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Lexikon der Astronomie: Hierarchieproblem

Das Hierarchieproblem bezeichnet das experimentell abgesicherte Phänomen, dass die Stärken der vier fundamentalen Naturkräfte (mathematisch dargestellt durch die Kopplungskonstante der jeweiligen Kraft) nicht vergleichbar groß sind. Genauer gesagt ist die Gravitationdeutlich schwächer als die anderen drei Wechselwirkungen, nämlich die starke, schwache und elektromagnetische Kraft. Das ist nicht einzusehen und scheint eine Sonderrolle der Gravitation widerzuspiegeln.
Das Hierarchieproblem manifestiert sich in einer gleichwertigen Formulierung darin, dass die Planck-Skala, diejenige Skala, wo Quanteneffekte der Gravitation wichtig werden, mit 1019GeVdeutlich über der Energieskala der elektroschwachen Theorie, 100 GeV bis 1 TeV, liegt.

Lösung des Hierarchieproblems?

Die Hochenergiephysiker haben zahlreiche Modelle vorgeschlagen, die diesen Missstand beheben bzw. das Hierarchieproblem lösen sollen. Alle diese Modelle involvieren räumliche Extradimensionen, in die die Gravitation einzudringen vermag, aber nicht die anderen Felder des Standardmodells (SM) der Teilchenphysik. Die Theoretiker sagen: SM-Felder seinen beschränkt auf die Bran. Gravitation in höheren Dimensionen – das bedeutet, es handelt sich um modifizierte Gravitationstheorien (engl. modified gravity), wie beispielsweise das ADD-Szenario, die Randall-Sundrum-Modelle oder das DGP-Szenario.
Das Hierarchieproblem kann zwar durch diese neuen Gravitationstheorien erklärt werden, aber die Crux ist, dass die Existenz von Extradimensionen bislang nicht experimentell bestätigt werden konnte. Das könnte entweder daran liegen, weil der zusätzliche Raum auf zu kleinen Längenskalen kompaktifiziert ist oder weil es gar keine höheren Dimensionen gibt! Diese Unsicherheiten treiben die Forscher an, sowohl weitere Modelle zu entwickeln, als auch nach immer ausgefeilteren, experimentellen Tests der Extradimensionen zu suchen. Sensationelle Meldungen werden diesbezüglich vom Superbeschleuniger LHC am CERN erwartet, der Ende 2007 angeschaltet wird.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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