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Freistetters Formelwelt: Wie wir den Mars in einen bewohnbaren Planeten verwandeln

Angesichts aktueller Krisen wäre ein Ausweich-Planet durchaus praktisch. Dafür braucht es aber deutlich mehr als nur die passende Mathematik.
Der Planet Mars
Sollten wir auf den Mars ausweichen, falls die Erde irgendwann nicht mehr bewohnbar ist?

Die Erde ist ein wirklich hervorragender Planet. Hier ist es nicht zu heiß und nicht zu kalt; Wasser kann in allen drei Aggregatzuständen existieren – insbesondere in flüssiger Form. Die Erde ist der einzige uns bekannte Planet, auf dem Leben entstanden ist, und der einzige, von dem wir wissen, dass dort Leben wie das unsere existieren kann.

Wir haben zwar im Lauf der Zeit gelernt, zumindest für kurze Zeit in lebensfeindlichen Gegenden zu überleben (unter der Meeresoberfläche, in der Antarktis oder im Weltraum). Aber wir sind weit davon entfernt, irgendwo an diesen Orten dauerhaft und autark leben zu können. Viel besser wäre ein zweiter lebensfreundlicher Planet – aber da sieht es bislang schlecht aus.

Es könnte sein, dass wir in den nächsten Jahren einen lebensfähigen Ort in einem anderen Sonnensystem entdecken, was uns angesichts der großen Entfernungen nicht weiterhilft. In unserer Nachbarschaft haben wir nur die Venus und den Mars, die beide auf ihre eigene Art ziemlich lebensfeindlich sind.

Das heißt jedoch nicht, dass die Menschheit nicht darüber nachgedacht hat, wie sich das ändern ließe. Vor allem beim Mars haben sich Wissenschaft und Sciencefiction gleichermaßen mit der Frage des »Terraforming« beschäftigt – und das schon lange vor 1993, als Robert Zubrin und Christopher McKay ihre Arbeit mit dem Titel »Technological requirements for terraforming Mars« veröffentlicht haben, in der unter anderem diese Formel zu finden ist:

Sie illustriert das scheinbar einfache Problem, das beim Terraforming des Mars gelöst werden muss: Es ist dort viel zu kalt und der Druck der Atmosphäre viel zu schwach, als dass dort menschliches Leben existieren kann. Beide Größen hängen natürlich zusammen. Je dichter die Atmosphäre, desto mehr Wärme kann sie speichern. Die Formel verbindet die Solarkonstante S mit dem Druck der Atmosphäre P und der Gleichgewichtstemperatur des Mars TBB (die bei zirka −60 Grad Celsius liegt). Der atmosphärische Druck bezieht sich dabei auf das Gas CO2, das fast 96 Prozent der dünnen Marsatmosphäre ausmacht.

Asteroiden, riesige Spiegel und gigantische Treibhausgasfabriken

Um den Mars dauerhaft zu erwärmen, müsste man zum Beispiel dafür sorgen, dass das CO2, das derzeit noch in großen Mengen als Trockeneis an den Polen gefroren ist, sublimiert und den Druck der Atmosphäre erhöht. An Vorschlägen, wie das zu erreichen ist, mangelt es nicht. Zubrin und McKay erwähnten zum Beispiel gigantische Spiegel in der Marsumlaufbahn, die mehr Sonnenlicht auf die Oberfläche leiten. Oder den gezielten Einschlag von Asteroiden, die viel Ammoniak enthalten (ein starkes Treibhausgas). Und natürlich würde auch die Methode funktionieren, die wir auf der Erde schon seit Jahrzehnten einsetzen: das Freisetzen großer Mengen an Treibhausgasen auf dem Mars. Es gäbe noch jede Menge andere Methoden. Aber selbst wenn wir alle davon theoretisch vollständig verstehen würden (was nicht der Fall ist), gäbe es in der Praxis noch immer unüberwindbare Probleme.

Abgesehen davon, dass es ein absurd hoher Aufwand wäre, Asteroiden zum Mars umzuleiten, Treibhausgasfabriken dort zu bauen oder ihn von Spiegeln umkreisen zu lassen, würde es immer noch Jahrhunderte bis Jahrtausende dauern, bis wir einen ausreichend großen Effekt erreicht hätten. Selbst wenn der Mars dann eine dichte und warme Atmosphäre hätte, müssten wir noch dafür sorgen, dass wir sie auch atmen können – und dass der Mars sie nicht gleich wieder verliert! Dazu bräuchte der Planet ein Magnetfeld (dessen Abwesenheit ist der Grund, warum er seine erste Atmosphäre verloren hat). Eine planetare Magnetosphäre zu erzeugen, ist tatsächlich Stoff für Sciencefiction.

Somit ist es nicht unmöglich, den Mars lebensfreundlich zu machen. Viel einfacher wäre es, zu verhindern, dass die Erde lebensfeindlich wird.

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