Leseprobe »Own your Age«: Die besten Jahre
Die besten Jahre
Dieses Buch handelt von den besten Jahren des Lebens. Ausgangspunkt ist die Lebensmitte, der Zenit. Nach vielen Jahren des Aufbaus, der Suche nach dem passenden Leben, nach unzähligen Kompromissen in Partnerschaften, Familie und Beruf beginnt eine Phase der verstärkten Selbsterkenntnis, des Setzens eigener Maßstäbe, der selbstbestimmten Neuorientierung. Auf diese spannende Phase folgt der Übergang in die Pensionierung, ins Alter. Ein Übergang in eine neue Freiheit mit vielfachen Gestaltungsmöglichkeiten des Lebens. Und schließlich der Eintritt ins hohe Alter, in dem die große Mehrheit dank der reichen, gesammelten Lebenserfahrung die zunehmenden Verluste gut bewältigen kann und gelassen und hoffnungsvoll die Kunst des Lebens mit jener des Sterbens verbindet.
Alles bloß Schönrederei, Augenwischerei? Naiver Zweckoptimismus im Hinblick auf die späteren Lebensphasen, die in einer Gesellschaft des Jugendkults nicht viel Gutes versprechen? Nein, keineswegs! Denn entgegen gängigen negativen Stereotypien, die weitgehend auf Unwissen und diffusen Ängsten beruhen, sind die Lebensmitte sowie die gesamte zweite Lebenshälfte Phasen der Entwicklung, geprägt von allerlei Verlusten, gewiss, aber auch von Zugewinnen. Die heutigen Rahmenbedingungen in unserer Gesellschaft gestatten zudem so vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten des Lebens, wie sie keine Generation zuvor je kannte. Natürlich gibt es wie in den anderen Lebensphasen auch viele Herausforderungen, die angesichts der geringer werdenden körperlichen, kognitiven und sozialen Ressourcen umso mehr ins Gewicht fallen. Dies trifft insbesondere für die großen Lebensübergänge zu, namentlich für die Lebensmitte mit dem Übergang in die zweite Lebenshälfte, für die Pensionierung und das hohe Alter, die mit erheblichen Veränderungen einhergehen und beachtliche Anpassungsleistungen verlangen. Und gerade hier zeigen sich große individuelle Unterschiede beim Umgang damit: Die meisten meistern diese Übergänge ganz gut, einige gar sehr gut, daneben gibt es aber auch Menschen, die viel Mühe bekunden. Was macht den Unterschied aus? Was sind die positiven Wege? Genau diesen Fragen geht vorliegendes Buch nach und fokussiert die großen Lebensübergänge der zweiten Lebenshälfte, ihre Herausforderungen, die nötigen Anpassungsleistungen und die optimalen Strategien, um stark und selbstbestimmt die mittleren Jahre, das Alter und das hohe Alter gestalten zu können.
Das Buch handelt nicht einfach vom mittleren Alter, dem Alter oder dem hohen Alter, sondern setzt den Fokus bewusst auf die Phasen dazwischen. Es sind Phasen der Verunsicherung, der Suche nach Orientierung und der erhöhten Verletzlichkeit, in denen die alte Identität abgelegt und die neue erst noch gefunden werden muss. Wir Menschen denken und definieren uns mit Vorliebe über Lebensübergänge. Wenn wir auf unser Leben zurückblicken, sind es vor allem die Lebensübergänge, die uns am besten im Gedächtnis haften bleiben und die wir anderen als relevant berichten: der erste Schultag, der Ausbildungs- oder Studienabschluss, die erste große Liebe, das »erste Mal«, das erste selbst verdiente Geld, Berufseinstieg, Mutter- und Vaterschaft , Umzüge, Pensionierung, aber auch Scheidung, Erkrankungen oder der Tod geliebter Menschen. Lebensübergänge sind eng mit unserer Identität verbunden – sie erzählen die wechselvolle Geschichte unseres Selbst. Sie erzählen, wie wir uns im Strom unserer Lebenszeit verhalten und immer wieder neu erfunden haben, ja, erfinden mussten.
