Storks Spezialfutter: Mit nachgemachtem Essen zum waschechten Vegan-Day
Ein Freund von mir ist schon vor mehr als 20 Jahren Veganer geworden. Zu einer Zeit also, als das Verständnis für alternative Ernährungsformen genauso klein war wie die Palette veganer Produkte. Als er mal in Berlin war, begleitete ich ihn bei der Suche nach passenden Produkten. Fündig wurde er nicht im Supermarkt, sondern nur im Reformhaus. Dort standen auf einem schmalen Regalbrett flache Metalldosen mit Plastikdeckel, einer Tunfisch-Dose nicht unähnlich. Ich war neugierig und kaufte eine extra Dose nur für mich. Zu Hause machte ich den Geschmackstest: Auf den ersten Blick sah die streichfähige Paste ein bisschen wie Leberwurst aus. Sie schmeckte weder besonders gut noch besonders schlecht. Ein bisschen muffig, ein bisschen salzig und ein bisschen nach Hefe. Sie versuchte nicht, eine bestimmte Geschmacksrichtung nachzuahmen. Sie war einfach nur ein veganer Brotaufstrich, der ähnlich wie Astronautennahrung vermutlich alle für den Körper wichtigen Ernährungskomponenten enthalten sollte.
Wer damals Veganer oder Veganerin war, musste schon sehr überzeugt sein, um seine Ernährung mit solchen Produkten durchzustehen.
Seitdem hat sich wirklich viel getan: Speziell für vegetarische oder vegane Ernährung entwickelte Produkte gibt es inzwischen bei jedem Supermarkt und Discounter im Angebot. Auf ein einzelnes Regalbrett passen sie längst nicht mehr. Soja-, Hafer-, Mandel- und Erbsenmilch füllen ganze Regalreihen! Sie sind – ähnlich wie Margarine – das ideale vegane Einsteigerprodukt: keine Laktose, deshalb für viele leichter verträglich; sie lassen sich sogar genauso schön aufschäumen wie Kuhmilch und machen den »Milch«-Kaffee vielleicht sogar ein bisschen gesünder.
Ich finde es gut, dass es mittlerweile viele vegetarische und vegane Nachahmprodukte gibt: vegane Eier- und Fleischsalate, die manchmal sogar besser schmecken als das tierische Original. Veganen Tunfisch, der so intensiv nach Fisch riecht, dass man das Glas unbedingt fest zuschrauben sollte. Es gibt passable fleischlose Würstchen und Frikadellen, die einem auf Kindergeburtstagen genauso aus der Hand gerissen werden wie die »echten«, es gibt Mortadella, Salami, Leberwurst, Schmalz und Burger-Pattys. Ein Start-up bastelt sogar an einem veganen Ei mit Dotter, Eiklar und Schale, das man wie das Original in die Pfanne hauen kann. Das vegane Schalenei soll frühestens Ende dieses Jahres auf den Markt kommen.
Wenn es so weit ist, werde ich mit Sicherheit die Geschmacksprobe machen. Allein schon, weil auch hier gilt, was grundsätzlich für jedes vegane Produkt gilt: Es verursacht kein Tierleid, es verbraucht bei der Herstellung vergleichsweise wenig Ressourcen, und die CO2-Bilanz ist um ein Vielfaches besser als bei den tierischen Originalen. Zum Wohl des Planeten sollten deshalb alle Menschen unbedingt einen Teil der von ihnen konsumierten tierischen Produkte durch vegane Alternativen ersetzen!
In »Storks Spezialfutter« geht der Umweltjournalist Ralf Stork diesen Fragen einmal im Monat auf den Grund.
Beim Gedanken an das vegane Ei befällt mich trotzdem ein gewisses Unbehagen. Mit sehr viel Aufwand wird ein Produkt entwickelt, dessen Ziel es ist, ein anderes Produkt möglichst detailgetreu nachzuahmen. Das ist problematisch. Denn durch das Ziel der möglichst perfekten Simulation werden tierische Produkte wie das Ei, aber auch Wurst oder Käse quasi zum Goldstandard erhoben, der – weil er eben das Original ist – unerreichbar bleiben muss. Egal, wie sie sich mühen und strecken, die veganen Produkte können immer nur fast so gut sein wie die Originale. Ganz abgesehen davon, dass die Originale häufig ungesund hohe Salz- oder Fettgehalte haben, die von den Nachahmern aus Geschmacksgründen dann ebenfalls übernommen werden.
Die Flut der Surrogate zeigt auch, dass wir noch so fest in unseren (Ernährungs-)Gewohnheiten feststecken, dass es offensichtlich sehr, sehr schwerfällt, uns eine Ernährung vorzustellen, die ohne Käse und Milch, Wurst, Eier und Fleisch auskommt. Für den Einstieg in den Umstieg (oder Ausstieg) sind die immer perfekteren Nachahmungen daher wahrscheinlich genau das Richtige. Weil sie dabei helfen können, Berührungsängste abzubauen. Später kann man dann immer noch auf vegane Originale setzen. Die gibt es in Hülle und Fülle: Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Nudeln, Reis … Und es wäre ein Leichtes, sich daraus ein Menü für einen Tag oder für den Anfang wenigstens eine Mahlzeit zusammenzustellen. Im Internet finden sich jede Menge vegane Wochenpläne, von denen man sich inspirieren lassen kann. Einfach mal ausprobieren.
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