Freistetters Formelwelt: Suchet, so werdet ihr finden
In der Mathematik geht es sehr oft um die Suche nach Mustern und Zusammenhängen. Nur wenn man versteht, wie Zahlen und Funktionen voneinander abhängen und einander hervorbringen, kann man sie wirklich verstehen. Das gilt ganz besonders für die Primzahlen.
Diese speziellen Zahlen, die nur durch sich selbst und 1 ohne Rest teilbar sind, stellen einerseits die fundamentalen »Atome« der Mathematik dar und sind deswegen von großer Bedeutung. Andererseits widersetzen sie sich seit Jahrhunderten den Versuchen der Mathematiker, eine Regel zu finden, die ihr Auftreten erklärt.
Seit der griechischen Antike wissen wir, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Die größte derzeit bekannte hat 23 249 425 Stellen. Doch trotz der vielen bekannten Primzahlen: Der »Heilige Gral« der Mathematik harrt immer noch seiner Entdeckung. Denn bis jetzt ist keine Formel bekannt, mit der sich die Verteilung der Primzahlen exakt beschreiben lässt.
Es gibt vier Primzahlen, die kleiner als 10 sind (2, 3, 5 und 7). Unter den ersten 100 Zahlen finden sich 25 Primzahlen. Unter den ersten 1000 sind es genau 168; unter der ersten Million gibt es 78 498. Man kann beliebig viele Zahlen betrachten und berechnen, welche davon Primzahlen sind und welche nicht. Dennoch hat niemand ein Muster gefunden, an das sich die Primzahlen bei ihrem Auftreten halten.
Man kann sich diesem grundlegenden Problem allerdings auch von der anderen Seite her nähern und »Primzahllücken« betrachten. Dazu existiert seit 1986 diese Formel:
Der rumänische Mathematiker Dorin Andrica hat sie aufgestellt, um die Abstände zwischen Primzahlen zu beschreiben. Für jede natürliche Zahl n sind pn und pn + 1 zwei aufeinander folgende Primzahlen. Für n = 1 sind das etwa die erste und die zweite Primzahl, also 2 und 3, die direkt aufeinander folgen und zwischen denen sich keine Lücke befindet beziehungsweise eine Lücke von 1, wenn man sie als Differenz der beiden Primzahlen definiert. Andricas Formel jedenfalls ergibt hier 0,3178… < 1 und ist korrekt.
Da jede gerade Zahl außer der 2 keine Primzahl ist, muss sich zwischen allen folgenden Primzahlen eine Lücke von mindestens einer Zahl auftun, so wie zum Beispiel zwischen 3 und 5, 5 und 7 oder 11 und 13. Zwischen 7 und 11 ist die Lücke aber schon drei Zahlen groß; zwischen 23 und 29 sind es fünf Zahlen. Nach der Primzahl 113 folgen 13 Zahlen, die nicht prim sind, bevor man mit 127 wieder auf eine Primzahl stößt. Wenn man lange genug sucht, dann findet man auch Lücken mit ein paar hundert, tausend oder noch mehr Zahlen Länge. Man kann sogar nachweisen, dass es beliebig große Lücken geben muss.
Könnte man die Lücken zwischen den Primzahlen mathematisch erfassen, dann würde man gleichzeitig auch die Verteilung der Primzahlen selbst verstehen. Aber leider entziehen sich auch die Lücken bis jetzt weitestgehend dem Zugriff der Mathematik. Es ist unbekannt, wie viele Primzahlzwillinge, also Primzahlen mit einer Differenz von 2 (wie etwa bei 3 und 5 oder 5 und 7) existieren. Es gibt keine Formel, die vorhersagt, wann eine Lücke mit einer bestimmten Größe das erste Mal auftritt. Und auch die Formel von Andrica ist nur eine Vermutung. Ihre Gültigkeit ist zwar für ein paar Dutzend Billiarden Primzahlen bestätigt; angesichts der Tatsache, dass es unendlich viele von ihnen gibt, lassen sich daraus leider keine allgemein gültigen Schlüsse ziehen.
Gleich aus welcher Richtung man es bisher probiert hat: Die Primzahlen haben ihr Geheimnis bis jetzt noch nicht preisgegeben.
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