Vince Ebert extrapoliert: Was wäre, wenn wir Designer-Babys züchten könnten?
Die medizinische Forschung macht immer größere Fortschritte. So ist es 2016 in Polen gelungen, eine hirntote schwangere Frau künstlich am Leben zu erhalten, damit ihr ungeborenes Baby ausgetragen werden konnte. Und heute moderieren bei Astro-TV Hirntote sogar ganze Sendungen.
Doch die neueste Meldung aus China toppt alles. Angeblich ist es den Forschern dort gelungen, das Erbgut von zwei Babys mit Hilfe des biotechnologischen Crispr-Verfahrens so zu verändern, dass sie vor einer Erkrankung durch das HI-Virus geschützt sind.
Wie seriös die Meldung wirklich ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall werden überall auf der Welt kritische Stimmen laut. Man solle nicht »Gott spielen und der Schöpfung ins Handwerk pfuschen«, meint unter anderem der Gesundheitsminister Jens Spahn. Natürlich sind solche Eingriffe ethisch prekär. Andererseits ist der Wunsch vieler Eltern, ihre Kinder mit Hilfe von modernen gentechnischen Verfahren vor ernsthaften Erkrankungen zu schützen, nachvollziehbar. Und wenn die Meldung tatsächlich stimmt, wäre das ohne Zweifel ein Hoffnungsschimmer im Kampf gegen AIDS.
Das bloße Argument, es stünde dem Menschen nicht an, der Schöpfung ins Handwerk zu pfuschen, ist meiner Meinung nach nicht ganz schlüssig. Denn das gilt schließlich auch für einen Herzschrittmacher, die tägliche Insulinspritze, ein künstliches Hüftgelenk oder die Antibabypille. Seit es medizinische Forschung gibt, arbeiten Wissenschaftler daran, den natürlichen »gottgegebenen« Lauf der Dinge zu beeinflussen, aufzuhalten oder zu manipulieren. Und mindestens genauso lange träumen nicht wenige junge Paare davon, die Eigenschaften ihrer zukünftigen Kinder im Vorfeld positiv beeinflussen zu können. Mit mehr oder weniger großem Erfolg. Bereits im 18. Jahrhundert haben französische Männer gezielt versucht, einen Sohn zu zeugen, indem sie sich beim Sex den linken Hoden abgebunden haben. Muss man mögen.
Selbstverständlich hat der aktive Eingriff in das Erbgut eines Menschen eine andere Dimension als eine simple Masernimpfung. Doch die Geschichte der Medizin hat auch gezeigt, dass es bei neuen Verfahren und Eingriffen immer schon zu ethischen Diskussionen kam. So wurde beispielsweise auch die allererste Herztransplantation im Jahr 1967 durch Christiaan Barnard in der Öffentlichkeit heftig diskutiert.
Wie wir in Zukunft genmanipulierte Eingriffe an ungeborenem Leben bewerten werden, kann man folglich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Das Forschungsfeld ist dazu einfach noch zu neu. Ich gebe zu, mich stimmt die Vorstellung, Erbkrankheiten im Kern verhindern zu können, durchaus positiv. Bei dem Versuch, die spezifische Persönlichkeit eines Menschen durch gentechnische Verfahren zu manipulieren, habe ich tatsächlich große ethische Bedenken.
Andererseits weiß man heute schon, dass unsere DNA zwar vieles, aber eben auch nicht alles bestimmt. Das, was unsere Persönlichkeit ausmacht, wird durch unzählige andere Faktoren mit beeinflusst. In England zum Beispiel gibt es einen jungen Mann, der nach einem Purzelbaum einen leichten Schlaganfall bekam und danach plötzlich homosexuell war.
Bisher hatte ich immer Angst, dass man nach einem Schlaganfall nicht mehr laufen kann. Aber jetzt weiß ich: Da kann viel mehr passieren. Du kippst um, wachst auf und bist auf einmal fanatischer Andrea-Berg-Fan. Oder noch schlimmer: Du kippst um, wachst auf und BIST Andrea Berg!
In Zukunft wird man mit Hilfe von Genmanipulationen eine Menge Eigenschaften verändern können, aber das perfekte Wunschkind zu designen, das wahrscheinlich immer eine Utopie bleiben. Zum Schluss kommt's eben immer anders als man denkt. Da betreibst Du als Eltern mit Klavierunterricht, bilingualer Frühförderung und Kinderyoga einen irrsinnigen Aufwand, und irgendwann sagt die kleine Franziska dann: »Ab heute heiße ich Jupp und werde Fernfahrer!«
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