Gute Nacht – die Kolumne für besseren Schlaf: Mit dem richtigen Licht zur besseren Nachtruhe
Licht ist das Geheimnis guten Schlafs. Normalerweise behaupte ich, es gäbe gar kein Geheimnis des guten Schlafs – aber Licht ist tatsächlich ein wichtiger und vor allem unterschätzter Faktor dabei. Das Licht nämlich verrät unserem Gehirn, wann Tag ist und wann Nacht, und damit, wann wir schlafen sollen. Im Herbst und Winter boomen die Lichtwecker und Tageslichtlampen also durchaus zu Recht. Und doch gibt es eine klügere Lösung, zumindest für die meisten Menschen.
Menschen sind biologisch darauf ausgerichtet, sich am Tageslicht zu orientieren. Die Sehnerven ziehen sich von den Augen quer durchs Gehirn und kreuzen sich nach etwa 4,5 Zentimetern, also mittendrin. Und direkt über dieser Stelle liegt der suprachiasmatische Kern. Diesen Bereich bezeichnet man auch als »Master Clock«, als diese wichtige innere Uhr, die uns sagt, wann wir schlafen und wann wir wachen sollen. Lichtreize beeinflussen diese Uhr. Darum kommen wir im Sommer leichter aus dem Bett, es ist ja schließlich schon hell.
Was ist eigentlich »viel Licht«?
Logisch würden wir also umgekehrt erwarten, dass es im Herbst und Winter leichter sein müsste, einzuschlafen. Schließlich wird es schon am späten Nachmittag dunkel. Dass dies nicht jedem gelingt, liegt in den meisten Fällen am künstlichen Licht. In einer sternenklaren Nacht herrschen draußen 0,001 Lux, mit Vollmond sind es 0,1 bis 0,3 Lux. Der Nachthimmel einer Stadt liegt bei etwa 0,15 Lux. Zum Vergleich: Das Licht an einer Hauptstraße leuchtet mit 15 Lux, ein kleines Tablet oder ein großes Smartphone liefert gar 40 Lux, wobei das von den Einstellungen des Geräts abhängt.
Wer abends am Computer arbeitet, setzt sich sogar noch mehr Licht aus. Die Schlafforschenden Tracy Bedrosian und Randy Nelson haben diese Zahlen in »Translational Psychiatry« zusammengetragen und beziffern Computerbildschirme mit ungefähr 100 Lux und Zimmerbeleuchtungen mit 100 bis 300 Lux.
Das klingt wenig, ist aber viel – sehr viel – mehr als das Licht, das bei Nacht draußen auf die Augen treffen würde. Entsprechend kann der Körper sich irren und davon ausgehen, es sei noch gar nicht Nacht. Die Folgen sind bekannt: Das Gehirn schüttet weniger schlaffördernde Botenstoffe wie Melatonin aus. Dem Körper fehlt das Signal zum Einschlafen, ein Effekt, den man sogar direkt messen kann.
Wundermittel Tageslichtlampe?
Und doch können wir das Licht gezielt einsetzen, um müde zu werden. Nur eben nicht abends – sondern morgens. Es sagt: Der Tag beginnt, stell' dich drauf ein. Hier setzen Lichtwecker und Tageslichtlampen an. Der Körper bekommt früh Licht, wird früh wach und ist abends früher müde, weil er mehr Zeit hatte, Schlafdruck aufzubauen. Der Effekt der kurzen Wintertage soll damit abgemildert werden. An dieser Idee ist nichts auszusetzen: Licht funktioniert. Ein Team um die Medizinerin Juliette Chambe berichtet in einem Übersichtsartikel in »Sleep Research«, dass Menschen nach Lichttherapie nachts weniger lang wach sind.
Für die morgendliche Erleuchtung zu Hause gibt es Tageslichtlampen. Sie haben oft die Form eines Tablets, kosten um die 40 Euro – und Zeit. Nutzende sind aufgefordert, sich für längere Zeit vor diese Lampe zu setzen. Und das halte ich für das erste Hindernis: 20 bis 40 Minuten vor einer Tageslichtlampe muss man morgens erst einmal haben. Manche Menschen bekommen Kopfschmerzen oder fühlen sich schlicht unwohl damit, ihre Augen so dicht vor eine so helle Lichtquelle zu halten.
Alternativ gibt es Lichtwecker, die einen Sonnenaufgang simulieren, manche komplett mit Radio und Vogelstimmen. Sie sind einerseits weniger hell und wirken entsprechend weniger stark auf die Hormone. Sie sollen aber andererseits, so das Produktversprechen, den Körper sanft in den Tag holen. Und wenn Sie einfach nur einen Wecker suchen, der Sie morgens nicht anplärrt, dann ist ein Wake-up-Light prima. Kostenpunkt: zwischen 40 und 280 Euro, je nachdem, wie authentisch die Vögel zwitschern sollen.
Allerdings haben viele Lichtwecker das Problem, dass die Produktdesigner sich nicht von der herkömmlichen Idee eines Weckers lösen können. Das heißt, sie konstruieren eine Uhr mit Leuchtziffern. Und Uhren im Schlafzimmer, noch dazu leuchtende, sollten Menschen mit Schlafstörung als Allererstes rauswerfen, sanfter Sonnenaufgang hin oder her. Auch ein schwach leuchtender Wecker ist eine Lichtquelle. Und in diesem Fall ist sie noch mit einer gänzlich überflüssigen, gar schädlichen Information behaftet. Wer auf die Uhr schaut, denkt womöglich: »Wenn ich jetzt sofort einschlafe, bleiben mir noch sechs Stunden Schlaf« – und schläft dann erst recht nicht. Das macht die meisten Lichtwecker für Menschen mit Schlafstörungen zum Hindernis.
Wer schlafen will, muss aufstehen
Auch dick gepolsterte Schlafmasken haben es geschafft, in die Welt der Schlafprodukte aufgenommen zu werden. Sie sollen Licht fernhalten, zum Beispiel das des Mondes oder die Balkonbeleuchtung der Lieblingsnachbarin. Für ein Modell mit Seidenbezug über dem Schaumstoff werden zwischen 10 und 32 Euro fällig.
Sehr lichtsensiblen Menschen könnten sie tatsächlich helfen – auf Reisen. In Hotelzimmern finden wir nicht immer die Bedingungen vor, die wir brauchen, um gut zu schlafen. Im Sommer könnte eine Schlafmaske daher eine gute Alternative sein. Etwas aufwändiger, dafür aber nicht so nervig auf der Nase ist übrigens eine statisch haftende Fensterfolie für im Schnitt zwölf Euro pro Quadratmeter. Die können Sie anbringen – am Fenster, nicht im Gesicht – und morgens einfach wieder abziehen, zusammenfalten und einpacken. Ich empfehle sie regelmäßig für Kinderzimmer, denn manche Kinder reagieren besonders lichtempfindlich.
Schlafprobleme können Sie dennoch besser mit ihrem Verhalten als mit Produkten bekämpfen. Selbst bei bewölktem Himmel ist es draußen heller als drinnen, also gehen Sie am Morgen oder am Vormittag nach draußen. Ein besonders trister Winterhimmel bietet uns tagsüber immerhin 3500 Lux, ein heißer Sommertag bis zu 100 000 Lux. Wer früh rausgeht, der sendet der inneren Uhr dadurch ein Lichtsignal. Als unterstützende Maßnahme können Sie gezielt zeitig aus dem Bett kommen und schon am Morgen ein wenig aktiv sein. Das mag an manchen Tagen ungemütlich sein, es ist aber gratis und lohnt sich. Wer abends schlafen will, der muss morgens aufstehen.
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