Die Auseinandersetzung mit Zeiterleben und Zeitgestaltung ist ein immanenter Bestandteil menschlicher Entwicklung. Sie ist eine fortwährende Entwicklungsaufgabe mit immer wieder neuen Inhalten vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens. Insbesondere in biografischen Übergangsphasen ist die Erfüllung dieser Entwicklungsaufgabe von entscheidender Bedeutung:
Diese großen Übergänge sind zumeist verbunden mit jeder Menge kleinerer, die entweder typisch für diese Lebensphase sind oder ganz individuell sein können – wie Unfälle, Scheidungen, Verwitwung, aber auch Wohnortwechsel oder eine neue Partnerschaft. Wie wir Lebensübergänge erleben und bewältigen, beeinflusst in hohem Maße nachhaltig unser Wohlbefinden. Es zeigt auf, wie wir uns entwickelt haben und ob und inwiefern wir daran gewachsen sind, ob wir daraus Chancen und Nutzen ziehen konnten oder ob wir den Wandel als Verunsicherung oder gar als Krise erlebt haben. Wovon hängt es ab, dass wir Lebensübergänge als Chancen wahrnehmen können und wann als Krisen? Welche Faktoren beeinflussen eine gute Bewältigung von Übergängen, die zu einem gelingenden Leben führen? Wie viel haben wir selbst in der Hand? Gern nehme ich die Antwort auf diese Frage vorweg: Sehr viel! Menschen sind bei der Gestaltung ihres Lebens kein Spielball des Schicksals, der Gene oder der Umwelt. Auch wenn Widrigkeiten uns übel mitspielen können, so liegt es letztlich an uns, ob wir uns von diesem Schicksal treiben lassen oder das Ruder an uns reißen.
Und gerade diese andere Hälfte soll in diesem Buch ausgeleuchtet werden. Es will die Herausforderungen zentraler biografischer Übergänge identifizieren, gleichzeitig aber auch die damit verbundenen Chancen aufzeigen und wie diese genutzt werden können. Das Buch setzt dort an, wo die Veränderung.
Aber kann heute noch von zentralen, großen biografischen Übergängen die Rede sein, wo doch menschliche Lebensläufe so unterschiedlich gestaltbar sind wie nie zuvor? Ja! Denn trotz Individualisierung der Lebensläufe bestehen nach wie vor gesellschaftlich und sozial normierte Erwartungen an gewisse Lebensübergänge und die damit verbundenen Rollen. Diese zumeist impliziten Erwartungen basieren mehrheitlich auf Annahmen, die gemeinhin mit der körperlichen, psychischen und sozialen Entwicklung des Einzelnen assoziiert werden. Das Wissen über diese Übergänge ist zumeist noch recht lückenhaft, zudem kommt es häufig aus einer recht engen fachlichen Perspektive. So wurde die Lebensmitte lange als ein medizinisches Problem der Wechseljahre angesehen, wobei die sozialen und psychischen Aspekte außen vor blieben. Vor allem fehlte bislang eine Lebensspannenperspektive, die das Zusammenspiel der verschiedenen Lebensübergänge und ihre je spezifische Bewältigung aufzeigte. Die Tatsache schließlich, dass die Bewältigung biografischer Übergänge gesellschaftlich zunehmend als eine reine Privatangelegenheit angesehen wird, hat auch den Druck zur selbstverantwortlichen Gestaltung erhöht. Ganz offensichtlich tun sich Menschen mit der erhöhten Dynamik und der zunehmenden Anzahl von Übergängen im Leben, verbunden mit der verstärkten Privatisierung und damit gewachsenen Selbstverantwortung, immer schwerer.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass in letzter Zeit vermehrt der Ruf nach mehr Wissen über biografische Übergänge aufgekommen ist, nach mehr Wissen über deren Bewältigung, kurzum, nach Transitionskompetenz. Ich erlebe dies in den vielen Anfragen für Referate, Fortbildungen und Interviews für Medien, aber auch in meiner Beratungstätigkeit. Die Leute wollen wissen, worin die Herausforderungen genau bestehen, wo die möglichen Chancen sind und wie man die Übergänge optimal gestalten kann.
