Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen: Gratiola officinalis
Gratiola officinalis L.
Gnadenkraut (syn. Echtes Purgierkraut, Gichtkraut, Gottesgnadenkraut, Wilder Aurin).
Fam.: Scrophulariaceae.
Vork.: Europa (ohne Skandinavien, Großbritannien), West- und Zentralasien. Die Pflanze steht unter Artenschutz !
Droge:Gratiolae herba (syn. Herba Gratiolae, Herba Gratiae Dei); Gnadenkraut (syn. Gottesgnadenkraut, Purgierkraut), die getrockneten, zur Blütezeit gesammelten oberirdischen Teile. Die Droge ist stark giftig! Inh.: Triterpene, u.a. Gratiosid, Gratiogenin vgl. Formel, Gratiolignin, Elaterinid, Glykoside der Cucurbitacine I und L sowie die entsprechenden Aglyka und Betulinsäure, Elaterase (Glucosidase), Flavonoide (Flavon-C- und -O-Glykoside, abgeleitet von Apigenin, Luteolin), Phenolcarbonsäurederivate, u.a. Arenariosid und Verbascosid, wenig äther. Öl, Saponine sowie Mannitol. Anw.: in der Volksheilkunde früher bei Verstopfung, Gicht und Leberleiden sowie als harntreibendes Mittel und bei Hauterkrankungen. Tox.: als toxisches Prinzip werden die Cucurbitacine betrachtet, die zytotoxisch sind, lokal reizend und laxierend wirken.
Hom.:1.Gratiola officinalis (syn. Gratiola) HAB1; die frischen, zur Blütezeit gesammelten oberirdischen Teile. Anw.-Geb.: Entzündungen des Magen-Darm-Traktes. 2.Gratiola officinalis e radice, äthanol. Decoctum (syn. Gratiola Radix ,äthanol. Decoctum) HAB1; Gottesgnadenwurzel, die frischen unterirdischen Teile. Anw.-Geb.: in der anthroposophischen Therapierichtung.
Histor.: Der Gattungsname Gratiola wird vom lateinischen gratia (Gnade) abgeleitet, da die Pflanze als sehr heilkräftig angesehen wurde. Die Ärzte des griechischen und römischen Altertums haben die Pflanze offenbar nicht gekannt. Im 15. Jh. wurde sie von italienischen Botanikern beschrieben und in den Kräuterbüchern im 16. und 17. Jh. als Mittel gegen Wassersucht, zur Wundheilung, als kräftiges Abführmittel und Diuretikum empfohlen, wobei allerdings auch zu vorsichtiger Dosierung geraten wird. Besonders im Mittelalter stand Herba Gratiolae als drastisches Abführmittel, Diuretikum und Anthelmintikum in hohem Ansehen. Wegen der vielfältigen Nebenwirkungen, v.a. blutige Darmentleerung, Abort, Krämpfe, Erbrechen und Herzbeschwerden, wird die Droge heute nicht mehr empfohlen. Lediglich als Abtreibungsmittel wird Herba Gratiolae noch mißbräuchlich angewendet.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.