Malaria-Impfung: Kein Wendepunkt, aber ein Signal
Ein Wendepunkt im Kampf gegen die Malaria ist die nun erfolgte Impfempfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht. Dazu ist das Präparat RTS,S/AS01, auch bekannt unter der Bezeichnung Mosquirix, nicht effektiv genug. Insofern sollte man die Ankündigung nicht mit zu hohen Erwartungen überfrachten – die Rückschläge, die in der Vergangenheit immer wieder den Kampf gegen Malaria überschattet haben, wird es auch in Zukunft noch geben. Aber die Impfung könnte einen dringend benötigten Zwischenspurt im Ringen mit dem heimtückischen Erreger Plasmodium einleiten.
Nicht zuletzt ist es eine kleine Sensation, dass die Impfung überhaupt in der Praxis funktioniert, denn einzellige Parasiten wie Plasmodium sind notorisch schwer mit Impfstoffen zu fassen, weil sie viel komplexer sind als Viren oder Bakterien. Tatsächlich ist RTS,S/AS01 der erste Impfstoff gegen so einen Parasiten überhaupt. Er enthält ein als Circumsporozoitisches Protein (CSP) bezeichnetes Antigen, das im Impfstoff zusammen mit einem Oberflächenprotein des Hepatitis-B-Virus kleine Proteinkügelchen bildet. Sie ähneln ein bisschen einem Virus, das ein Malariaprotein trägt.
Allerdings ist der Impfstoff keineswegs neu. RTS,S basiert auf einem Proteinkonstrukt, das bereits 1986 entwickelt wurde. Ermutigende Resultate zeigten Studien schon 2011, und seit 2015 ist der Impfstoff auch in der EU zugelassen. Dass die Impfung erst jetzt in großem Stil eingesetzt wird, liegt schlicht daran, dass er nur mäßig effektiv ist. Er verhindert etwa 40 Prozent aller Infektionen und ein Drittel aller schweren Malariaverläufe, wie die WHO auf Basis der Ergebnisse in Ghana, Kenia und Malawi berichtet.
Und dafür sind vier Impfdosen nötig – drei von ihnen monatlich ab dem fünften Lebensmonat sowie eine zusätzliche nach anderthalb Jahren. Dadurch besteht die Gefahr, dass ein beträchtlicher Teil der Kinder nicht alle Impfungen bekommt und der Schutz weiter absinkt. Zudem könnte die vermeintliche Sicherheit durch die Impfung dazu führen, dass andere Schutzmaßnahmen nachlassen. Deswegen waren Fachleute skeptisch, ob eine Impfkampagne unter Realbedingungen effektiv genug wäre, um den immensen Aufwand zu rechtfertigen. Schließlich muss man immer abwägen, ob die Ressourcen für eine solche Kampagne womöglich in anderen Maßnahmen besser angelegt wären.
Neuer Schub für eine stockende Kampagne
Denn in den 15 Jahren nach der Jahrtausendwende war die Krankheit weltweit sehr erfolgreich bekämpft worden. Die Zahl der Todesopfer war laut den Zahlen der WHO um die Hälfte gesunken, von mehr als 800 000 im Jahr 2000 auf rund 400 000 im Jahr 2017. Die Erfolge gingen auf eine Reihe von Maßnahmen zurück, darunter Moskitonetze, Insektizidbehandlungen von Innenräumen und der Einsatz von Medikamenten. In einem Dutzend Ländern verschwand Malaria vollständig.
Doch seit 2017 stagniert die Kampagne gegen den Parasiten. Die Gründe dafür sind vielfältig. So zeigt sich nun, dass die Bekämpfung nicht überall gleich gut funktioniert. Ein weiterer Grund ist, dass der Kampf gegen Malaria Opfer seines eigenen Erfolges werden kann. So ist es relativ einfach, die Fälle von Malaria auf sehr niedrige Werte zu drücken – doch das letzte Prozent zu eliminieren, ist schwierig, teuer und aufwändig. Und geringe Infektionszahlen bergen das Risiko, dass die Krankheit mit enormer Wucht zurückkehrt, denn ohne regelmäßige Infektionen schwindet die Immunität in der Bevölkerung. Gleichzeitig sinkt mit geringer Krankheitslast auch die Bereitschaft, aufwändige und teure Bekämpfungsprogramme aufrechtzuerhalten. Ein gutes Beispiel für diese Wellenbewegung ist Sansibar, eine Insel vor der Küste von Ostafrika. Dort wurde Malaria bereits dreimal fast ausgerottet – und kehrte dann wieder.
Die nun von der WHO empfohlene Impfung ist alles andere als perfekt. Aber sie kommt trotzdem zum richtigen Zeitpunkt, denn RTS,S könnte Signalwirkung haben. Besonders dort, wo sich die Krankheit bisher hartnäckig gehalten hat, könnte man nun mit neuer Strategie und neuem Elan einen weiteren Anlauf starten – mit dem Ziel, durch die Impfung die gesunkenen Fallzahlen zu stabilisieren.
Nicht zuletzt schützt die Impfung diejenigen, die Schutz am dringendsten benötigen. Unter den mehr als 400 000 Malariaopfern jährlich sind die Mehrzahl Kinder unter fünf Jahren. Und auch, wenn sie nicht daran sterben, bedeuten die immer wiederkehrenden Infektionen mit dem heimtückischen Parasiten verringerte Bildungschancen und dauerhafte Gesundheitsschäden, hohe Kosten für ihre Familien und großes Leid für alle Beteiligten. Selbst ein Teilschutz bringt hier eine dramatische Verbesserung. Wenn man es richtig anstellt, muss RTS,S nicht perfekt sein – es würde schon reichen, dass die Impfung die stolpernde Antimalariakampagne wieder in die Spur bringt.
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