Autismusdebatte: Schuld sind immer die anderen
Das Böse ist wieder da! Es kommt aus (fast) heiterem Himmel unter die Menschen, und zwar in äußerst grausamer Gestalt: 20 Grundschulkinder und eine Lehrerin finden durch einen Amokläufer im US-amerikanischen Newtown den Tod.
Und wie üblich beginnt, kaum ist das Blut der Opfer getrocknet, die Suche nach den Gründen: Eine verkorkste Kindheit? Übermäßiger Konsum von Ballerspielen? Ein Leben voller Niederlagen und Demütigungen? Der Newtown-Täter Adam Lanza wird als in sich gekehrt beschrieben, ja "emotionslos" sei er gewesen und sozial gehemmt. Er habe an einer Persönlichkeitsstörung gelitten, meint der Bruder. Andere "Experten" tippen per Ferndiagnose auf das Asperger-Syndrom, eine (noch) in den Diagnosehandbüchern geführte, milde Variante des Autismus.
Ausgelöst durch Medienberichte driftet so auch hier zu Lande die Diskussion um die verständliche, jedoch nie zu beantwortende Frage nach dem Warum in eine Richtung, die völlig überflüssig, ja gefährlich ist: Sind solche "komischen Käuze" wie der vermeintliche "Aspie" Lanza nicht eine Gefahr? Neigen Autisten auf Grund unkontrollierbarer Emotionsschübe nicht vielleicht grundsätzlich eher zur Gewalt?
Das Muster ist altbekannt: Wer Böses tut, muss irgendwie anders, unempathisch oder gestört sein. Wie sonst wäre er zu einem so furchtbaren Akt in der Lage? Doch – und das ist das eigentlich Erschreckende – man muss eben kein Monster sein, ja noch nicht einmal krank, um so etwas zu tun. Fakt ist, dass von den Normalen, Durchschnittlichen, Gesunden viel größere Gefahr ausgeht. Getötet, vergewaltigt, geraubt und betrogen wird vor allem von Menschen wie du und ich. Das zeigt ein Blick in jede Kriminalitätsstatistik.
So nachvollziehbar es ist, eine Erklärung für das Unerklärliche bekommen zu wollen – die Eigenarten von Menschen mit psychischen Störungen liefern sie uns nicht.
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