Coronavirus in Deutschland: Wir brauchen Schulen, aber keine Fußballspiele
Es ist Zeit, konsequent zu sein. 1139 Menschen tragen das neue Coronavirus in Deutschland nachweislich in sich. Zwei Erkrankte sind an den Folgen gestorben. Bislang. Das sind mehr Betroffene, als zu wünschen wäre. Doch es sind wenig genug Fälle, um weiterhin zu sagen: Die Epidemie in Deutschland steht noch am Anfang. Noch können wir mit gezielten Maßnahmen selbst entscheiden, worauf wir verzichten. Wenn wir es nicht tun, entscheidet allein das Virus.
Jeder und jede hat die Aufgabe, es Sars-Cov2 so schwer wie möglich zu machen. Die bayerische Staatsregierung will wegen der Ausbreitung Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern untersagen. Schleswig-Holstein ebenso. In der Bundesliga werden Dortmund und Schalke, Gladbach und Köln sowie Bremen und Leverkusen vor leeren Rängen spielen. Gut so. Aber der Staat allein wird es nicht richten. Kann es gar nicht. Wir alle müssen unseren Teil beitragen.
Das fängt mit dem Verhalten im Alltag an. Achtsam sollten wir sein. Das heißt, Hände waschen und in die Ellbeuge niesen. Nicht hustend durch die Gegend laufen und nicht weiterhin aus Höflichkeit Hände schütteln. Sich fragen, ob das Meeting sein muss oder es nicht doch eine Videokonferenz tut. Doch damit ist es nicht getan.
China hat Deutschland Zeit geschenkt – nutzt sie!
Das Virus ist längst persönlich geworden. Wir sind an einem Punkt, an dem sich jeder zum Wohl aller ernsthaft einschränken sollte. 50 Millionen Menschen in der Provinz Hubei haben es vorgelebt. Die chinesische Regierung hatte die Millionenmetropole Wuhan, die als Ursprung der Pandemie gilt, und die direkte Umgebung zwischenzeitlich vollkommen abgeriegelt.
Weil es ein klar umrissenes Gebiet gab, in dem das Virus immer schneller immer mehr Menschen infizierte, waren die Quarantänemaßnahmen angemessen. Weil es in China eine restriktive politische Führung gibt, ließen sie sich durchsetzen. Doch nicht zuletzt auch deshalb, weil große Teile der Bevölkerung es akzeptiert haben, in Isolation zu leben. Die Menschen haben die Städte nicht verlassen, der öffentliche Verkehr ruhte, Veranstaltungen wurden abgesagt und Eltern hielten ihre Kinder im Haus, waren die auch noch so gelangweilt.
Mit Erfolg. Die Zahl der Neuinfektionen ist gesunken, die Ausbreitung wurde eingedämmt – damit hat China sich selbst und allen anderen Ländern Zeit geschenkt, um sich vorzubereiten. Doch statt die kostbare Zeit zu nutzen, trödeln viele in Deutschland herum. Schlimmer noch: handeln verantwortungslos.
Es gibt Gruppen, die Viren-Partys in Erwägung ziehen, damit man das Ganze durch hat und selbst immun ist. Einzelne kaufen und horten Atemschutzmasken, Desinfektionsmittel und Klopapier in Mengen, ohne Rücksicht auf andere. Oder stehlen all diese Dinge sogar. Und noch am Wochenende waren allein beim Fußballspiel Gladbach gegen den BVB aus Dortmund rund 54 000 Menschen im Stadion.
Das ist unverantwortlich. Das ist egoistisch. Das ist beschämend.
Eine Viren-Party in Kauf zu nehmen, bedeutet, bewusst das Risiko einzugehen, seine Eltern und Großeltern anzustecken. Menschen also, die bekanntlich besonders gefährdet sind, schwer zu erkranken. Gesunde haben Kranke und Pflegepersonal um ihre Masken gebracht. Und sich Schulter an Schulter erst in Regionalzüge und Bahnen und anschließend auf Tribünen zu drängen, bedeutet tausende Leute, die untereinander Schleim und Tröpfchen austauschen.
Es wird sicherlich noch schlimmer, bevor es sich bessert
Wäre ein Lockdown wie in Hubei auf Ballungsgebiete in Deutschland übertragbar? Theoretisch schon. Wäre es angemessen? Eher nicht. Ernsthaft umsetzbar? Wohl kaum. Begründen lässt sich das mit der politischen Führung, den hier geltenden Gesetzen, finanziellen Mitteln und nicht zuletzt mit den geringen Fallzahlen. Denn nochmal: Wir stehen noch am Anfang einer Epidemie, die sicherlich schlimmer wird, bevor sie sich bessert. Der wir aber längst nicht ausgeliefert sind.
Gleichzeitig ist die Epidemie weit genug fortgeschritten, um das eigene Verhalten zu ändern. Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, die Anpassung erfordert. Jetzt.
Jedes öffentliche Leben zu stoppen, ist allerdings nicht ratsam. Es braucht Kitas und Schulen. Es braucht – nicht vor Panik leer gekaufte – Supermärkte. Aber braucht es wirklich ein Fußballspiel vor ausverkauften Rängen? Möglicherweise werden die Behörden uns die Entscheidung bald grundlegend abnehmen. Die einzelnen Verbote von Großveranstaltungen sind erst der Anfang.
Wenn wir verhindern wollen, dass es in deutschen Krankenhäusern zu Szenen kommt wie in China oder derzeit in Italien, sind wir alle in der Verantwortung. Das bedeutet auch, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen und auf Annehmlichkeiten zu verzichten – zumindest vorübergehend. Denn noch haben wir die Wahl, wie wir unsere Prioritäten setzen. Setzen wir sie richtig.
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen