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Freistetters Formelwelt: Welche Form haben Eier?

… sie sind natürlich eiförmig. Nur: Das hilft uns nicht wirklich weiter. Auch die Mathematik kann diese Frage nicht befriedigend beantworten.
Ostereier samt Ei mit Hasenohren in einem Osternest.

Ohne Mathematik gibt es kein Osterfest. Zumindest kein offizielles nach den Regeln der christlichen Kirche. Denn das muss aus theologischen Gründen an einem ganz speziellen Datum stattfinden, an dessen Bestimmung sowohl die Astronomie als auch die Mathematik beteiligt ist.

Wenn die Mathematik die unsichtbare Grundlage von Ostern bildet, dann sind die bunten Eier, die wir uns zum Fest schenken und verzehren, seine sehr viel sichtbarere Ausprägung. Damit zusammen hängt eine vielleicht nicht unbedingt drängende, aber dennoch sehr interessante Frage: Welche Form hat ein Ei?

Ein Ei ist eiförmig, aber diese Aussage hilft nicht viel weiter. Lässt sich die Form eines Eis auch mathematisch fassen? Das ist überraschend schwer, und es gibt auf die Frage bis jetzt keine abschließende Antwort. Eine Formel, mit der sich ein Ei zumindest annähernd beschreiben lässt, sieht so aus:

Das ist die so genannte cassinische Kurve, benannt nach dem italienische Astronomen Giovanni Domenico Cassini. Er hat sie gegen Ende des 17. Jahrhunderts formuliert, weil er dachte, damit die Bahnen der Himmelskörper beschreiben zu können. Die Kurve ist definiert als Menge aller Punkte (x,y) in einer Ebene, bei denen das Produkt der Abstände von zwei vorgegebenen Punkten gleich a² ist. Die beiden Punkte liegen in dem Fall entlang der x-Achse in einem Abstand von c beziehungsweise -c vom Ursprung entfernt.

Wählt man a größer als c, dann kriegt man eine Kurve, die ein wenig wie eine Erdnuss aussieht. Bei a = c ergibt die Formel von Cassini die Gleichung der so genannten Lemniskate, eine Kurve die wie eine liegende 8 erscheint. Ist a kleiner als c, erhält man zwei Kurven die – je nach Wahl der Werte für a und c – unterschiedlich große Ovale um die beiden Bezugspunkte bilden. Und die auch tatsächlich ein wenig wie Eier aussehen – aber die Realität natürlich trotzdem nur näherungsweise wiedergeben können.

Ein Ei ist eben keine geometrische Figur, wie ein Kreis oder ein Quadrat. Eier sind zwar annähernd oval – aber Vögel keine Mathematiker, und die von ihnen gelegten Objekte alles andere als perfekt. Abgesehen davon gibt es ja auch mehr Eisorten als nur die Hühnereier, die wir regelmäßig verzehren. So vielfältig wie die Eier legende Tierwelt sind auch die Formen, die sie produziert. Warum das Ei eiförmig ist, ist übrigens ebenfalls noch nicht abschließend geklärt. Ursprünglich dachte man, dass die Form durch den Prozess des Eierlegens erzeugt wird; das also die noch weiche Schale durch die Muskelbewegungen im Legedarm der Tiere in die Eiform gepresst wird.

Das konnte mittlerweile widerlegt werden; auch die Vermutung, dass die Eier ihre typische Form bekommen haben, um nicht davonzurollen, ist umstritten. Eine Studie aus dem Jahr 2017 hat 49 175 Eier von 1400 Arten mathematisch modelliert und untersucht. Das Ergebnis: Die Form scheint mit der Flugfähigkeit der Vögel zusammenzuhängen. Tiere, die lange und viel fliegen, optimieren die Größe der Eier unter Beibehaltung einer stromlinienförmigen Form, wodurch sehr längliche Objekte entstehen; Vögel, für die das lange fliegen keine große Rolle spielt, legen eher rundere Eier. Ob das aber schon die endgültige Antwort auf die Frage nach der Form ist, bleibt offen.

Die mathematischen Geheimnisse des Eis lassen sich so schnell nicht lüften. Vielleicht sollte man sich vorerst auf die Analyse von Schokoladeneiern konzentrieren. Deren künstlicher Ursprung macht die Beschreibung der Form deutlich einfacher. Und zumindest mir schmecken sie auch viel besser.

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