Agrarenergie: Problematisches Öl
Im Tripa-Regenwald der indonesischen Provinz Aceh starben die seltenen Orang-Utans. Flammen verzehrten die Bäume, die Luft war verräuchert, und für die roten Menschenaffen bot sich kein Fluchtweg mehr. Die Brände waren absichtlich gelegt worden, um Land für Ölpalmenplantagen frei zu räumen – Bäume, aus deren Früchten das begehrte Palmöl gewonnen wird, das vielfach Verwendung als Agrarkraftstoff, in Kosmetika oder der Lebensmittelindustrie Verwendung findet. Obwohl das Land eigentlich geschützt sein sollte, erließ der Gouverneur von Aceh im August 2011 eine Genehmigung für die indonesische Palmölfirma PT Kallista Alam, damit diese 1600 Hektar im Tripa "entwickeln" dürfe. Im September 2012 wurde diese Lizenz auf Druck von Umweltgruppen annulliert. Was wie ein Sieg für den Naturschutz aussieht, ist jedoch nur ein winziger Ausschnitt der landesweiten Entwaldungskrise, die der Palmölboom antreibt.
Palmöl ist billig und lange haltbar, was es in vielen Teilen der Erde zum bevorzugten Speiseöl macht. Die Pflanze zählt zu den wichtigsten kommerziellen Agrarprodukten armer Landwirte in Entwicklungs- und Schwellenländern wie Indonesien, dem weltweit größten Produzenten. Plantagen bedecken dort etwa 8,2 Millionen Hektar Land – mehr als die Fläche Bayerns. In den nächsten Jahren dürften sie sich außerdem noch deutlich vergrößern, da das Land seine Produktion bis 2030 verdoppeln möchte. Exporte erwirtschaften jedes Jahr 40 Milliarden US-Dollar für Malaysia und Indonesien.
Dieser Profit hat jedoch einen schrecklichen Preis. Wenn man Regenwald in Plantagen umwandelt, zerstört man dadurch nicht nur die Heimat von Orang-Utans, sondern auch die der vom Aussterben bedrohten Sumatra-Tiger und Sumatra-Nashörner. Die Entwaldung dieser Gebiete durch Abholzen und Brandrodung setzt darüber hinaus riesige Mengen an Treibhausgasen frei. Vielfach wachsen die Regenwälder auf Torfmoorböden, deren Entwässerung und Entzündung sogar noch mehr Kohlendioxid produziert als die Zerstörung der darauf wachsenden Bäume. Eine kürzlich in "Nature Climate Change" veröffentlichte Studie prognostiziert, dass allein auf der Insel Borneo bis 2020 geschätzte 558 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen werden, würden alle geplanten Plantagen umgesetzt.
Die Ausbreitung der Ölpalmenplantagen darf nicht weiter auf Kosten von ursprünglichen Wäldern gehen. Der vielversprechendste Plan, dies zu beenden, stammt aus dem REDD-Programm der Vereinten Nationen, das darauf abzielt, die Emissionen aus Abholzung und Degradierung von Wäldern zu reduzieren. In dessen Rahmen zahlen Industrieländer an sich entwickelnde Staaten eine Art Ausgleich, damit diese keine Bäume fällen. Im Dezember findet in Doha, Katar, der nächste Weltklimagipfel statt, der eine gute Gelegenheit für die Vertragsstaaten bietet, um REDD endgültig zu verabschieden. Und das sollten sie auch erledigen!
Die Industrieländer selbst können darüber hinaus auch vor ihrer eigenen Haustür aktiv werden. Im letzten Januar kam die US-amerikanische Umweltbehörde EPA zum Schluss, dass Agrardiesel aus Palmöl die Kriterien für Treibstoffe aus erneuerbaren Quellen nicht erfüllt. Bereits diese Stellungnahme veranlasste Palmölfirmen, prominente Lobbyisten anzustellen, die gegen diese Entscheidung opponierten. Solange keine Gegenbeweise erbracht werden, dass die grundlegenden wissenschaftlichen Ergebnisse für die EPA-Stellungnahme falsch sind, sollte die Behörde standhaft bleiben.
Zudem besitzen die Konsumenten – wie seit jeher – die Macht, Unternehmen zum Umdenken zu zwingen. Kentucky Fried Chicken oder der Süßwarenhersteller Cadbury ersetzten in den vergangenen Jahren Palmöl durch andere pflanzliche Fette – in Produkten, die für den australischen Markt bestimmt sind: Dort ist die öffentliche Aufmerksamkeit zu den ökologischen Folgen des Öls besonders groß. Und im April verpflichtete sich der britisch-niederländische Konzern Unilever – der größte Einzelkäufer von Palmöl weltweit –, bis zum Jahr 2020 seinen gesamten Bedarf aus nachvollziehbar nachhaltigen Quellen zu beziehen.
Wir sollten daher stets Transparenz über die Herkunft des Palmöls in unseren Konsumgütern verlangen – und unser Geld anderweitig ausgeben, wenn Produkte wertvolle Ökosysteme gefährden. Unsere eigene Verantwortung wächst in dem Maß, wie auch andere Regenwaldnationen wie Brasilien oder Kamerun ihre Bemühungen verstärken, ihr Stück am Palmölkuchen zu sichern.
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