Meinels Web-Tutorial: Wie die E-Mail zur kommunikativen Allzweckwaffe wurde
Aus dem Alltag der meisten Menschen sind E-Mails längst nicht mehr wegzudenken. Täglich werden Milliarden davon versendet, die elektronische Post ist weltweit zu einer Allzweckwaffe der digitalen Kommunikation geworden. Dafür brauchte es – neben dem Internet – leistungsfähige Protokolle auf der Anwendungsschicht des TCP/IP-Protokollstapels.
Sie erlauben es, innerhalb eines Netzwerks Postfächer für verschiedene Empfänger zu betreiben, E-Mails auf unterschiedlichen Endgeräten abzurufen und auch komplexere Datentypen zu versenden. Das SMTP-Protokoll, das wir in der letzten Kolumne genauer betrachteten, erlaubt ja nur das Versenden von E-Mails mit Textnachrichten aus Zeichen des 7-Bit-ASCII-Zeichenvorrats, also nicht einmal die Übertragung nationaler Sonderzeichen, wie ä, ü oder ö. Damit all das und mehr möglich wird, braucht es weitere E-Mail-Protokolle, wie zum Beispiel POP3, IMAP und MIME.
Das POP3-Protokoll (Post Office Protocol 3) ermöglicht die störungsfreie Verwaltung von E-Mail-Postfächern verschiedener Nutzer innerhalb einer Domain. In lokalen Netzwerken ist meist ein einziges »E-Mail-Gateway« eingerichtet, das alle E-Mails der Nutzer des Netzwerks empfängt und in deren Postfach ablegt (ähnlich wie bei einem analogen Postfach innerhalb eines Unternehmens). Mit Hilfe des POP3-Protokolls können die Nutzer innerhalb des Netzwerks von ihrem Rechner, dem POP3-Client, die E-Mails aus ihrem Postfach beim Gateway, dem POP3-Server, abrufen. Das POP3-Protokoll nutzt wie die anderen E-Mail-Protokolle auch das verbindungsorientierte TCP als Transportprotokoll mit dem festgelegten Port 110. Die folgende Grafik veranschaulicht, wie der Absender einer Mail über das Gateway mit dem Empfänger kommuniziert:
Die E-Mail wird mit dem SMTP-Protokoll auf ihren Weg über die Message Transfer Agenten (MTA) versendet und gelangt schließlich zum E-Mail-Gateway im Netz des Empfängers. E-Mail-Gateways verfügen über eine MTA-Komponente und einen POP3-Server und stellen für jeden Nutzer im Netzwerk ein Postfach bereit. Der Empfänger der Mail hat ein Zugriffsrecht auf sein Postfach und kann vermittels seines POP3-Clients nach einer Identifikation (typischerweise persönliches Passwort) die an ihn gerichteten E-Mails auf seinen Rechner herunterladen.
Mit POP3 können immer nur sämtliche im Postfach eingetroffenen E-Mails im Block heruntergeladen werden. Vorher auszuwählen, welche Mail man eigentlich lesen möchte, das geht mit POP3 nicht. Das ist natürlich höchst unpraktisch, wenn man wie heute üblich über mehrere Endgeräte (Smartphone, Tablet, Laptop, Standrechner) verfügt und situationsbezogen über verschiedene Geräte auf einzelne Elemente im Postfach zugreifen möchte.
Möglich macht das erst das IMAP-Protokoll (Interactive Mail Access Protokoll, TPC-Port 143). Es regelt das Synchronisieren der Postfachverwaltung auf mehreren Endgeräten. IMAP bietet dem Nutzer den Service, E-Mails in seinem Netzwerkpostfach zu filtern, je nach Betreff oder Absender auszuwählen und mit dem gerade verfügbaren Gerät zu lesen und zu bearbeiten. Der Empfänger hat den Eindruck, dass er die E-Mail auf sein Gerät heruntergeladen hat, in Wirklichkeit ist die E-Mail im Postfach des E-Mail-Gateways verblieben, ihm wurde lediglich eine Kopie übersandt. Greift er mit einem anderen Gerät auf sein Postfach zu, dann kann er mit diesem die gleiche E-Mail lesen, bei POP3 wäre sie nicht mehr im Postfach. Das erleichtert natürlich den Umgang mit den eigenen E-Mails. Die Nutzer können sehen, wann welche E-Mail eingetroffen ist und beliebig entscheiden, welche E-Mail sie lesen, bearbeiten oder beantworten wollen. Das IMAP-Protokoll erleichtert auch den Umgang mit Mails in Fällen, in denen wenig Rechenleistung oder Datenübertragungskapazität zur Verfügung steht, wie zum Beispiel am Smartphone, da zunächst nur Header-Informationen heruntergeladen werden. Auch dies ein entscheidender Schritt für die E-Mail auf dem Weg zum wichtigsten Kommunikationsmedium der Gegenwart.
Mindestens ebenso wichtig für den globalen Erfolg war aber außerdem, dass E-Mails nicht nur, wie bei der Konzeption des SMTP-Protokolls festgelegt, Textnachrichten aus maximal 128 Zeichen transportieren konnten. Dank des 1993 eingeführten MIME-Standards (Multipurpose Internet Mail Extension) können E-Mails heute ebenso Fotos, Audiodateien und Videos übertragen. Damit sich auch andere Daten als die ursprünglich vorgesehenen 7-Bit-ASCII-Zeichen versenden lassen, wurde ein Übersetzungsdienst für andere Medien kreiert. Der MIME-Standard legt fest, wie diverse Codierungsstandards (8-Bit-ASCII, Base 64, Bildcodierungen und mehr) in die 7-Bit ASCII-Zeichensprache übersetzt werden. So können wir die ganze multimediale Vielfalt an Informationen per E-Mail versenden, die wir im Alltag kennen und ohne die der digitale Postdienst nur halb so reizvoll wäre.
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