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Leseprobe »Eine andere Geschichte der Popkultur«: All these Things

In den 1960er Jahren entwickelte sich die Popkultur aus dem Widerstand gegen die vorherrschenden Gesellschaftsformen und Werte. Dabei setzte sie vielfach auf betont aggressive Ausdrucksformen in der Musik, betont vielfältige Ausdrucksformen des eigenen Körpers und betont ironische Ausdrucksformen in der Kunst. Das alles – und noch viel mehr – hat dazu geführt, dass Pop als zeitgeistiges Phänomen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das gesamte Spektrum der kulturellen Äußerungen erfasst und sich als Lebensgefühl in der westlichen Welt etabliert hat.
Gitarre

Das »Multiversum« der Popkultur

In diesem Buch werden 14 Dinge des Populären und der Popkultur zwischen dem Ende des 19. und dem Anfang des 21. Jahrhunderts ausdrücklich als Populäre Dinge beschrieben. Dabei frage ich nach ihrem Unterhaltungswert zwischen Ernst und Unernst und beschreibe auch offensichtliche Widersprüche als einen Teil davon – etwa am Beispiel des weißen Handschuhs von Michael Jackson, der als serialisiertes Massenprodukt und Fanartikel für wenig Geld zu haben ist und als Original des Motown-Konzerts von 1983 zu einem der wertvollsten Memorabilia eines Schwarzen Popstars geworden ist. Es werden auch Dinge beschrieben, die es schwer machen, den Unterhaltungswert der Populären Kultur ernst zu nehmen, weil sich hier koloniale Verstrickungen und asymmetrische Machtbeziehungen so deutlich zeigen. Etwa, wenn der reale Skalp, den William F. Cody dem Häuptling der Cheyenne in einem Kampf nahm, zum fiktionalen Zentrum seiner populären Geschichtsvermittlung im Format der »Wild West Show« wird. Es wird anhand all der hier beschriebenen Dinge mehr oder weniger deutlich, dass das Populäre und die Popkultur Anteil an den zivilisatorischen Brüchen der Moderne haben, deren Motor sie gleichzeitig sind. In ihnen spiegeln sich gelungene wie missglückte, erhoffte und ersehnte, trügerische und gewaltsame Realitäten der letzten 150 Jahre wider.

Dabei wird es in meiner Beschreibungen Populärer Dinge zu spezifischen Ungleichzeitigkeiten kommen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Populäre Kultur – und stärker noch die Popkultur – als globales Medienphänomen stattfindet und gleichzeitig im Rahmen nationaler oder regionaler Besonderheiten rezipiert und transformiert wird. Wenn ich also am Beispiel der Brillen von Elton John über Mittelschichtgesellschaften nachdenke, die den Brillenträger als Populäre Figur erst möglich gemacht haben, dann müsste ich sowohl die historischen Bedingungen und spezifischen Entwicklungen der Gesellschaft in den USA beschreiben, in denen Elton John seinen Durchbruch als medialer Superstar hatte, als auch die seiner Heimat Großbritannien, die den nationalen Kontext für die Entstehung von Glam Rock bildete, sowie die Rahmenbedingungen in Deutschland, welche die Perspektive dieses Buches grundieren. Das wäre zwar möglich, würde dem Ganzen aber eine andere Ausrichtung geben.

Es ist also kaum vermeidbar, dass die spezifischen Ungleichzeitigkeiten auch zu Ungenauigkeiten führen, zum Beispiel zu einer geografischen Verengung: Die Dinge, die hier beschrieben werden, stammen vornehmlich aus US-amerikanischen und europäischen Zusammenhängen. Gab und gibt es keine Popkultur in Lateinamerika, in Asien, auf dem afrikanischen Kontinent? Selbstverständlich gibt es sie, aber das Nachdenken über die Dinge braucht ihre Materialität vor Ort und bedarf des Wissens um ihren Gebrauch. Anhand eines dreckverspritzten Trikots des uruguayischen Fußballhelden Héctor Scarone aus den 1930er Jahren, das heute im Fußballmuseum in Montevideo wie eine Reliquie ausgestellt ist, würde sich einiges über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Religion und Popkultur erzählen lassen. Aber ich war nie in Montevideo, ich kenne die lateinamerikanische Kultur zu wenig und anders als etwa Diego Maradona, war Héctor Scarone kein globaler Star mit massenmedialem Auftritt und Publikum.