Das Buch will Wissen vermitteln, das dem Leser, der Leserin helfen soll, sich selbst zu verorten und die eigene Lebenssituation – sei es momentan oder retrospektiv – besser zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Dies ganz im Sinne der Inschrift, die über dem Eingang des Apollon-Tempels in Delphi stand: »Gnothi seauton – Erkenne dich selbst! In der Selbsterkenntnis liegt nämlich letztlich das Orakel, die Lösung für die Zukunftsgestaltung. Das Buch will Wissen vermitteln und sensibilisieren. Wir müssen die Entwicklungsprozesse verstehen, um besser damit umgehen zu können. Der amerikanische Philosoph und Psychologe John Dewey hat zu Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass wir die Widerstände im Leben in erster Linie verstehen müssen statt sie zu bekämpfen, wenn wir Erfolg haben wollen. Wer etwas nicht will, findet nämlich immer Gründe, wer aber etwas wirklich will, findet stets mögliche Wege. Und genau das will dieses Buch: Wege aufzeigen, wie die jeweiligen Übergänge gelingen können. Die vielen Fallbeispiele sollen zudem illustrieren, wie Menschen die Chancen der Veränderung genutzt haben oder aber nicht. Dabei orientiere ich mich an den Grundannahmen der Positiven Psychologie, welche sich mit den Voraussetzungen befasst, was das Leben lebenswert macht, welche menschlichen Eigenschaften zu einem guten Leben beitragen, und das alles mit dem Ziel, Menschen zu befähigen, ihre Stärken und Talente besser kennenzulernen und im Alltag für sich einzusetzen.
In dieses Buch fließen Erkenntnisse vieler Jahre meiner Forschung und Lehre ein, in deren Fokus Lebensläufe, Übergänge und Wendepunkte, deren Gründe wieder faszinierte, ist die Vielfalt des Umgangs und der Gestaltungsmöglichkeiten sowie die beeindruckende Energie, die Krisen auslösen können. Mit diesem Buch verbinde ich die Hoffnung, möglichst vielen eine Orientierungshilfe zu bieten, damit sie zuversichtlich und selbstbestimmt durch diese dichten und spannenden Lebensphasen navigieren und gestärkt daraus hervorgehen. Es ist nämlich möglich, mit wenig Aufwand, die Kraft der Veränderung zu nutzen. Denn: Sie allein bestimmen letztlich, wie Ihr Alter sein kann – also: Own your age!
Halbzeit – Zeit der Bilanzierung und Neuorientierung
Mit dem Übergang in die zweite Lebenshälfte verbunden ist unweigerlich eine Veränderung in der Zeitorientierung: Wir denken zunehmend in Zeiteinheiten, die noch zum Leben bleiben. Dabei kommt der Bilanzierung, dem Rückblick auf das Gelebte und der Perspektive auf das Zukünftige, verbunden mit der Frage einer möglichen Neuorientierung, eine zentrale Bedeutung zu, wie sich in vielen Forschungsarbeiten, in der klinischen Praxis und im Alltag zeigt. So kam ich anlässlich einer Tagung zu Lebensübergängen und kritischen Lebensereignissen mit einem berühmten ehemaligen Fußballtrainer ins Gespräch. Er nahm wie ich an einer Podiumsdiskussion teil, bei der es um die Herausforderungen und Chancen der Lebensmitte ging. Was ihn besonders interessierte, waren die biografischen Bilanzierungen der Lebensmitte. Er hätte das auch so erlebt und verglich es mit der Halbzeit in einem Fußballspiel. In der Pause nach der ersten Spielhälfte analysiere der Trainer mit der Mannschaft das bisher Gespielte, Fehler und Stärken werden diskutiert und darauf aufbauend wird die Strategie für die zweite Hälfe festgelegt. Ich konnte nur beipflichten: Der Vergleich ist äußerst treffend!
Diese Auseinandersetzung mit den ursprünglichen Lebensentwürfen sowie die Bilanzierung des bisher Erreichten ist ein natürlicher Prozess, der sich aufgrund des kleiner werdenden Lebenszeitfensters aufdrängt. Das, was man bisher erreicht beziehungsweise nicht erreicht hat, wird vor dem Hintergrund sich allmählich eingrenzender beruflicher, familialer und partnerschaftlicher Optionen sowie körperlicher Ressourcen erstmals in seiner Bedeutung sichtbar.
Biografische Festlegungen beruflicher und partnerschaftlicher Art treten verstärkt hervor und können – je nach Persönlichkeit und Lebenssituation – als Belastung oder aber als Anreiz zur Veränderung empfunden werden. Allfällige in der Aufbauphase des jungen Erwachsenenalters unterdrückte Aspekte des Selbst werden zunehmend manifest und stellen für viele eine Herausforderung dar. Verpasste Chancen, welche nach Realisierung drängen, sowie Setzung neuer Prioritäten sind ein häufiges Thema. Auf diesen Entwicklungsprozess verwies bereits Carl Gustav Jung.
