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Nicht nachhaltig: Die olympische Farce

Seit Jahren verspricht das Internationale Olympische Komitee nachhaltige Spiele, aber es passiert stets das Gegenteil. Zeit, sich von dieser Lebenslüge zu verabschieden, kommentiert Daniel Lingenhöhl.
Olympische Ringe im alpinen Skizentrum in Yanqing

Strahlend weiß leuchten die Skipisten von Zhangjiakou und Yanqing bei Peking auf den Satellitenbildern der Region – vor tristem braunen Hintergrund. Das ist kein Wunder, denn die Region ist von Natur aus arm an Niederschlägen und gehört zu den Trockengebieten Chinas. Erstmals finden Olympische Winterspiele in einer Region statt, in der kein natürlicher Schnee liegt. Die Grundlage für Abfahrt und Slalom, Biathlon oder nordische Kombination kommt hier einzig aus den zahlreichen Schneekanonen.

Warum das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Spiele tatsächlich an Peking vergeben hat, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht weil man hier keinen öffentlichen Gegenwind fürchten muss wie in Deutschland, wo schon beim leisesten Hauch von Bewerbungsbereitschaft ein Proteststurm losbricht. Oder vielleicht weil in China potenziell die höchsten Einnahmen lockten. Oder auch weil man im Reich der Mitte einen gigantischen Zukunftsmarkt für den Wintersport sieht, wenn man das Milliardenvolk dafür begeistert.

Ganz sicher wurde das Sportereignis nicht Peking zugesprochen, weil das IOC sich hier endlich die Erfüllung eines hehren Zieles erhoffte: die ersten wirklich nachhaltigen oder »grünen« Spiele abzuhalten, wie sie die Statuten eigentlich vorsehen. Wie schon bei anderen Olympischen Spielen der jüngeren Vergangenheit, etwa in Sotschi, Pyeongchang oder Rio, steht die Umwelt hintan, wenn sie den Gastgebern und dem IOC nicht ins Konzept passt.

Wie schon in Sotschi wurden auch hier die Skipisten beispielsweise in einem Naturschutzgebiet geplant, dessen Grenzen am Ende einfach verschoben wurden. Ein Viertel des Songshan-Naturreservats wurde gestrichen und Teile seines Kerngebiets durch die Baumaßnahmen vollkommen zerstört. Dazu kamen großflächige Rodungen in der Region, die ein paar Neuanpflanzungen kompensieren sollen.

Alles andere als nachhaltig ist der Wasserverbrauch: 200 Schneekanonen sollen in dem nicht nur trockenen, sondern auch windigen Gebiet für ausreichend Weiß sorgen. Je nach Kalkulation werden dafür zwischen 200 000 und zwei Millionen Kubikmeter Wasser benötigt. Der Bedarf pro Hektar Skipiste liegt zwei- bis dreimal höher als in den Alpen. Da vor Ort nicht genügend Wasser vorhanden ist, muss es über extra angelegte Pipelines in das Trockengebiet herangepumpt werden. Und das womöglich langfristig, sollte die Region tatsächlich zum »Wintersportgebiet« entwickelt werden. Aktuell sind hier allerdings keine Folgewettbewerbe nach den Olympischen Spielen geplant – was ebenfalls gegen Nachhaltigkeit spricht.

Den nötigen Strom sollen zwar Wind- und Solarkraft decken (ebenso wie bei der Versorgung des olympischen Dorfs und der Transporte vor Ort). Doch insbesondere wenn die Schneekanonen länger laufen als ohnehin befürchtet, müssen die Kohlekraftwerke des Landes einspringen, um die Lücke zu schließen. Und schließlich fürchten Wissenschaftler erhöhte Erosion im Gebiet, weil die Infrastruktur und die Pisten vielfach in Hangrichtung angelegt wurden und nur selten parallel dazu. Bereits vorhandene Erosionsschluchten schüttete man mit Lockermaterial zu, das Wind oder Regen – sollte er doch einmal fallen – leicht abtragen können.

»Nachhaltigkeit bleibt ein trügerisches Konzept für Olympische Spiele und generell bei Großveranstaltungen«, schreiben Wissenschaftler in einer Studie, die in »Nature« 2021 erschienen ist. Den größten Beitrag zu den »grünen Spielen« leisten daher die ausbleibenden internationalen Touristen, die wegen der Corona-Maßnahmen die Reise nicht antreten und deshalb keine Treibhausgase durch Flüge erzeugen können. Der Rest bleibt die mittlerweile übliche olympische Lebenslüge.

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