So muss ich die offensichtlichen shortcomings meines Blicks auf die Dinge in Kauf nehmen. Dabei ist es der Anspruch des Buches, dass die hier eingenommene Perspektive zu einem »elastischen« Blick auf das »Multiversum« der Popkultur einlädt. Diese Begriffe leihe ich mir von dem Philosophen Ernst Bloch, der daran seine Theorie der Ungleichzeitigkeit entwickelte. Das Multiversum der Popkultur – also die unterschiedlichen, sich gegenseitig beeinflussenden und überlagernden kulturellen, ökonomischen und politischen Bedingungen ihrer Entstehung und Entwicklung – ist besser zu verstehen, so meine ich, mit einem durchgehend breit gefächertem, flexiblen und dynamischen Verständnis der Dinge.

Im folgenden Abschnitt wird dieser Ansatz des Buches noch einmal theoretisch vertieft. Hierbei geht es um die Realität des Medialen und darum, wie gerade anhand der Popkultur deutlich wird, dass sich mit dem Einsatz technischer Massenmedien nicht nur die Welt, sondern unsere Wahrnehmung derselben grundlegend verändert hat. Behandelt wird zudem der Begriff der Popularisierung, den ich anders als die meisten wissenschaftlichen Konzepte als einen Prozess der Normalisierung verstehe: Durch den Gebrauch der Dinge bilden sich temporäre Gemeinschaften, die das gerade noch Spektakuläre völlig alltäglich und vertraut erscheinen lassen. Schließlich soll noch einmal die grundlegende Überlegung erläutert werden, dass die Populäre Kultur und die Popkultur nur im Rahmen einer funktional ausdifferenzierten Massenkultur zu verstehen sind. Ihre Aufgabe ist es, den Überfluss der unterschiedlichsten Dinge, Zeichen und Realitäten so zu sortieren, dass daraus Unterhaltung entsteht.

Künstliche Wirklichkeiten

Noch einmal zurück zum Anfang, zum Film Blow-Up. Am Ende der eingangs beschriebenen Szene läuft die Figur Thomas durch London. Die Reste der echten Gitarre, die soeben ihre Fiktionalität als Fetisch der Masse bewiesen hat, genügen ihm nur für wenige Minuten. Dann zieht er weiter, auf der Suche nach neuen Abbildern der Realität: Nicht zufällig ist Thomas Fotograf. Sein Ziel sind jene künstlichen Wirklichkeiten, die nicht nur die Popkultur dominieren, sondern auch jedes technische Ding in seiner Gleichzeitigkeit von Artifizialität und Realität bestimmen. Das ist jedenfalls der Gedanke, dem sich der Philosoph Hans Blumenberg in seinem Buch Wirklichkeiten in denen wir leben widmet. Er untersucht darin den Zusammenhang von Lebenswelt und Technik, als einen die Gesellschaft seit Mitte des 19. Jahrhunderts prägenden Faktor. »Die Lebenswelt«, das ist für Blumenberg »der zu jeder Zeit unerschöpfliche Vorrat des fraglos Vorhandenen. Die Lebenswelt ist das, was auf selbstverständliche Weise da ist. Die Technik dagegen scheint für ihn ein Haufen unverständlicher Geräte zu sein:

»Apparate, Vehikel, Antriebs- und Speicherungsaggregate, Instrumente manueller und automatischer Funktion, Leitungen, Schalter, Signale, usw. – ein Universum von Dingen also, die um uns herum funktionieren, deren vollständige Klassifizierung oft und wenig befriedigend versucht worden ist.«

Im weiteren Nachdenken darüber, was mit dem Begriff der Technisierung gemeint sei, überrascht der Autor. Denn unter Technisierung versteht er nicht das »technisch Machen« von manuell betriebenen Dingen, das Ruderboot, das zum Dampfboot wird zum Beispiel, sondern »die ständige Vermehrung und Verdichtung dieser Dingwelt. Technisierung wäre somit weniger ein qualitativ zu bestimmender Prozess, denn ein quantitativer Maßstab.