Dieses müsse nun zur Vervollkommnung der Persönlichkeit hervorgeholt und integriert werden. Die Auseinandersetzung und Versöhnung dessen, was bisher gelebt wurde, mit dem, was ursprünglich als Lebensziele intendiert war, bildet eine der Hauptaufgaben des mittleren Lebensalters. C. G. Jung gibt auch zu bedenken, dass viel, allzu viel Leben, das auch hätte gelebt werden können, vielfach »in den Rumpelkammern verstaubter Erinnerungen liegen bleibt und dass manchmal diese Erinnerungen glühende Kohlen unter grauer Asche sind«. Das mittlere Lebensalter bietet zahllose Möglichkeiten, solche Kammern zu entrümpeln, verbunden mit der Chance, uns neu zu erfinden. In seiner Erzählung »Die Einkehr« bringt es Hermann Hesse meisterhaft auf den Punkt: »In meinem Leben ist es jetzt Mittag, ich bin an Vierzig vorbei, und ich spüre, wie sich, seit Jahren vorbereitet, neue Einstellungen, neue Gedanken, neue Auffassungen melden, wie sich das Ganze meines Lebens neu und anders kristallisieren will.«
Sinnkrise: War das alles?
Doch warum kommen diese Sinnkrisen gerade dann, wenn man vermeintlich auf dem Zenit des Lebens steht? Die meisten haben viel geleistet und auch erreicht, warum bleibt dennoch dieses Gefühl von Nicht-erfüllt-Sein, ja, von Leere? Abraham Maslows Pyramide der Bedürfnisse bietet sich hier als Erklärung an. In diesem Modell beschreibt Maslow die menschlichen Bedürfnisse und Motive anhand einer hierarchischen Struktur mit fünf Ebenen. Die erste Ebene, also die Basis, bilden die physiologischen Bedürfnisse (Essen, Trinken, Schlafen) der Pyramide. Die darauffolgenden drei Ebenen betreffen die Bedürfnisse nach Sicherheit (Schutz, Geborgenheit, Struktur), die sozialen Bedürfnisse (Liebe, Zuneigung, Freundschaft) und die Individualbedürfnisse (Wertschätzung, Freiheit, Erfolg, ...). Hierbei handelt es sich um Defizitbedürfnisse, die gestillt werden können. Es folgt als fünfte Ebene das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (Möglichkeit, das eigene Potenzial auszuschöpfen). Erst viel später hat Maslow eine weitere Ebene hinzugefügt, nämlich das Bedürfnis nach Transzendenz (Altruismus, Spiritualität). Bei den letzten beiden Ebenen handelt es sich um Wachstumsbedürfnisse, und diese sind als solche unstillbar. Sie bleiben zeitlebens eine treibende Kraft, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Die Befriedigung der Defizitbedürfnisse führt mit der Zeit häufig zu einem Gefühl von Langeweile, Unzufriedenheit, Leere und Sinnlosigkeit. Das ist häufig mit einem unruhigen Suchen »nach etwas anderem« verbunden – selbst bei jenen Menschen, von denen man meint, sie hätten doch alles und hätten sich verwirklicht. Solche Sinnkrisen sind Zeichen, dass etwas verändert werden muss, dass die bisherigen Lebensmotive nicht mehr greifen und neu definiert werden müssen. Sinnkrisen entstehen, wenn wir auf der Stelle treten und uns nicht weiterentwickeln, wenn wir vor einer großen Leere stehen. Der Psychoanalytiker Viktor Frankl hat diesen Zustand in seinen Arbeiten als »existenzielles Vakuum« bezeichnet.
