Direkt zum Inhalt

Lexikon der Astronomie: Quantenschaum

Diese etwas saloppe Bezeichnung meint die Illustration des Quantenvakuums aus plötzlich entstehenden Teilchenpaaren, die genauso plötzlich wieder verschwinden.

Das Vakuum blubbert

Die Grundlage dieses Vorgangs ist die Heisenbergsche Unschärferelation der Quantentheorie: Dieses Quantengesetz setzt zwei physikalische Größen, Ort und Impuls eines Teilchens oder Energie und Zeit, in Bezug zum Planckschen Wirkungsquantum h, einer Naturkonstante. Für das Folgende betrachte man die Unschärferelation am besten in der Form einer Energie-Zeit-Unschärfe: Die Heisenbergsche Unschärferelation gestattet, dass für kurze Zeit der Energieerhaltungssatz verletzt wird. Je größer die benötigte Energie, also je schwerer die Teilchenpaare sind, umso kürzer ist der Zeitraum ihrer Existenz.

So wird Schaum daraus

Die entstehenden und vergehenden Teilchen kann man bereits Quantenschaum (engl. quantum foam) nennen. Gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) krümmen die Teilchenmassen auch die umgebende Raumzeit. Das Resultat ist ein Durcheinander, das manchmal mit dem Begriff Raumzeitschaum bezeichnet wird.

Gibt es Singularitäten?

Eine Spekulation geht in die Richtung, dass die Singularitäten bestimmter Raumzeiten, wie im Innern Schwarzer Löcher, aus Quantenschaum bestehen. Die ART ist eine klassische, unquantisierte Theorie, die Krümmungssingularitäten – gewissermaßen so etwas wie Punktmassen – hervorbringt. Es ist allerdings fragwürdig, ob in der Natur tatsächlich solch idealisierten Objekte existieren. Es gibt im Rahmen der ART zwar die Singularitätentheoreme (von Penrose und Hawking), die Singularitäten vorhersagen, aber im Gegensatz dazu deutet die Unschärferelation an, dass jedwede idealisierten Gebilde wie Punktmassen oder Ringmassen (siehe auch Ringsingularität) durch Quanteneffekte 'aufgeweicht' werden müssen. Heisenbergs Unschärferelation wurde im Unterschied zu den Singularitätentheoremen tatsächlich mehrfach experimentell bestätigt. Dennoch sind diese Widersprüchlichkeiten bislang nicht gelöst worden. Die Physiker hoffen, dass eine robuste Quantengravitation diese Probleme löst.

lauernde Alternativen

Die Alternativen zum klassischen Schwarzen Loch, wie nicht-singulärer Gravastern und singulärer Holostern, sind deshalb quantengravitative Szenarien. Gravasterne vermeiden Idealisierungen und Unendlichkeiten. Auf diesem Gebiet ist jedoch noch viel Grundlagenforschung und Verständnis vonnöten.

Schaum in der Kosmologie?

Die sich bildenden 'Blasen' aus Quantenschaum könnten nach einer spekulativen Vorstellung der Quantenkosmologie ganze Mini-Universen sein, die durch die Inflationsära zu großskaligen Makro-Universen aufgebläht wurden. Die meisten dieser Blasen dürften jedoch 'geplatzt' sein: es wird vermutet, dass nicht bei jeder die Inflationsphase starten könne.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.