Die Populären Dinge, wie sie in diesem Buch beschrieben werden, sind nicht ausschließlich als technische Dinge zu verstehen, aber sie sind es immer auch. Die erste Fernbedienung der TV-Geschichte, die Flash-Matic von 1955, ist offensichtlich ein Instrument mit automatischer Funktion, es besitzt Leitungen, Schalter und sendet als erste kabellose remote control Lichtsignale. Der Song »Yes! We have no Bananas« von 1923 entfaltet seinen Reiz auch über die Materialität der Schellackplatte und die visuelle Gestaltung des Umschlags – aber ohne das Grammophon, den Plattenspieler, die Jukebox wäre sie kein Ding der Populären Kultur. Der Selfiestick hingegen scheint sich nicht entscheiden zu können: Ist er der verlängerte Arm des Menschen oder das Ding, das die technische Apparatur des Smartphones zu seiner Bestimmung als eine Art Porträtist des 21. Jahrhunderts führt?

Was mich an den Überlegungen Blumenbergs interessiert, sind zwei Momente der Technisierung der Dinge, die auch für die Dinge des Populären und der Popkultur gelten können: Erstens, sie sind artifiziell und in diesem Sinne nicht selbstverständlich gegeben. Die Dinge der Populären Kultur sind also keine Alltagsdinge, sie umgeben uns nicht als selbstverständliche Lebenswelt. Das scheint zunächst eine paradoxe Aussage zu sein: Warum sollten eine Fernbedienung, eine Schallplatte oder ein Selfiestick nicht selbstverständlich und vertraut, warum keine Alltagsdinge sein? Die Antwort ist, dass die Dinge der Popkultur eine besondere Zeitlichkeit besitzen, die sie in einem ersten Schritt an die Gegenwart binden, die prinzipiell neu und unvertraut ist. Als Teil der Massenkultur besitzen sie »eine forcierte Disposition der Gegenwärtigkeit, der Konzentration auf performative Immanenz und der präsentischen Akzentuierung des Hier und Jetzt, wie es der Soziologie Michael Makropoulos formuliert. Genau diesen Umstand kann sich eine kulturhistorisch orientierte Forschung zu Nutzen machen: Die Fernbedienung erzählt dann etwas über die Unvertrautheit mit diesem Ding im Jahr 1955, die Schallplatte über ihre Andersartigkeit um 1900 und der Selfiestick über das Befremden, das uns in den 2010er Jahren überfallen hat, als dieses Ding plötzlich überall in Gebrauch war. Die Dinge der Popkultur sind somit gerade aufgrund ihrer Gegenwartsfixierung als historische Quellen nutzbar – nicht nur, weil sie schnell veralten, sondern weil sich durch die Differenz von nicht selbstverständlicher Künstlichkeit und selbstverständlicher Lebenswelt Erkenntnisse zur Zeitgeschichte gewinnen lassen.

Popularisierung als Normalisierung

Alle diese Dinge erzählen auch etwas über den Prozess ihrer Popularisierung. Letzteres wird gemeinhin als eine Entwicklung verstanden, durch die kulturelle Objekte wie »ein paar Jeans, eine Fernsehserie oder ein Videoclip durch ein breites Interesse zu einem populären Objekt« werden. Indem Rezipienten und Konsumentinnen jenes Objekt »sinnlich begehren, auf das eigene Leben beziehen und sich in Gedanken, Phantasien, Gesprächen und Handlungen verstärkt mit ihm beschäftigen« koproduzieren sie dessen massenhafte Verbreitung und tragen zu seinem ökonomischen Erfolg bei. Diese Vorstellung verknüpft Popularisierung mit dem Neuen, dem Außergewöhnlichen und Begehrenswerten – und verstellt dadurch eine entscheidende Beobachtung, die hier stark gemacht werden soll: Popularisierung ist ein Prozess der Normalisierung. Popularisierung benötigt zwar Momente des Spektakulären und der Begierde, aber als Prozess vollendet sich Popularisierung erst dann, wenn das Unvertraute gewöhnlich geworden ist. Es ist völlig normal, eine Fernbedienung zu benutzen, es war lange Zeit normal, eine Platte aufzulegen und es ist normal, einen Selfiestick an einem Smartphone zu befestigen, um sich damit selbst zu fotografieren. Erst dadurch, dass die spektakulären Dinge vertraut geworden sind, zeigen sie sich als Material der Populären Kultur.

