Storks Spezialfutter: Runter vom Gas
14 Grad, strahlender Sonnenschein. Es ist Ende Oktober und zumindest in Berlin spielt das Wetter Putin nicht wirklich in die Karten. In meine Wohnung jedenfalls fallen immer noch so viele Sonnenstrahlen, dass sich die Temperatur zwischen 21 und 22 Grad Celsius einpendelt. Ich muss also noch nicht heizen und mir auch nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob, wie und wann ich dabei Energie einsparen kann.
Alle sind aufgefordert, den Verbrauch – vor allem von Gas –, wenn möglich zu drosseln. Kurzfristig geht es darum, genug zu sparen, damit der Vorrat für den Winter reicht und das Land von Russland nicht erpressbar ist. Langfristig ist ein verändertes Energiesparverhalten unabdingbar, um den klimabedingten Temperaturanstieg wenigstens ein bisschen einzubremsen. Wie es derzeit aussieht, wird das von der Politik ausgegebene Ziel, die Gebäude in Deutschland bis 2050 klimaneutral umzurüsten, krachend verfehlt werden.
Bei den akuten Einsparungen läuft ebenfalls nicht alles nach Plan. Das zeigt ein Kurzdossier des Ariadne-Projekts zur Gaskrise, das vom Forschungsministerium geförderte wurde: Während die Industrie ihren Gasverbrauch innerhalb der ersten neun Monate des Jahres 2022 gegenüber demselben Zeitraum der letzten fünf Jahre um rund 17 Prozent reduziert hat, bleiben die Privathaushalte bei den Einsparungen hinter den Möglichkeiten zurück. Zwar »sind die Abweichungen im ersten Halbjahr vom Verbrauchsniveau des Vorjahres mit minus 16 Prozent ebenfalls deutlich, allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Witterung in 2022 deutlich milder war«, heißt es in dem Dossier. Nach den Berechnungen des Ariadne-Projekts hätten Haushalte temperaturbereinigt im ersten Halbjahr nur knapp drei Prozent Erdgas eingespart.
In »Storks Spezialfutter« geht der Umweltjournalist Ralf Stork diesen Fragen einmal im Monat auf den Grund.
Nur wenn es draußen warm ist, wird drinnen gespart
Ende September meldete die Bundesnetzagentur, dass die Privathaushalte wegen kühler Witterung deutlich mehr Gas verbraucht haben als im selben Zeitraum der Vorjahre. »Zwar war die letzte Woche kälter als die Vorjahreswochen und die Verbräuche sind immer Momentaufnahmen und können sich schnell ändern, aber Einsparungen müssen auch bei weiter sinkenden Temperaturen stattfinden«, sagte der Präsident der Agentur Klaus Müller. Mitte Oktober war der Gasverbrauch dann witterungsbedingt stark gesunken. Die Datenlage ist also nicht eindeutig. Bisher scheinen die privaten Haushalte aber vor allem Schönwetter-Sparer zu sein. Das wird nicht reichen! Nicht für diesen Winter und schon gar nicht, um mit kleinen Zugeständnissen und Einschränkungen den globalen Temperaturanstieg noch einzuhegen.
Für mich persönlich ist in diesem Winter die rote Linie klar vorgegeben: Sie liegt bei 19 bis 19,5 Grad Celsius. Fällt das Thermometer unter diese Marke, werfe ich die Heizung an. Wird mir vorher kalt, ziehe ich einen dickeren Pullover an und Wollsocken.
Haushalte mit wenig Geld müssen dringend entlastet werden
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die Gesamtsituation ist für viele Haushalte überhaupt nicht einfach. Die Energiepreise und andere Lebenshaltungskosten sind so stark gestiegen, dass viele die Situation nur mit größter Mühe stemmen können. Mancher ist vermutlich froh, genug Geld zu haben, um die Wohnung überhaupt auf 19 Grad aufzuwärmen. Diese Haushalte müssen dringend entlastet werden!
Grundsätzlich sollte es aber für alle problemlos möglich sein, die Raumtemperatur um ein oder zwei Grad zu reduzieren. Die Lage ist ernst. Gerade deshalb ist es wichtig, dass alle einen Beitrag leisten. Anders formuliert: Wenn wir es schon angesichts einer akuten Bedrohungslage nicht schaffen, unsere Bequemlichkeit ein kleines bisschen einzuschränken, dann werden wir zwangsweise an der Bekämpfung des Klimawandels scheitern.
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