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Hirschhausens Hirnschmalz: Trink dich schön!

Eckart von Hirschhausen

Dass man sich andere Menschen schönsaufen kann, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Doch nun haben Wissenschaftler die Frage untersucht: Kann man sich auch selbst schöner saufen? Eine ihrer verblüffendsten Erkenntnisse dabei ist die Placebowirkung von alkoholischen Getränken ohne Alkohol.

Doch der Reihe nach. Französische Forscher baten annähernd 100 Testpersonen, ihre eigene Attraktivität einzuschätzen, nachdem sie etwas getrunken hatten. Die einen bekamen einen Pseudodrink, bei dem das Glas zuvor mit Alkohol besprüht worden war – das Getränk roch nach "Stoff", enthielt aber keinen. Dafür erhielten andere einen angeblich alkoholfreien Cocktail, der insgeheim Umdrehungen hatte. Zur Kontrolle gab es für manche auch richtig deklarierte Getränke mit und ohne Prozente. Ergebnis: Stärker als die Droge selbst wirkte die Erwartung! Wer glaubte, Alkohol konsumiert zu haben, empfand sich als witziger und attraktiver. Und wer echten Alk intus hatte, sowieso. Die Testpersonen sollten einen Werbeslogan in eine Kamera sprechen. Beobachter, die nichts über den Promillegehalt wussten, beurteilten anschließend die Qualität der Darbietung. Sie konnten die positive Selbsteinschätzung der Angeheiterten allerdings nicht teilen – ein Gefühl, das jeder kennt, der schon einmal zu spät nüchtern auf eine Party kam und als einziger nicht verstand, was so zum Kichern war.

Psychotest

Ich trinke Alkohol, ...

  1. A) damit andere scharf aussehen.
  2. B) damit ich selbst scharf aussehe.
  3. C) damit ich nicht mehr scharf sehe.
  4. D) hab ich vergessen.

Ich bekenne, dass ich bereits in den späten 1980er Jahren eine solche Studie durchgeführt habe, mit mir selbst als Proband. Bei einer langen Nacht in der Jugendherberge war ich begeistert, wie mein Französisch mit jedem Glas schlechtem Rotwein besser wurde. Immer flüssiger kamen mir Wörter über die Lippen, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt. Und die anderen auch nicht! Wie ich später rekonstruierte, war nicht etwa mein Sprachvermögen gestiegen, sondern lediglich die Kritikfähigkeit aller Anwesenden gesunken. Um ein paar Wortneuschöpfungen ist es dennoch schade – schon am nächsten Morgen waren sie für die Nachwelt für immer verloren. Warum hat das keiner aufgenommen?

Der Suchtexperte Johannes Lindenmeyer bietet genau diesen Service für Schülergruppen an, damit sie den Umgang mit Alkohol lernen. Die Jugendlichen betrinken sich, werden dabei gefilmt und müssen sich am nächsten Tag alles noch einmal ansehen. Abends sind die Jungs noch überzeugt, dass alle Mädchen sie anhimmeln. Und die Mädchen denken, sie wären unglaublich lustig oder cool. Das "Video danach" ist wirkungsvoller als jede Moralpredigt.

Die Alkoholwerbung suggeriert Männern gerne eine Verbindung von Getränken, Geselligkeit und Gelegenheiten: Sobald sie ein Bier trinken, zack, sind sie umzingelt von schönen Frauen mit prallen Brüsten. In der Realität trifft das nur bedingt zu. Die einzigen prallen Brüste, von denen man in vielen Eckkneipen umgeben wird, sind die der männlichen Biertrinker. Lauter einsame Gestalten, die sich bei Hopfen und Malz verloren haben. Die so hässlich wie treffend "Biertitte" genannte Erscheinung hängt mit einem verwirrten Hormonhaushalt zusammen: Biertrinken macht nicht männlicher, im Gegenteil! Durch Pflanzenstoffe und den veränderten Abbau von Geschlechtshormonen überwiegt bei beginnendem Leberschaden die Östrogenwirkung. Zur Pseudoschwangerschaft des Bierbauchs entwickelt sich die passende Brust.

Was lernen wir daraus? eigentlich reicht es, alkoholfreies Bier zu trinken, es darf nur nicht auf der Flasche stehen. Dann verfallen wir angenehmen Selbstillusionen, ohne dass unser Körper gleich mit verfällt. Ein erster Schritt wären Warnhinweise auf den Flaschen: "Achtung! Durch Alkohol schätzen sie alkoholische Getränke, sich selbst und andere deutlich attraktiver ein, als sie sind."

  • Quellen
Bègue, L. et al.:"Beauty Is in the Eye of the Beer Holder": People Who Think They Are Drunk also Think They Are Attractive. In: British Journal of Psychology 10.1111/j.2044–8295.2012.02114.x, 2012

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