Aus dieser Grundthese leiten sich zwei Schlussfolgerungen ab, die im Lauf des Buches immer wieder aufgenommen werden. Zum einen sticht aus dieser Perspektive der praktische Umgang mit den Dingen hervor, der konkrete Gebrauch. Als die Flash-Matic Fernbedienung Mitte der 1950er Jahre auf dem US-amerikanischen Markt eingeführt wurde, lag eine 16-seitige Gebrauchsanleitung bei, die die Nutzung dieses neuen Dings erklären sollte. Darin heißt es unter anderem: »Um den Sender zu wechseln, muss man mit dem Lichtsignal auf die obere linke Ecke des Fensters zielen« – denn man musste mit der Fernbedienung auf Sensoren in den Ecken des Fernsehgerätes zielen. »HINWEIS: Es ist ein wenig Übung erforderlich, um zu lernen, wo und wie lange das Licht für den jeweiligen Vorgang leuchten muss.« Der Umgang mit der Fernbedienung ist nur praktisch zu erlernen, meist geht das aber sehr schnell. Die Dinge der Populären Kultur sind in einem buchstäblichen Sinne zur Hand, an ihnen entfaltet sich eine körperliche Subjekt-Objekt-Beziehung. Anders als museale Objekte, die auf Distanz zu den Betrachtenden gehalten werden müssen, entfalten die Populären Dinge eine Praxis der Nähe und des unproblematischen Umgangs mit ihnen. Die Fernbedienung halte ich in der Hand, so wie ich die Platte auflege oder den Selfiestick justiere. Diese Dinge ermöglichen, ja erzwingen geradezu, dass wir uns zu ihnen in eine direkte physische Beziehung setzen. Dass sich Dinge und Menschen sogar wechselseitig beeinflussen und zu einem neuartigen technosozialen Etwas werden, das zeigt sich aktuell besonders deutlich am sogenannten Internet der Dinge als Verbindung von physischen und virtuellen Dingen mithilfe künstlicher Intelligenz, worauf später noch eingegangen werden soll.

Zum anderen verweist der Begriff der Normalisierung auf die soziopolitische Dimension der Ding-Beziehung als Teil der schrittweisen Entwicklung moderner und spätmoderner Gesellschaften zwischen dem 19. und dem 21. Jahrhundert – und damit auf die Frage, wie sich Gesellschaften als soziale Einheiten verstehen lernen. Am Anfang dieser Periode tritt der Nationalstaat als Motor der Vergesellschaftung seinen ambivalenten Siegeszug an wie der Historiker Hagen Schulze festhält:

»Den Ausweg aus dem politischen Normenverlust, der Erschütterung herkömmlicher Loyalitätsbindungen bot der Nationalstaat: Also ein starker Staat, dessen Institutionen fest und dauerhaft genug waren, um die Errungenschaften des Liberalismus dauerhaft zu schützen und zu befördern, gestützt auf die Legitimation durch die Nation, ihre Geschichte und ihre Kultur.«

Der Nationalstaat begründete Institutionen, die den Einzelnen zu einem Teil des Staates machen sollten. Soziale Regulation und Integration fand zu dieser Zeit – und findet bis heute – »mit den Mitteln einer autoritativ-disziplinären Vergesellschaftung« statt. Dazu gehören auch die phantasmagorischen und realen Inthronisierungen eines »natürlichen« Souveräns, eines Führers, der als imaginärer Fluchtpunkt die Einheit der Vielen garantieren soll. Von dieser Idee haben die Staaten Europas bis heute nicht gelassen. Dennoch ist es offensichtlich, dass spätestens seit den 1970er Jahren neben die regulative Vergesellschaftung auch Formen der informellen Vergemeinschaftung getreten sind; sie füllen die Lücken, die fehlende oder schwächer werdende soziale Normen hinterlassen haben. Für den Anthropologen Daniel Miller ist es die materielle Kultur (und hier vor allem die Dinge), die den sozialen Zusammenhalt auf einer alltäglich en Ebene garantiert. Weil der moderne Staat zu effizient geworden sei, bilden sich, gleichsam kompensatorisch, »ziemlich kleine Gesellschaften« rund um die Dinge des Alltags:

