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Storks Spezialfutter: Not in my Heizungskeller

Für Klimaschutz sind (fast) alle. Für das Verbot alter Heizungstypen nur die wenigsten. Dabei sind auch solche unpopulären Maßnahmen sinnvoll, findet unser Kolumnist.
Rohrzange an Heizung
Beim Wort »Verbot« machen viele dicht. Sinnvoll können sie trotzdem sein, wie die Erfahrung zeigt.

Aus gegebenem Anlass folgt hier eine Liste mit ein paar Verboten, die in Deutschland zum Teil nach heftigen Diskussionen von der Politik durchgesetzt worden sind: Seit 1957 darf in geschlossenen Ortschaften nicht mehr schneller als 50 km/h gefahren werden. Im Jahr 1972 wird auf Landstraßen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Stundenkilometern eingeführt. Zuvor konnte ein jeder so schnell fahren, wie es Auto und Fahrkünste zuließen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung wurde auch deshalb verfügt, weil die Bürger und Bürgerinnen mit ihrer Selbsteinschätzung regelmäßig danebenlagen und ihre Autos um Bäume wickelten: 1970 war die Zahl der Verkehrstoten in der Bundesrepublik mit mehr als 21 000 rund siebenmal so hoch wie heute, und das bei einem Viertel zugelassener Autos. Der große öffentliche Aufschrei gegen das Tempolimit auf Landstraßen blieb damals noch aus. Der folgte erst 1973, als die Regierung unter Kanzler Willy Brandt angesichts der Ölkrise und der vielen Verkehrstoten versuchsweise Tempo 100 auf Autobahnen einführen wollte. Der ADAC machte mit dem Slogan »Freie Fahrt für freie Bürger« dagegen mobil. Der Spruch ist eher schlecht gealtert, findet sich heute aber noch im Parteiprogramm der AfD. Aus dem Rasereiverbot für Autobahnen ist nichts geworden. Bis heute hat sich keine Regierung da wieder rangetraut.

Im Jahr 1976 wird die Gurtpflicht in Deutschland eingeführt. Auch das gegen großen Widerstand und anfangs nur mit bescheidenem Erfolg. Die Bürger fühlten sich im Wortsinn in ihrer Freiheit eingeschränkt. Sie fürchteten zerknitterte Kleidung. Es wurde sogar das Argument ins Feld geführt, ein Gurt vor der Brust könne den Busen deformieren. Trotz teurer Anzeigenkampagnen und Werbefilme lag der Anteil der Gurtträger auch Jahre später nur bei etwa 50 Prozent. Erst ab 1984 setzt sich die Gurtpflicht wirklich durch – nachdem das unangeschnallte Fahren mit empfindlichen Bußgeldern belegt worden war.

Aus jüngerer Zeit sind noch das Rauchverbot in Gaststätten von 2008 zu erwähnen, das Verbot von Einwegplastiktüten von 2022 und das Einweggeschirr-Teilverbot von 2023.

Während schon bestehende Verbote eher nicht in Frage gestellt werden (Du sollst nicht stehlen! Du sollst nicht töten! Du sollst nicht mehr als Tempo 50 in der Stadt fahren!), wühlen neu eingeführte Verbote die Volksseele offenbar oft gehörig auf. Schließlich schränken sie die Wahlmöglichkeiten ein, bedeuten also immer den Verlust individueller Freiheiten. Entsprechend schrill und emotional fällt mitunter die Kritik aus. Sobald das Triggerwort »Verbot« fällt, schrumpft der Raum für nüchterne und faktenbasierte Diskussionen. Jüngstes Beispiel: Das drohende »Verbot« von Gas- und Ölheizungen ab 2024, das dabei helfen soll, den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 zu verringern, und genau genommen natürlich ein Verbot für den Neueinbau solcher Heizungen ist. Auch nach dem Jahreswechsel wird es weiter sehr, sehr viele alte Gas- und Ölheizungen geben. Nur wenn eine alte ausgetauscht werden muss, soll sie – nach den Plänen der Regierung – durch ein anderes Modell ersetzt werden, das mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden kann.

Der Welt steht ein Umbruch bevor – ob die Menschheit will oder nicht: Landwirtschaft, Verkehr und Energiegewinnung müssen nachhaltig und fit für den Klimawandel werden, gleichzeitig gilt es, eine wachsende Weltbevölkerung mit wachsenden Ansprüchen zu versorgen. Was bedeutet das für uns und unsere Gesellschaft? Und was für die Umwelt und die Lebewesen darin?
In »Storks Spezialfutter« geht der Umweltjournalist Ralf Stork diesen Fragen einmal im Monat auf den Grund.

Eine Erneuerung der Heizungsanlage nach 30 Jahren ist für Gas- und Ölheizungen nach dem Gebäudeenergiegesetz ohnehin schon Pflicht. Beim Austausch der alten gegen eine CO2-sparende neue Heizung übernimmt der Staat bis zur Hälfte der Kosten. Und eine Energieberatung zur Ermittlung des passenden neuen Heizungstyps wird zu 80 Prozent gefördert.

Das »Verbot« von Gas- und Ölheizungen wird also nicht einfach im Hauruckverfahren ohne Rücksicht auf Verluste durchgeprügelt. Vielmehr werden mögliche Härten durch Umbauprämien, Ausnahmen und Übergangsfristen so gut es geht ausgeglichen. Mal abgesehen davon, dass sich mit einer modernen Heizung jede Menge Energie und Kosten sparen lassen und die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl weiter abnimmt.

Das ändert natürlich nichts daran, dass für betroffene Hausbesitzer ein Heizungstausch mit (bürokratischem) Aufwand, langwieriger Handwerkersuche und zum Teil hohen Kosten verbunden ist. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa sprachen sich im April knapp 80 Prozent der Befragten gegen ein Verbot von Gas- und Ölheizungen aus. Vermutlich hat bei der Ablehnung eine Rolle gespielt, dass viele Eigenheimbesitzer und Vermieter unsicher sind, was denn da genau auf sie zukommt. Wahrscheinlich hat aber auch das böse Wort »Verbot« zu der starken Ablehnung mit beigetragen. Jedenfalls passt das Ergebnis der Heizungsverbot-Umfrage überhaupt nicht zu einer anderen aktuellen Umfrage: Laut ARD-Deutschlandtrend vom Dezember 2022 sehen 82 Prozent der Befragten sehr großen oder großen Bedarf beim Klimaschutz.

Hier 80 Prozent, die wollen, dass in Sachen Klimaschutz gehandelt wird. Dort 80 Prozent, die wollen, dass in Sachen Klimaschutz nicht gehandelt wird, zumindest nicht, wenn es ums eigene Haus geht. »Not in my Heizungskeller«, könnte man sagen, nach der alten »Not in my backyard«-Maxime derer, die notwendige Maßnahmen nur so lange befürworten, wie sie selbst nicht betroffen sind.

Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, wird es in Zukunft noch eine ganze Reihe von Verboten geben müssen. Persönlich finde ich das jetzt auch nicht toll, halte es aber für alternativlos. Und, wenn man das böse Triggerwort »Verbot« austauscht, klingt es gleich auch ganz anders. Also noch mal: Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, wird es in Zukunft noch eine ganze Reihe von Regelungen, Vorgaben und Anpassungen geben müssen.

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