Vince Ebert extrapoliert: Was wäre, wenn es weltweit Wohlstand und Sicherheit gäbe?
Was denken Sie, wie viele Menschen es auf der Welt gibt? Das ist eine sehr knifflige Frage. Denn in vielen Ländern funktioniert das Einwohnermeldeamt nicht ganz so perfekt wie in der Schweiz. Versuchen Sie zum Beispiel mal in Aserbaidschan Köpfe zu zählen. Oder in Ihrem eigenen Haus, wenn Ihr 14-jähriger Sohn eine Party feiert. Ich wette, Sie übersehen mindestens zehn Prozent, die im Hobbykeller auf Tauchstation gegangen sind.
Dennoch verkündeten im Oktober 2011 die Vereinten Nationen ziemlich großspurig die Geburt des siebenmilliardsten Menschen auf dem Planeten. Angeblich war es ein Mädchen in Manila. Angesichts der Geburtenrate auf den Philippinen (aktuell: 2,9 Kinder pro Frau) erstaunt das nicht. Ein Jubiläumsbaby aus Deutschland wäre dagegen eine Überraschung gewesen. Mit einer Geburtenrate von 1,5 Kindern pro Frau sind wir weltweit ganz hinten mit dabei. Knapp vor dem Vatikan.
Doch auch wenn es in Brandenburg und dem Westerwald anders aussieht – klar ist: Die Weltbevölkerung wächst. Für die erste Milliarde benötigten wir vom Beginn unserer Existenz bis ins frühe 19. Jahrhundert. Die zweite Milliarde ging dann schon merklich flotter. Sie wurde rund 130 Jahre später erreicht. 1960 waren es dann bereits drei Milliarden. Und so ging das muntere Spielchen weiter. Immer mehr, immer schneller. Man schätzt, dass derzeit die Weltbevölkerung jährlich um rund 80 Millionen Menschen ansteigt.
Wohin also geht diese Entwicklung? Müssen wir uns Sorgen machen, dass es in wenigen Jahren nur noch einige Stehplätze auf der Erde geben wird? Gemach, gemach. Zunächst einmal muss man feststellen, dass die Geburtenraten seit den 1970er Jahren kontinuierlich fallen. Seit der Auflösung der Kelly-Family gibt es keine bevölkerungsreiche Kultur auf der Erde mehr, in der die Geburtenrate steigt. Bangladesch, das mit 1100 Menschen pro Quadratkilometer am dichtesten bevölkerte Flächenland, hatte 1955 noch eine Geburtenrate von 6,8 Kindern pro Frau. Inzwischen hat sich diese Rate auf 2,1 Kinder mehr als halbiert. In Indien sank sie ähnlich dramatisch von 5,9 auf 2,4 Kinder. Selbst die fruchtbaren Mormonen machen bei dieser Entwicklung mit.
Nimmt man alle Zahlen zusammen, so ergibt sich ein paradoxes Phänomen: Obwohl die absolute Zahl der Weltbevölkerung nach wie vor wächst, verlangsamt sich die globale Wachstumsrate kontinuierlich. Und das, obwohl die Lebenserwartung parallel dazu permanent steigt. Hält dieser Trend weiter an, so schätzen einige Bevölkerungsforscher, wird im Jahr 2075 die Zahl der Menschen mit etwas über neun Milliarden ihren Gipfelpunkt erreichen, und danach wird die Weltbevölkerung sogar wieder sinken. Wer hätte das gedacht? Deutschland ist mit seiner niedrigen Geburtenrate seiner Zeit um 60 Jahre voraus!
Die Gründe für diesen globalen demografischen Wandel sind zwar vielfältig, haben aber dennoch ein gemeinsames Charakteristikum: Früher dachte man, Menschen unterscheiden sich bezüglich ihres Populationsverhaltens nicht wesentlich von Kaninchen, Mäusen oder Stubenfliegen. Heute weiß man: Es verhält sich genau umgekehrt. Wenn es Heuschrecken gut geht, vermehren sie sich wie die Fliegen. Wenn es Menschen gut geht, betreiben sie Geburtenkontrolle. Ein bemerkenswerter Zusammenhang, der in allen modernen Gesellschaften beobachtbar ist: In Berlin-Charlottenburg gelten Frauen mit 39 Jahren als früh gebärend, in Neukölln dagegen haben sie mit 39 mitunter schon Enkel.
Sobald sich in einer Gesellschaft Reichtum, gute medizinische Versorgung und Bildung breitmachen, bekommen die Frauen weniger und später Kinder. Irgendwie logisch. Wer will sich schon von fünf quengelnden Bälgern das Austern-Wettessen in Florida vermiesen lassen?
Die besten Verhütungsmittel sind Wohlstand und Sicherheit. Und da besonders die kinderreichen Entwicklungsländer in den letzten Jahrzehnten zu deutlich größerem Wohlstand gekommen sind, wird das Bevölkerungswachstum dort mehr und mehr abgebremst. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt (und danach sieht es eindeutig aus), wird es langfristig und weltweit gesehen aller Voraussicht nach weniger Menschen geben, die im Durchschnitt immer älter werden. Und sie bleiben immer fitter dabei. Wenn Sie einen Blick in die demografische Zukunft wagen wollen, fliegen Sie im Winter einfach nach Mallorca.
Mehr über die Zukunft gibt es in Vince Eberts aktuellem Programm "Zukunft is the Future" . Tickets und mehr unter www.vince-ebert.de.
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