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Freistetters Formelwelt: Was nicht konstant ist, wird konstant gemacht

Naturkonstanten, willkürlich festgelegt? Das muss ein Ende haben. Nun hat es das Kilogramm erwischt - und mit ihm das plancksche Wirkungsquantum.
Neues Kilogramm aus Silizium

Naturkonstanten haben etwas Faszinierendes an sich. Eine Zahl, die sich nicht ändert, egal was passiert. Eine Zahl, die ins Gefüge des Kosmos eingebaut ist. Solche Zahlen sind wichtig, wenn man das Universum verstehen will. Und abgesehen davon auch enorm praktisch.

So hat jedes physikalische System, das auf irgendeine Weise (harmonisch) schwingt, eine gewissen Frequenz und eine gewisse Energie. Diese beiden Größen sind über folgende Formel miteinander verknüpft:

Zusammenhang von Frequenz und Energie

Erstmals aufgeschrieben wurde so eine Beziehung an der Wende zum 20. Jahrhundert vom deutschen Physiker Max Planck. Er betrachtete die Energie E und die Frequenz f eines Photons und stellte fest, dass man eine konstante Zahl benötigt, um beide miteinander mathematisch zu verknüpfen. Diese Zahl h wird heute das plancksche Wirkungsquantum genannt.

Allgemein ist h das Verhältnis der kleinstmöglichen Energie zur Schwingungsfrequenz eines Systems. Oder anders gesagt: Als Planck die Energie von Photonen betrachtete, stellte er fest, dass sie nicht beliebige Werte annehmen kann. Sie tritt immer nur in ganzzahligen Vielfachen eines bestimmten kleinstmöglichen Werts auf, der genau durch das Wirkungsquantum h definiert ist.

Das Wirkungsquantum spielt eine fundamentale Rolle für die gesamte moderne Quantenmechanik. Aber demnächst auch in unserem Alltag. Am 20. Mai 2019 wird eine neue Definition offiziell in Kraft treten, die von der Generalkonferenz für Maß und Gewicht am 16. November 2018 beschlossen wurde. Sie hat mit den Basiseinheiten der Physik zu tun, also dem, was wir zum Beispiel unter »Meter«, »Sekunde« oder »Kilogramm« verstehen.

Der peinliche Platinklumpen

Ein Meter entspricht dabei exakt der Länge der Strecke, die »das Licht im Vakuum während der Dauer von 1 / 299 792 458 Sekunde zurücklegt«. Eine Sekunde wiederum ist »das 9 192 631 770-fache der Periodendauer, der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Zäsiumisotops Cs-133 entsprechenden Strahlung«. Das klingt ziemlich technisch und kompliziert, ist aber durchaus praktisch. Unter anderem folgt daraus, dass die Lichtgeschwindigkeit nicht mehr bei Experimenten gemessen werden muss, sondern einen fixen und exakten aus der Definition von Meter und Sekunde folgenden Wert hat: 299 792 458 Meter pro Sekunde.

Beim Kilogramm war die Wissenschaft bis jetzt in einer anderen und ein wenig peinlichen Situation. Es war offiziell definiert als »gleich der Masse des Internationalen Kilogrammprototyps«. Ein Kilogramm entspricht also exakt der Masse eines seit 1889 in Paris aufbewahrten Stück Metalls aus Platin und Iridium. Eine fundamentale physikalische Einheit über ein menschengemachtes Objekt zu definieren, ist nicht nur philosophisch unbefriedigend. Sondern hier auch in der Praxis problematisch. Denn der Kilogrammprototyp sollte eigentlich seine Masse nicht verändern. Genau das aber ist im Lauf der Zeit passiert. Zwar nur sehr geringfügig – aber in diesem Fall ist jede Änderung zu viel.

Es musste also eine neue Definition gefunden werden, und die basiert auf dem planckschen Wirkungsquantum. Diese Zahl wird in Kilogramm mal Quadratmeter pro Sekunde angegeben. Meter und Sekunde sind schon fix über den Wert der Lichtgeschwindigkeit definiert. Definiert man nun einen ebenfalls fixen und exakten Wert für das Wirkungsquantum, ergibt sich daraus eine Definition für das Kilogramm. Deswegen wird das plancksche Wirkungsquantum ab dem 20. Mai 2019 nicht mehr als fehlerbehaftete Messgröße betrachtet werden, sondern auf den exakten Wert von 6,62607015 x 10-34 kg m2 s-1 festgelegt.

Das hätte man natürlich auch schon viel früher tun können. Das Problem an der Sache war, eine Methode zu finden, mit der man aus dieser Definition auch konkret eine Masse herstellen beziehungsweise abwägen kann, die genau ein Kilogramm hat. Das ist nach Jahrzehnten der Forschung gelungen. Jetzt kann das französische Stück Metall endlich entsorgt werden. Und das Universum ist ein klein wenig ordentlicher geworden.

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