em> Nach dem großen Erfolg seiner Romane Krieg und Frieden und Anna Karenina geriet Tolstoi, damals in seinen Vierzigern, in eine tiefe Lebenskrise, die ihn an den Rand des Suizids trieb. Er litt unter fundamentalen Zweifeln, fühlte sich in einer Sackgasse, verlor sein psychisches Gleichgewicht und verfiel in Schwermut. Sein Denken kreiste stetig um die Fragen: Wozu? Und was dann? »Und das geschah mir zu einer Zeit, in der mir von allen Seiten das geworden war, was man ein vollkommenes Glück nennt: ... Ich hatte eine gute Frau, die mich liebte und die ich liebte, liebe Kinder, ein großes Besitztum, das ohne Mühe meinerseits wuchs.«
Sinnkrisen der Lebensmitte müssen sich nicht gleich so dramatisch manifestieren, wie hier von Leo Tolstoi berichtet. Allerdings ist die Auseinandersetzung mit ursprünglichen Lebensentwürfen – ob gewollt oder plötzlich von außen aufgezwungen – zumeist mit Verunsicherung und Unbehagen verbunden. Sie ist jedenfalls eine notwendige Voraussetzung, ja, eine Chance für einen Neuanfang. Ob der Neuanfang gelingt, hängt sicherlich von verständnis- und liebevollen, unterstützenden Bezugspersonen ab – Partner, Angehörige, Freunde. Letztlich aber von unserer Einstellung, nämlich, ob wir die Bereitschaft aufbringen wollen, Korrekturen anzubringen und, falls nötig, neue Wege auszuloten.
Die Tatsache, dass ab der Lebensmitte die Perspektive auf noch rund 40 Lebensjahre besteht, gibt Anreiz für Veränderung und birgt viele Möglichkeiten zur Neuorientierung in verschiedenen Lebensbereichen, beruflich, partnerschaftlich, sozial. Und diese sind in unserer heutigen Gesellschafft so zahlreich wie nie zuvor. Allerdings geht diese Selbstfindungsphase mit einer Vielzahl an körperlichen und sozialen Veränderungen einher, die für eine zusätzliche Dynamik sorgen. Dies kann – je nach Einstellung – als zusätzlicher Störfaktor wahrgenommen werden oder aber als zusätzliche Motivation, sich mutig neu zu definieren.
Nicht mehr jung – noch nicht alt
»Eines Tages habe ich mir gesagt ›Ich bin 40 Jahre alt‹. Als ich mich von diesem Staunen erholt hatte, war ich 50. Die Betroffenheit, die mich damals überfiel, hat sich nicht gegeben. Ich begreife die Castiglione, die alle Spiegel zerschlagen hat. Ich hasse mein Spiegelbild: über den Augen die Mütze, unterhalb der Augen die Säcke. Ich aber sehe meinen früheren Kopf, den eine Seuche befallen hat, von der ich nie mehr genesen werde.« Das schreibt Simone de Beauvoir in ihrem autobiografischen Buch Der Lauf der Dinge. Es mag erstaunen, dass eine Frau, die so gefeiert und erfolgreich im Leben stand und die sich bestimmt nicht in erster Linie über ihr Äußeres definieren müsste derart Mühe mit dem eigenen Altern hatte. Was sich in de Beauvoirs Aussage jedenfalls klar zeigt, ist das Abschiednehmen-Müssen von einer gewohnten Identität als junge, attraktive Frau und gleichzeitig das Sich-anfreunden-Müssen mit einer neuen, noch unbekannten Realität als reife Frau. Dieser Übergang von Jung zu Alt, diese Wechsel-Jahre, sind geprägt von vielen Veränderungen, die zwar Herausforderungen sind, die aber den Weg zu einem neuen, befreienden Selbstverständnis eröffnen können.
Die körperlichen Veränderungen: Was machen sie mit uns?
Mit dem Beginn der mittleren Lebensjahre setzen sowohl bei Frauen als auch bei Männern alterstypische hormonelle Veränderungen ein. Mit dem Absinken des Östrogens (weibliches Geschlechtshormon) ab dem 40. Lebensjahr beginnen bei Frauen die Wechseljahre. Analog beginnt bei Männern, aber weit weniger ausgeprägt als bei Frauen, ein Absinken des Testosterons (männliches Geschlechtshormon). Diese hormonellen Veränderungen wirken sich – vebunden mit der sonstigen körperlichen Alterung – bei Frauen und bei Männern auf das Aussehen und die körperliche und psychische Befindlichkeit aus. Am augenfälligsten sind die Zeichen körperlicher Alterung wie Hautfalten, graue Haare, Körperfettverlagerungen (bei den Frauen vermehrt um den Bauch, bei den Männern an Bauch und Brust), tiefere Stimme bei der Frau, höhere Stimme beim Mann, weniger Muskelmasse und entsprechend weniger Kraft (bereits ab dem 30. Lebensjahr reduziert sich die Muskelmasse um ein Prozent pro Jahr).
Leider endet die Leseprobe an dieser Stelle. Das Buch »Own your age« bietet den Rest des Kapitels und mehr.
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