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Storks Spezialfutter: Preisschock mit Würstchen

An der Supermarktkasse denkt unser Kolumnist über Inflation und Lebensmittelkosten nach. Und merkt, wie unschlagbar einfach manchmal die Lösung sein kann.
Würstchen als Dynamitstangen
Ein paar Würstchen in Bio-Qualität können einem schnell das Budget sprengen. Und das, obwohl sie eigentlich noch viel zu billig sind.
Der Welt steht ein Umbruch bevor – ob die Menschheit will oder nicht: Landwirtschaft, Verkehr und Energiegewinnung müssen nachhaltig und fit für den Klimawandel werden, gleichzeitig gilt es, eine wachsende Weltbevölkerung mit wachsenden Ansprüchen zu versorgen. Was bedeutet das für uns und unsere Gesellschaft? Und was für die Umwelt und die Lebewesen darin?
In »Storks Spezialfutter« geht der Umweltjournalist Ralf Stork diesen Fragen einmal im Monat auf den Grund.

Neulich war ich beim Discounter um die Ecke einkaufen. Die Aufmerksamkeit war eingeschränkt. Ich kenne die Gänge, ich weiß, was zu Hause fehlt, die Artikel landeten fast von allein im Einkaufswagen. Erst beim Bezahlen schreckte ich aus meinem Trott auf: Der Einkauf der Kleinigkeiten war mindestens um ein Viertel teurer, als ich vermutet hatte. Ein Blick auf den Kassenbon legte den Preistreiber schnell offen: Zwei Päckchen mit je 250 Gramm Bio-Bratwürstchen für zusammen 7,98 Euro.

Nicht dass ein Kilopreis von 16 Euro für Fleischprodukte unanständig hoch wäre. Im Gegenteil: Wenn die ökologischen Kosten, die bei der Produktion entstehen, eingepreist würden, müssten Nahrungsmittel viel teurer werden. Das haben Forschende der Universität Augsburg in einer Studie mal ausgerechnet. Der Preis für konventionell produziertes Fleisch müsste sich beinahe verdreifachen. Auch bei Milch müsste sich der Preis mehr als verdoppeln.

Die Preise sind in den vergangenen Jahren zwar extrem gestiegen, von 2020 bis 2024 im Durchschnitt um mehr als ein Drittel und bei Lebensmitteln um 13 Prozent stärker als bei anderen Warengruppen. Das hat allerdings nichts mit der Einpreisung ökologischer Folgen zu tun, sondern mit höheren Energiekosten, mit hoher Inflation, aber auch mit gewissen Mitnahmeeffekten der Hersteller und Supermarktketten.

Die mit Abstand größte Teuerung hat schon 2023 stattgefunden. Teure Bratwürste im Supermarkt hätten mich 2024 also eigentlich nicht mehr schocken sollen. Die Überraschung war wahrscheinlich deshalb so groß, weil der große Rest des Einkaufs ziemlich preiswert war. Denn der bestand vor allem aus Grünzeug: Salat, Möhren, Tomaten, Paprika, Auberginen, Kichererbsen, Zwiebeln und Knoblauch.

Preise im grünen Bereich

Beim nächsten Einkauf machte ich mir den Spaß einer Gegenüberstellung von den 500 Gramm Bratwürstchen und anderen Produkten zum gleichen Gesamtpreis:

Für acht Euro kann ich zum Beispiel ein Kilo Möhren (1,39 Euro), 50 Gramm Tiefkühlpetersilie (99 Cent), eine Zitrone (89 Cent), 200 Gramm Schafskäse (1,99 Euro) kaufen, alles bio. Das sind schon die wesentlichen Zutaten für einen sehr großen, leckeren Möhrensalat. Und weil das zusammen nur 5,26 Euro kostet, kommen noch ein 500-Gramm-Brot (1,79 Euro) und 400 Gramm Dosentomaten (65 Cent) dazu. Macht zusammen 7,75 Euro.

Ich könnte auch ein Kilo Hokkaido-Kürbis (1,45 Euro), zwei Dosen mit je 400 Milliliter Kokosmilch (zusammen 2,98 Euro), ein Kilo Möhren (1,39 Euro), 100 Gramm Ingwer (79 Cent) und Gemüsebrühe (1,19 Euro) kaufen. Macht zusammen 7,80 Euro und eine sehr große Kürbissuppe, von der vier Personen bestimmt zwei Tage essen können.

Was ich damit sagen will: Fleisch wird zwar immer noch viel zu billig angeboten, geht aber trotzdem ziemlich ins Geld. Dagegen ist Gemüse – selbst im Zuge der Inflation – immer noch unschlagbar günstig.

Beim Vergleich zwischen Fleisch und Gemüse hatte Letzteres schon immer die besseren Argumente auf seiner Seite. Wer wenig Fleisch und viel Gemüse isst, tut etwas für seine Gesundheit. Jede Studie zum Thema zeigt, dass der regelmäßige Konsum von Fleisch mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist, der von Obst und Gemüse dagegen die Gesundheit fördert.

Don't call it Veggie-Day

Hinzu kommt: Man tut etwas für Umwelt und Klima, vom Tierwohl ganz zu schweigen. Der ökologische Fußabdruck von Fleisch (und Milchprodukten) ist um ein Vielfaches höher als der von Salat und Co. Das zeigt sich auch bei der Berechnung der wahren Lebensmittelkosten. Weil die Umweltkosten zum großen Teil schon eingepreist sind und höhere Produktionsstandards die Belastungen für die Umwelt ohnehin reduzieren, müssten die Preise für pflanzliche Bio-Produkte im Schnitt nur um sechs Prozent teurer werden, um den wahren Preis abzubilden.

Dass trotz allem immer noch zu viel Fleisch konsumiert wird und zu wenig Obst und Gemüse, zeigt, dass wir Menschen echte Gewohnheitstiere sind, die, gerade wenn es ums Essen geht, eher impulsiv als vernunftgesteuert agieren. Wenn einem das bewusst wird, wie mir durch den Preisschock an der Supermarktkasse, kann man versuchen, dagegen anzuarbeiten.

Ich jedenfalls versuche jetzt einmal pro Woche ein Gericht zu kochen, dessen Zutaten nicht (viel) mehr als einen Euro pro Person kosten – trotz Bio-Qualität. Die Kürbissuppe war da schon ein ziemlich guter Anfang!

Wer mag, kann sich auch von entsprechenden Kochbüchern inspirieren lassen. Es gibt mittlerweile ziemlich viele Rezeptsammlungen für Gerichte, die nur ein bis zwei Euro pro Person kosten. Alle Rezepte darin sind vegetarisch – aus Kostengründen. Wer einmal die Woche so kocht, schafft sich also seinen eigenen Veggie-Day. Wem das politisch zu aufgeladen ist, kann auch einfach seinen eigenen Spartag ausrufen.

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