Und sie geben Aufschluss darüber, ob das Wasser der Ozeane durch Asteroiden und Kometen auf die Erde kam oder nicht.

Darüber hinaus enthalten einige Meteoriten, also zur Erde gefallene Asteroidenstücke, etliche Aminosäuren. Könnten sie den Grundstein gelegt haben für die Entwicklung des Lebens auf der frühen Erde? Die Himmelskörper könnten auch exotische Materialien enthalten wie zum Beispiel Quasikristalle mit unerwarteten oder nützlichen Eigenschaften. Am äußersten Ende der Möglichkeiten steht sogar die Entdeckung so genannter Quarknuggets: ominöser Klümpchen aus der Zeit nach dem Urknall, die als Asteroid getarnt um die Sonne kreisen, aber die Dichte von Atomkernen aufweisen.

Zwar sind auch von Asteroiden gewonnene Materialproben nützlich für die Forschung – sofern deren genaue Herkunft bekannt ist, was bei Meteoriten üblicherweise nicht der Fall ist. So muss sich die Wissenschaft bislang mit den wenigen Milligramm bescheiden, die die japanische Raumsonde Hayabusa vom Asteroiden Itokawa mitbrachte, sowie den vier Kilogramm, die durch einen glücklichen Zufall geborgen werden konnten, als der Asteroid 2008 TC3 in der Sahara aufschlug. Der Körper wurde nur 19 Stunden vor seinem Absturz im All entdeckt und in aller Eile auf seiner Flugbahn verfolgt.

An dieser mageren Ausbeute wird sich so schnell nichts ändern. Die NASA-Mission OSIRIS-REx wird, wenn alles gut geht, die ersten Proben eines kohligen Asteroiden zur Erde bringen – voraussichtlich im Jahr 2023, wobei die Menge an zurückgesandtem Material 60 Gramm kaum übersteigen dürfte. Betreiber kommerziellen Asteroidenbergbaus müssten dagegen eher im Bereich von Tonnen denken. Ein Bruchteil davon würde die Forschungsgrundlage der Planetenkundler immens erweitern.

Günstig ins All

Noch entscheidender dürfte sich der wirtschaftliche Erfolgsdruck auf die Kosten für Start und Betrieb von Raumsonden auswirken. Sie müssen um den Faktor zehn oder mehr sinken, will die Firma eine realistische Chance auf Gewinn haben. Leistungsstarke Beobachtungseinrichtungen und Planetensonden könnten plötzlich bezahlbar werden. Will man Profit machen, gilt nach wie vor, dass Zeit Geld ist. Und ein Jahr oder länger auf den Rücktransport der Erze im Orbit zu warten, käme eine Firma teuer zu stehen. Also ist damit zu rechnen, dass vorhandene Technologien ausgebaut werden, die eine schnelle Verfrachtung gewährleisten. Von der Beschleunigung könnten aber auch Wissenschaftler profitieren, die Sonden in die Außenbezirke des Sonnensystems senden wollen oder eine bemannte Marsmission planen.

Forscher haben die Chance, ihren Anteil an der Verwirklichung dieses Traums zu leisten. Für ein kapitalistisches Unterfangen sind die technischen und finanziellen Einstiegshürden beim Asteroidenbergbau sehr hoch. Doch genauso, wie die US-Regierung im 19. Jahrhundert die wirtschaftliche Entwicklung des amerikanischen Westens vorantrieb, könnten NASA und Raumfahrtwissenschaftler nun bei der Überwindung der Grenze zum Weltall helfen. Dessen Nutzbarmachung wäre zum gemeinsamen Vorteil aller Beteiligten.

Staatliche Landvermessungsexpeditionen wiesen einst den Pionieren den Weg, brachten aber auch wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn – neben reichhaltigen Erzverkommen wurden beispielsweise wertvolle Fossilienlagerstätten entdeckt. Genauso versprechen weitere Forschungsmissionen ins All einen doppelten Zugewinn: den Bergbaufirmen ebenso wie der Forschung.

Pioniere ins All

Astronomen werden dazu das neue Territorium vermessen und kartieren müssen, denn in den Weiten des Alls lassen sich leicht zugängliche Asteroiden nur schwer ausmachen. Gerade die kohligen Gesteinsbrocken reflektieren nur sehr wenig Licht und sind daher schnell zu übersehen. Und findet man doch mal einen, ist seine Zusammensetzung und Größe – von denen eine profitable Ausbeutung maßgeblich abhängt – nur schwer bestimmbar. Nur 13 der bislang genauer analysierten 1200 Objekte enthalten beispielsweise höhere Mengen an Platin.

Ingenieure der Bergbaufirmen müssen darüber hinaus Methoden entwickeln, wie sich die Sonden an einem "unkooperativen Körper" verankern lassen, wie man in diesen bohren kann und welches Verfahren sich zum Rücktransport eignet. Manche Asteroiden bestehen im Wesentlichen aus Felsbrocken und Staubpartikeln, die durch kaum mehr als ihre eigene Mikrogravitation zusammengehalten werden. An einem solchem Geröllhaufen festzumachen, ist ein Problem, das nur unter Mithilfe von Materialwissenschaftlern und Physikern geknackt werden kann.

Will die NASA eine solche Forschung fördern, muss sie ihre Ziele neu definieren. Es darf ihr nicht länger um die eigene Erforschung des Weltalls gehen, stattdessen sollte sie sich darauf konzentrieren, die wirtschaftliche Erschließung des Weltraums zu ermöglichen. Bis zu den ersten Erkundungsmissionen ist es dann nur noch eine Frage der Zeit. Und sobald die Erlöse aus dem Asteroidenbergbau zu fließen beginnen, macht die Wissenschaft den Gewinn.

Dieser Artikel erschien unter dem Titel "Let's mine asteroids – for science and for profit" in Nature 485, S. 549, 2012

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