Lexikon der Astronomie: Pion
Pionen ist eine abkürzende Bezeichnung der π-Mesonen (die also aus Quark und Antiquark bestehen). Die Teilchenphysiker kennen drei verschiedene Pionen: ein neutrales Pion π0, ein positiv geladenes Pion π+ und ein negativ geladenes Pion π-. Die Zahl 3 ist kein Zufall, weil die Pionen ein Isospintriplett (Isospin 1) bilden.
Pionenzerfall
Pionen wurden 1947 in der Höhenstrahlung entdeckt. Sind die Pionen elektrisch geladen, so reichern sie die Höhenstrahlung durch ihren Zerfall mit Myonen an. Ist es das neutrale Pion, so können aus dem Zerfall Photonen erzeugt werden. Diese Zerfallsreaktionen fassen die Gleichungen links zusammen.
Pion aus Protonenunfall
Pionen entstehen vornehmlich bei Kollisionen von Atomkernen und werden in gigantischer Zahl bei Schwerionenstößen in Teilchenbeschleunigern erzeugt. Wenn Protonen (geladenes Nukleon im Atomkern) kollidieren (Dinukleonen-Mode), gibt es ab einer Energieschwelle von 300 MeV drei verschiedene Möglichkeiten (Zerfallskanäe), was daraus entstehen kann: Wie die Reaktionsgleichungen oben zeigen, können alle drei verschiedenen Pionen entstehen. Die Teilchenphysiker bezeichnen positiv oder negativ geladenen Pionen als geladene Ströme (engl. charged currents, CC) und das neutrale Pion als neutralen Strom (engl. neutral current, NC). Neben dem jeweiligen Pion, bildet sich irgendein Kern X. Die entstandenen geladenen Pionen können in einem genügend dünnen Medium weiter zerfallen und Myonen und Neutrinos erzeugen (s.o.). Diese Reaktionskette ist wesentlich in den Jets von AGN und GRBs, weil sie favorisierte Kandidaten sind, für die Emission ultrahochenergetischer Neutrinos.
Photopionenproduktion
In Stößen, wo Protonen und Photonen beteiligt sind, kann in einem inelastischen Streuprozess ein neutrales Pion entstehen, das Proton bleibt erhalten. Diesen Mechanismus nennt man Photopionenproduktion. Bei den AGN-Jets kommen als Photonenquelle der Jet selbst (Synchrotronemission) oder auch Photonen des kosmischen Hintergrunds (engl. cosmic microwave background, CMB) in Frage. Eine zweite Möglichkeit besteht im so genannten Isospin-Flip. Der Isospin ist eine Quanteneigenschaft (Quantenzahl), die zwischen Protonen und Neutronen unterscheidet. Diese Eigenschaft wurde von Werner Heisenberg eingeführt. Wenn der Isospin 'flippt', also umklappt, wird aus einem Proton ein Neutron (oder umgekehrt). Genau dieser Fall kann eintreten und positive Pionen hervorbringen. Aus Gründen der Quantenzahlerhaltung muss daneben ein Neutron entstehen. Da es neutral ist, wird es von Magnetfeldern nicht beeinflusst, so dass – falls dieser Prozess in Jets geschieht – dieses Teilchen entkommen kann und nicht von den Magnetfeldern des Jets eingeschlossen wird. Es ist anzunehmen, dass sich ein Neutronen-Halo um die Quelle bildet und Neutronen über den β-Zerfall zerfallen, was weitere Protonen und Leptonen (Elektronen, Neutrinos) hervorbringt. Diese Verhältnisse fassen die folgenden Reaktionsgleichungen zusammen:
Eigenschaften der Pionen
Die Massen betragen 134.9766 MeV für das neutrale Pion bzw. 139.57018 MeV für die geladenen Spezies (Quelle: Particle Physics Booklet, Juli 2002). Alle Pionen sind – wie alle Mesonen aufgrund ihres Quarkgehalts – recht kurzlebig. Das neutrale Pion hat nur eine mittlere Lebensdauer von nur 84 as (Präfix a, atto: 10-18) und hat als dominanten Zerfallskanal zwei Gammaquanten (fast 99%) oder ein Gammaquant und ein Elektron-Positron-Paar (etwa 1%). Die geladenen Pionen zerfallen mit einer mittleren Lebensdauer von 26.033 ns ausschließlich in ein Myon und ein Myon-Neutrino, das derselben Leptonenfamilie (μ) angehören muss – der Grund dafür ist die Leptonenzahlerhaltung.
Die kürzere Lebensdauer des neutralen Pions erklärt sich aus seinem Quarkgehalt: es besteht aus einem up- und einem anti-up-Quark, während das negative Pion aus einem down- und einem anti-up-Quark und das positive Pion aus einem up- und einem anti-down-Quark bestehen. Quark und zugehöriges Antiquark zerfallen leichter.
Pionen vermitteln Kernkräfte
Pionen sind von besonderer Wichtigkeit für die starke Wechselwirkung, weil sie die Kernkräfte vermitteln. Hideki Yukawa konnte 1935 zeigen, dass der Ein-Pion-Austausch (One Pion Exchange, OPE) die langreichweitige, anziehende Komponente der Kernkraft ist. Dagegen ist der Zwei-Pionen-Austausch (Sigma-Meson) verantwortlich für die Potentialmulde und das Omega-Meson für die kurzreichweitige, anziehende Komponente der Kernkräfte. Diese Beiträge zur resultierenden Gesamtkernkraft kann man durch die Yukawa-Potentiale der einzelnen Teilchen unterschiedlicher Masse ableiten.
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