»Heute muss jeder Haushalt, auch wenn er nur aus einer Person besteht, zumindest einen Teil jener kosmologischen und ökonomischen Prinzipien und Praktiken selbst entwickeln, die früher von der Gesellschaft bereitgestellt bzw. aufgezwungen wurden.« Die Dinge stiften soziale Beziehungen, vor allem jene, die täglich zur Hand sind und den Horizont unserer Lebenswelt bilden. Neben körperlich-subjektiven Verbindungen, die sich durch den Gebrauch der Dinge formieren, ermöglichen die Dinge der Popkultur somit Zusammenhalt jenseits regulativer Vergesellschaftungsprozesse und soziopolitischer Kohäsion. Prosaisch formuliert: Sie lassen die Menschen zusammenfinden und miteinander reden. In diesen scheinbar banalen Funktionen liegt ihre große Leistung, wie der amerikanische Kunstkritiker Dave Hickey schreibt:

»Insofern sind wir soziale Wesen, denen aufgegeben ist, die Bedingungen der eigenen Soziabilität aus der fragilen Ressource unserer privaten Vergnügungen und geheimen Wünsche heraus zu erschaffen. Daher – in Ermangelung eines treffenderen Begriffs – korrelieren wir. Wir versammeln uns rund um die Ikonen aus der Welt der Mode, des Sports, der Künste und der Unterhaltung wie um eine Feuerstelle. Rund um diese seltsamen Attraktoren ziehen wir unendliche Umlaufbahnen. Wir organisieren uns selbst in nicht-exklusiven Wunschgemeinschaften.«

Von dieser Perspektive aus betrachtet, sind es die Dinge, welche die soziale Welt der Subjekte strukturieren: Auch sie sind Akteure der Versammlung von Menschen und Dingen. Aber jene nicht-exklusiven Wunschgemeinschaften, die Hickey an uns beobachtet, können sich nur dann versammeln, wenn sie ökonomisch zugänglich sind und einen hohen Grad an Austauschbarkeit aufweisen. Es ist somit gerade die viel kritisierte Ökonomisierung und Standardisierung der Dinge, ihre potentielle Ersetzbarkeit und freie Kombinierbarkeit, die den notwendigen sozialen und kommunikativen Anschluss generieren und garantieren. Dazu ein Beispiel: Als die heute weitverbreitete Tupperware Ende der 1940er Jahre zum ersten Mal im Einzelhandel und im Versand angeboten wurde, hatte sie keinen Erfolg beim Konsumenten. Plastik schien als Material für den US-amerikanischen Haushalt nicht geeignet. Erst die überraschende Idee, Tupperpartys in den Vorstädten großer, urbaner Zentren zu veranstalten, brachte der industriell gefertigten Produktpalette von Earl Tupper durchschlagende Popularität und wirtschaftlichen Gewinn:

»Tupperware machte sich den Geselligkeitstrieb und die wirtschaftliche Benachteiligung der Vorstädterinnen zu Nutze und bot ihnen im Gegenzug antiradikale Ausstiegsmöglichkeiten aus ihrer häuslichen Isolation an«, wie die US-amerikanische Historikerin Alison Clarke erforscht hat. Es zeigt sich, dass besonders die Dinge der Konsum- und Warenwelten geeignet sind, durch ihren Gebrauch zu Katalysatoren für die Bildung informeller, ökonomisch und kommunikativ ausgerichteter Gemeinschaften zu werden.

Die Massenkultur der Dinge

Neben den zuvor behandelten Modi des praktischen Gebrauchs und den Momenten der Vergemeinschaftung soll aber noch ein zweiter Gedanke Blumenbergs für die Charakterisierung Populärer Dinge hinzugezogen werden – deren ständige Vermehrung und Verdichtung, ihre Vielzahl also. Populäre Dinge sind, wie bereits angesprochen, immer en masse vorhanden, sie künden von einer Überflussgesellschaft.

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