Klimawandel: Wenn Wassermangel die Schneekanonen bremst
Über Weihnachten machen viele Skigebiete einen großen Teil ihres Jahresumsatzes – und hoffen deshalb auf winterliche Bedingungen. Diese stellen sich wegen der Erderwärmung jedoch seltener ein und fallen in manchen Jahren sogar im Hochgebirge monatelang aus. Hier sollen Schneekanonen technisch die Schneesicherheit gewährleisten, damit Touristen Ski alpin oder nordisch fahren können. Naturschützer kritisieren diesen Einsatz fast schon so lange, wie es diese Vorrichtungen gibt: In den Alpen stehen mittlerweile zehntausende Schneekanonen, die gewaltige Mengen an Strom und Wasser brauchen, um den gewünschten »technischen« Schnee zu schaffen. Allein in Österreich verbrauchten im Jahr 2013 rund 19 000 Schneekanonen insgesamt 250 Gigawattstunden Strom – so viel wie das Donaukraftwerk Freudenstadt in drei Monaten insgesamt produziert. Für den bayerischen Alpenraum berechnete das Bayerische Landesamt für Umwelt im Jahr 2009 den Wasserverbrauch für nur 600 Hektar Beschneiungsfläche auf 600 000 Kubikmeter – in etwa der jährliche Wasserbedarf von 15 000 Menschen.
2018 sieht es bislang nicht besser für Hoteliers und Liftbetreiber aus: Außerhalb der alpinen Hochlagen ist Schnee absolute Mangelware, und Meteorologen kündigen pünktlich zu den Feiertagen das berüchtigte Weihnachtstauwetter mit Regen an. Liebend gerne würden die Verantwortlichen deswegen die Schneekanonen anwerfen, um trotz der milden Bedingungen eine Grundlage für Ski und Rodeln zu schaffen. Doch: Nach dem Dürresommer und dem Dürreherbst ist auch jetzt noch das Wasser knapp. Landauf, landab melden Regionalzeitungen daher, dass aus Wassermangel die Schneekanonen kaum laufen könnten. Man habe zwar ein bisschen Reserven, doch wenn es überwiegend trocken bleibe, würde das Wasser für die Beschneiung bald knapp, meldete der SWR für den Schwarzwald.
In den benachbarten Vogesen sehe es ähnlich aus; und wegen der Dürre dürfe man dort weiterhin kein Wasser aus Flüssen entnehmen. Im Harz »verpulvert« man in einem normalen Winter sechs bis zehn Millionen Liter Wasser, doch besitze man momentan nur 3,5 Millionen Liter im Speicher, schreibt das »Göttinger Tagblatt« über den Harz und die Nöte der Pistenbetreiber. Die Lösung: Bleibt es zu trocken, sollen die Pisten verkleinert werden. Und im Allgäu wundert man sich, dass den einen das Wasser ausgeht, während die anderen beschneien dürfen.
Auch wenn man die wirtschaftlichen Nöte in den Skigebieten gut verstehen kann, so zeigte sich selten deutlicher, auf welch tönernen Füßen dieses Wirtschaftsmodell steht: Wegen steigender Temperaturen muss man auf Energie fressende Schneekanonen setzen, um Schneesicherheit zu gewährleisten, die wiederum durch den Verbrauch fossiler Energieträger weiter gefährdet wird. Auch wenn man ein einzelnes Extremereignis wie das trockene Jahr 2018 noch nicht direkt auf den Klimawandel zurückführen kann, bei den Temperaturen ist der Trend eindeutig: Die Jahre 2015 bis 2018 waren laut der World Meteorological Organization die vier wärmsten seit Beginn moderner Aufzeichnungen Ende des 19. Jahrhunderts, die 20 wärmsten seit damals traten in den vergangenen 22 Jahren auf. In den Alpen haben sich die durchschnittlichen Temperaturen um zwei Grad Celsius während der letzten Jahrzehnte erhöht, doppelt so schnell wie im globalen Mittel – und ein Großteil dieses Anstiegs führen Klimatologen auf den von Menschen verursachten Treibhauseffekt zurück.
Wegen dieser Entwicklung werden die Winter kürzer. Und die schneesicheren Regionen schrumpfen, weil sie sich in die Höhe zurückziehen. Unterhalb von 1200 Meter prognostizieren Wissenschaftler faktische Schneefreiheit bis zum Ende des Jahrhunderts, auf 1500 Metern reduziert sich die Zahl der Tage mit Schneebedeckung um die Hälfte. Wegen der zu hohen Temperaturen rentiert sich dann der Einsatz von Schneekanonen schon lange nicht mehr – außer Regierungen sind bereit, die immensen Energiekosten zu subventionieren und vor der nicht skifahrenden Bevölkerung zu rechtfertigen. Außerhalb der Alpen wird man vielleicht noch rund um den Feldberg- oder Arbergipfel ein bisschen Ski fahren können, der große Rest der Mittelgebirge bleibt im Winter grün und braun.
Gerade Wintersportorte unterhalb von 1200 Metern sollten also wirklich dringend anfangen, umzudenken und nach alternativen touristischen Angeboten zu suchen – wenn es sein muss, auch mit staatlichen Umstiegssubventionen. Denn angesichts steigender Temperaturen dürfte Wassermangel wie in diesem Jahr wohl noch ihre geringste Sorge zu sein. Wegen der Dürre still stehende Schneekanonen sind allerdings ein markantes Sinnbild für den ökonomischen wie ökologischen Irrsinn des Schneewettbewerbs in den Bergen.
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