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Künstliche Intelligenz: Wenn intelligente Maschinen die digitale Gesellschaft steuern

Im digitalen Zeitalter steuern Maschinen schon heute unseren Alltag. Das sollte ein Grund sein, sparsam mit unseren Daten umzugehen, meint KI-Expertin Yvonne Hofstetter.
Datenhirn

Für Norbert Wiener wäre die digitale Ära wohl das Paradies gewesen. "Die Kybernetik ist die Wissenschaft von Information und Kontrolle, gleichgültig, ob es sich um eine Maschine oder ein lebendiges Wesen handelt", erklärte der Begründer der Kybernetik 1960 bei einem Vortrag in Hannover in deutscher Sprache.

Dabei hatte der Mathematiker den Begriff der Kontrolle nicht ganz treffend gewählt. Die Kybernetik, eine Wissenschaft mit Totalitätsanspruch, verspricht: "Alles ist steuerbar." Schon im 20. Jahrhundert wurde die Kybernetik in militärischen Führungssystemen genutzt. Mit der Bezeichnung "C3I" (Command, Control, Communication and Information) lehnte man sich sprachlich an Wieners 1948 erschienenes Werk "Cybernetics: Or Control and Communication in the Animal and the Machine" an. Damit gemeint war die Regelung sowohl von (Industrie-)Anlagen als auch von einzelnen Menschen oder ganzen Gesellschaften. Ihre Voraussetzung: Information. Und die fällt im digitalen Zeitalter im Überfluss an.

Neu an der Kybernetik war das Konzept der Rückkopplung. Sie ist auch die herausragende Eigenschaft der Digitalisierung. Ist die Digitalisierung also nichts weiter als die perfekte Inkarnation der Kybernetik? Während wir mit Hilfe digitaler Geräte, vom Smartphone bis zum Smart Home, einen unaufhörlichen Datenstrom erzeugen, entsteht im Verborgenen ein Ökosystem künstlicher Intelligenzen, die den Ist-Zustand aus unseren Daten extrahieren und mit einem Soll-Zustand abgleichen.

Lernende Maschinen berechnen einen Stimulus, damit wir etwas Bestimmtes tun oder uns in bestimmter Weise verhalten. Sie sind die maschinellen Kontrollstrategien, die unseren Alltag regeln. Schon "Google Search" ist eine Kontrollstrategie. Hat ein Nutzer per Suchbegriff seine Absicht offenbart, präsentiert die Suchmaschine nicht die beste Antwort, sondern Links, die das weitere Nutzerverhalten auf eine Weise "steuern" sollen, die dem Internetgiganten mehr Umsatz beschert. Ein Missbrauch der monopolistischen Google-Marktstellung, mahnt die EU.

Der Ausweg: Ohne den nächsten Klick des Nutzers, die Response, entsteht kein Regelkreis. Ohne das menschliche Gegenüber wird Steuerung unmöglich. Wir können kybernetischen Zugriffen entgehen, wenn wir die Antwort schuldig bleiben. Bleiben wir diskret und sparsam mit unseren Daten, auch wenn es schwerfällt. Nur: In der digitalen Zukunft mag das nicht mehr ausreichen. Freiheit muss immer wieder neu errungen werden – selbst gegen den Zugriff intelligenter Maschinen.

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